Ukrainische Offensive: Wird in Kursk der Krieg entschieden?

    Ukrainische Offensive :Wird in Kursk der Krieg entschieden?

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    Die Ukraine kommt in Kursk weiter voran. Sicherheitsexperte Fabian Hoffmann spricht in ZDFheute live darüber, wie er die Kämpfe einschätzt - und wie die Offensive ausgehen könnte.

    Sicherheitsexperte Fabian Hoffmann zugeschaltet aus dem ZDF-Studio
    Mannstärke und Equipment gehe Putins Truppen aus, so Sicherheitsexperte Fabian Hoffmann. Theoretisch wären hunderttausende Männer verfügbar, die Mobilisierung dauere aber lange. 15.08.2024 | 19:54 min
    Rund 1.000 Quadratkilometer Russlands sollen laut ukrainischen Informationen mittlerweile von der Ukraine besetzt sein. Aber was hat dieser Vormarsch zu bedeuten - und kann die Ukraine das durchhalten? Klar ist: Der ukrainische Durchbruch nach Russland erhöht den Druck auf Putin. Bei ZDFheute live spricht Sicherheitsexperte Fabian Hoffmann darüber, ob in Kursk nun der Krieg entschieden wird und ob ein Atomwaffenschlag denkbar sein könnte.
    ZDFheute: Was ist das strategische Ziel der ukrainischen Russland-Offensive?
    Fabian Hoffmann: Es ist natürlich ganz schwer zu sagen aus jetziger Sicht. Die Ukrainer halten das natürlich auch ein Stück weit geheim, was genau sie wollen, wie weit sie vordringen wollen. Ich glaube, zum jetzigen Zeitpunkt ist relativ klar, dass es sich eben nicht nur um einen kurzen Überfall handelt, wo mal kurz ein paar Truppen über die Grenze treten, wie in der Vergangenheit und dort für ein paar Stunden oder vielleicht auch einen Tag oder zwei bleiben und sich auch wieder zurückziehen. Sondern es sieht tatsächlich so aus, als wäre die ukrainische Armee hier erstmal gekommen, um auf unbestimmte Zeit zu bleiben. 
    ZDF-Korrespondentin Anne Brühl live aus Kiew
    Den Effekt auf die Bevölkerung dürfe man nicht unterschätzen, so Anne Brühl. Seit fast zwei Jahren habe es keinen nennenswerten militärischen Erfolg der Ukraine mehr gegeben.15.08.2024 | 8:40 min
    Wir wissen, dass dieser Landgewinn der Ukraine zum Beispiel jetzt schon über die letzte Woche deutlich mehr als die gesamte Awdijiwka-Offensive der letzten Monate auf russischer Seite ist. Aber: Es ist ja nicht so, dass irgendwie ein Timer ablaufen würde und nach Ablauf des Timers gewinnt dann der den Krieg, der am meisten Gebiet gewonnen, besetzt, wieder freigekämpft hat. Das ist auf jeden Fall jetzt erst mal sehr gut für die Ukraine, weil es zeigt, dass die Ukraine aktiv ist in dem Krieg.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
    Seit Mai gilt in der Ukraine ein neues Mobilisierungsgesetz. Männer zwischen 25 und 60 Jahren müssen sich registrieren lassen. Viele versuchen, vor dem Kriegsdienst zu flüchten.14.08.2024 | 6:26 min
    ZDFheute: Nun sind die russischen Staatsgrenzen durch die ukrainische Offensive verletzt worden. Wäre ein Atomwaffenschlag als Antwort darauf denkbar?
    Hoffmann: Ich denke, als Atomwaffenstaat hat man ja im Endeffekt immer das Recht, diese Waffen einzusetzen. Das große Problem mit Nuklearwaffen ist einfach, dass wenn Russland diesen Schritt gehen würde, hätte das dramatische Folgen. Zum einen würde es sich politisch international isolieren. Es ist auch absolut nicht klar, wie ein Atomschlag auf die Ukraine die militärische Lage auf dem Schlachtfeld verbessern sollte oder auch politisch die Lage verbessern würde für Moskau.
    An sich würde Moskau dann auch riskieren, dass die Nato aktiv in diesen Konflikt eingreift, weil das eine harte rote Linie war, die anscheinend vor allem in Washington D.C. gezogen wurde. Also es ist einfach so, dass die Vorteile eines Atomwaffeneinsatzes aus russischer Sicht sehr, sehr unsicher sind, gleichzeitig aber die Nachteile aller Voraussicht nach sehr gravierend wären. Dementsprechend kann ich mir absolut nicht vorstellen, dass dies gerade ernsthaft in Betracht gezogen wird, ob jetzt ukrainische Soldaten ein paar Kilometer hinter der Grenze agieren oder nicht.
    Zerstörter Grenzpunkt in der Sumy-Region, Militärfahrzeug im Hintergrund
    In der ukrainischen Stadt Sumy liegt das militärische Zentrum der Ukraine für den Vormarsch in die russische Grenzregion. Dabei kommt die Armee nach eigenen Angaben weiter voran. 14.08.2024 | 1:59 min
    ZDFheute: Was würden Sie sagen: Wird in Kursk nun der Ausgang dieses Kriegs entschieden?
    Hoffmann: Das kann man natürlich nicht wissen. Ich wäre da eher ein bisschen skeptisch. Ich glaube, auch wenn es jetzt sicherlich schön ist und vor allem, wie auch vorhin angesprochen wurde, es ist unglaublich gut für die Moral der Ukrainer, dass in diesen Krieg wieder ein bisschen Bewegung reingekommen ist, dass man die Initiative ergriffen hat und dass man es geschafft hat, die Russen mal über mehrere Dutzend Kilometer von der Grenze wegzutreiben.
    Ukrainischer Soldat sitzt auf einem erbeuteten Panzer nach seiner Rückkehr aus Russland nahe der russisch-ukrainischen Grenze in der Region Sumy, Ukraine
    Mit ihrem Vorstoß in die Region Kursk in Russland erhöht die Ukraine den Druck auf Putin. Sicherheitsexperte Fabian Hoffmann schätzt die Situation bei ZDFheute live ein.15.08.2024 | 32:36 min
    Ich glaube, das große Merkmal dieses Krieges wird immer noch Abnutzung sein und das Ziel sowohl der Ukraine als auch der Russen wird sein. Das Material, die Ausrüstung, die Mannstärke des Feindes schneller abzunutzen, als die eigene Ausrüstung und die eigene Mannstärke abgenutzt wird. Und hier liegt es halt dann zum Beispiel, würde ich jetzt sagen, am Westen und an den westlichen Partnern der Ukraine, dass man eben der Ukraine ermöglicht, diese Strategie besser zu fahren als die Russen, weil ich denke, im Endeffekt wird das den Ausgang des Krieges entscheiden. 
    Das Interview führte ZDFheute live-Moderatorin Victoria Reichelt. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteurin Anna Grösch.
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    Quelle: ZDF
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