KZ Auschwitz: Gedenken zum 80. Jahrestag der Befreiung
80 Jahre Auschwitz-Befreiung:Der Ort, den man nie vergessen darf
von Natalie Steger und Milena Drzewiecka
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Ein Lager, 1,1 Millionen Tote. Mehr als eine Million davon Juden, von den deutschen Nazis ermordet. Wie stark ist Auschwitz im deutschen und polnischen Gedächtnis?
Die Gedenkstätte Auschwitz macht das Ausmaß des nationalsozialistischen Massenmords sichtbar. 27.01.2025 | 4:07 min
"Arbeit macht frei", eine Aufschrift in schweren Eisenlettern, eingefasst in einen Bogen, hängt über dem Eingangstor zum Konzentrationslager Auschwitz. Fast jeder kennt das Bild, aber nicht jeder hat es persönlich gesehen. Im Jahr 2024 besuchten mehr als 1,8 Millionen Menschen die Gedenkstätte. Vor allem, etwa ein Viertel, Polen. Es folgten Briten, Spanier, Italiener und erst auf Platz fünf: die Deutschen, so die Daten des Auschwitz-Birkenau-Museums.
In Polen ist dieser Ort im nationalen Gedächtnis fest verankert. Während die Deutschen Auschwitz vor allem mit der Shoa verbinden, tun dies die Polen auch mit der eigenen Nation.
"Es ist ein Ort, an dem die Deutschen nicht nur 300.000 polnische Juden, sondern auch 150.000 Polen deportierten.", erinnert Cywinski.
Jeder, der das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau besucht, "geht verändert zurück", sagt Bundespräsident Steinmeier am 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers.27.01.2025 | 5:50 min
KZ Auschwitz: Zwischen Wissen und Verdrehen
Es waren Polen, die 1940 die ersten politischen Häftlinge im KZ Auschwitz waren. Ab 1942, als die Deutschen Auschwitz in das System der Massenvernichtung der Juden einbezogen, stieg die Zahl der deportierten Juden im Lager rapide an. Mehr als eine Million Juden haben die Deutschen hier ermordet. Ein düsteres Kapitel der deutschen Geschichte. Die Vernichtung fand im besetzten Polen statt, was bis heute für Missverständnisse sorgt. Kaum ein Fehler empört in Polen so sehr wie der Ausdruck "polnische Todeslager". Selbst Ex-US-Präsident Barack Obama unterlief er, er musste sich dafür entschuldigen.
Für Cywinski sind die Verdrehungen nicht nur historisch, sondern auch moralisch falsch. "Stellen Sie sich vor, was ein polnischer Häftling, der nach Auschwitz geschickt wurde, nur weil er vor dem Krieg ein Beamter des polnischen Staates war, denken würde, wenn ihm gesagt wird, dass es sich um ein polnisches Lager handelt. Das ist für ihn eine Verleumdung, die man sich kaum vorstellen kann", sagt Piotr Cywinski.
Laut einer Studie schwindet das Wissen über den Holocaust. Gerade deshalb gehen Überlebende wie Eva Szepesi in Schulen und erzählen von den Gräueltaten.27.01.2025 | 1:39 min
Erinnerungskultur in Polen und Deutschland
Die Leerstellen im westeuropäischen Gedächtnis über den Krieg im Osten stehen in starkem Kontrast zur Erinnerung in den betroffenen Gesellschaften. Fast jede polnische Familie hatte im Zweiten Weltkrieg Opfer zu beklagen. Zwar ist die Kriegszeit auf beiden Seiten der Oder allgegenwärtig, doch die Erinnerungslandschaften beider Länder unterscheiden sich stark. Polen war der Angegriffene. Deutschland der Angreifer. Für die Deutschen sind die Polen als Nation eins von mehreren Opfern. Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, psychisch Kranke etc., die Liste ist lang. In mehr als 30 heutige Staaten marschierten die Deutschen ein.
"Welche drei europäischen Länder, abgesehen von Deutschland, verbinden Sie am stärksten mit dem Zweiten Weltkrieg?" fragte das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld im Jahr 2022. Polen landete auf Platz zwei, Frankreich auf Platz eins. Bei der Frage nach bewusst besuchten Orten der Erinnerung außerhalb Deutschlands, lag Polen wieder hinter Frankreich. Kriegsschauplätze in der Normandie sind für viele Deutsche bekannter als das polnische Leid.
Die Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen jährt sich heute zum 80. Mal. "Die Gedenkveranstaltung steht im Zeichen der Überlebenden", so ZDF-Korrespondentin Natalie Steger.27.01.2025 | 2:59 min
Unendliche Arbeit am Gedächtnis
Verliert Polen den Kampf um die Erinnerung? Cywinski will nicht von Kampf sprechen, sondern lieber über die ständige Arbeit am kollektiven Gedächtnis. "Das Gedächtnis dient dazu, dass wir heute klüger sind und nicht nur dazu, um die Opfer von damals zu betrauern. Wir sind es, die heute die Erinnerung brauchen."
Heute hätten es die Populisten wahrscheinlich früher geschafft, ihre Bürger davon zu überzeugen, so Cywinski. Die Erinnerungskulturen in Deutschland und Polen mögen sich unterscheiden, die Botschaft bleibt gleich: Nie wieder.
Natalie Steger ist Leiterin ZDF-Studio Warschau.
Nachdem 1933 Hitler an die Macht kommt, werden Juden entrechtet und gedemütigt. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschärft sich das Vorgehen gegen die Juden. Am Ende steht der systematische Völkermord an Millionen Menschen.24.01.2019 | 7:02 min
Holocaust-Überlebende erzählen ihre Lebensgeschichten, um ihre Erinnerungen
zu bewahren und weiterzugeben: Damit sich nie wiederholt, was sie erleiden mussten.