Ukraine-Debatte bei "Lanz": Doppelte Standards des Westens
Ukraine-Debatte bei "Lanz":Von den doppelten Standards des Westens
von Felix Rappsilber
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Der Westen habe doppelte Standards, sagt Sicherheitsexpertin Florence Gaub. Darum funktioniere die Ächtung Russlands nicht, erklärt Kriegsreporter Frederik Pleitgen.
Über die Bedeutung von Kriegsberichterstattung, den Status quo des Russland-Ukraine-Krieges und die unterschiedlichen internationalen Blickwinkel auf den Konflikt28.11.2023 | 58:33 min
Wladimir Putin gegen den Westen - diese Erzählung ist Teil russischer Propaganda im Ukraine-Krieg. "Auf internationaler Ebene" sei diese "total erfolgreich", erklärte Sicherheitsexpertin Florence Gaub am Dienstagabend bei Markus Lanz.
Gaub: Doppelte Standards des Westens?
Im sogenannten "globalen Süden" funktioniere der Vorwurf an "den Westen" laut Gaub so: "Während die Russen das jetzt in der Ukraine machen, da stört es euch. Beim Irak hat es euch nicht gestört. Euch stört jetzt plötzlich der Angriff auf Israel, aber dass die Palästinenser seit 70 Jahren keinen Staat haben, das stört euch nicht."
Das "Problem", so Gaub: "Wir behaupten immer, unsere Standards sind die universellen Standards, universelle Menschenrechte." Genau das sei "unsere Angreifbarkeit": Man könne nicht "so tun, als wären wir einfach moralisch überlegen und die haben alle Unrecht".
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Pleitgen: Ächtung durch Sanktionen funktioniert nicht
Kriegsreporter Frederik Pleitgen berichtete von einer Begegnung mit Dmitri Peskow im vergangenen Jahr. Der Kremlsprecher sei "fest davon überzeugt" gewesen, dass es "unmöglich ist, Russland mit Sanktionen zu isolieren". Peskow habe zu Pleitgen gesagt:
Den Brics-Staaten - Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika - würden nächstes Jahr weitere Staaten beitreten, so Pleitgen: "Es gibt schon viele, die weiterhin mit den Russen Geschäfte machen wollen."
Gaub: Entmilitarisierung der Krim - potentielle Verhandlungsmasse?
Mit Blick auf ein Ende des Ukraine-Krieges sagte Florence Gaub: "Sieg im Krieg ist nicht schwarz oder weiß." Der Krieg würde erst mit einem Szenario enden, das beide Seiten als Erfolg verkaufen könnten.
Dabei gebe es "ganz viel Spielraum". Es gehe nicht darum, "mit dem Zentimetermaß" das Territorium zu messen. So sei eine "Entmilitarisierung der Krim" bereits eine Verhandlungsoption zwischen Russland und der Ukraine gewesen: "Die gehört dem einen oder dem anderen, aber es dürfen keine Soldaten darauf stationiert sein."
Das könne zukünftiger "Teil der Verhandlungsmasse" sein: "Ultimativ geht es darum, dass man in den Verhandlungen kreativ ist und dass man schaut: Was kann man loslassen? Was kann man behalten?"
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
Pleitgen: Russen wollen Krim niemals aufgeben
Der Krieg werde wahrscheinlich "in einer Verhandlungslösung" enden, "die beide Seiten für sich verantworten können", pflichtete Pleitgen bei. Eine Entmilitarisierung der Krim zweifelte er jedoch an: "Die Russen, die ich kenne, für die ist die Krim einfach ein Ort, den die niemals aufgeben wollen."
"Die Russen" würden für Gebiete in der Ukraine "oft nicht kämpfen" wollen, "weil viele von denen einfach gar nicht sehen, warum sie überhaupt da sind". Die Krim sei aber ein Ort, "von dem die Russen wirklich meinen, dass das denen gehören sollte": "Ich sehe kein Szenario, muss ich ganz ehrlich sagen, wo Wladimir Putin jemals den Hafen von Sewastopol abgibt."
Die Krim-Brücke ist mit 19 Kilometern die längste Europas. Sie verbindet das russische Festland mit der annektierten Halbinsel Krim. Ein Blick zur russischen Bevölkerung dort.24.10.2023 | 13:11 min
Nato-Beitritt der Ukraine?
Während seiner letzten Recherchen habe Pleitgen Ukrainer gefragt, ob sie Teile des Donbass und die Krim für einen sofortigen Nato- und EU-Beitritt "für immer abgeben" würden: "Alle Ukrainer haben mir gesagt: 'Wollen wir nicht machen!'"
Zurzeit seien die Ukrainer "nicht gewillt, Territorium abzugeben" und "sehr bereit", dafür einen "hohen Blutzoll" zu zahlen. Leider müsse man oft "diesen blutigen Weg" gehen, um zu Verhandlungen zu kommen.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.