Kongo-Konflikt: M23-Rebellen drohen Hauptstadt einzunehmen

    Krieg im Ostkongo:Rebellen drohen mit Marsch auf Hauptstadt

    Porträt von Susann von Lojewski, ZDF-Auslandsstudioleiterin Nairobi
    von Susann von Lojewski
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    Über 7.000 Tote und Hunderttausende Flüchtende: Die Kämpfe im Ostkongo toben unvermindert weiter. Weder Kongos Regierung noch die Rebellen zeigen sich ernsthaft verhandlungsbereit.

    Eine volle Straße in Sake mit wartenden Menschen und Motorradfahrern.
    Die Lage im Kongo spitzt sich zu. In Sake im Ostkongo warten die Menschen auf Hilfslieferungen.
    Quelle: AFP

    In Goma regnet es in Strömen, die Straßen sind aufgeweicht. Im Schneckentempo quälen sich die Lastwagen des World Food Programme WFP über die holprigen Pisten im Ostkongo. Ihr Ziel: Sake, eine Stadt im Osten Kongos.
    Die Menschen, die hier auf die Helfer des UN-Welternährungsprogramms warten, haben nichts mehr. Sie sind verzweifelt.

    Rebellen haben Häuser im Kongo zerstört

    WFP-Notfallkoordinator Narcel Benalleg weiß schon jetzt: Sein Team wird heute nicht mehr weiterkommen. Der Regen hat noch einmal zugenommen, legt sich wie eine Wand über die ohnehin düstere Szenerie. Heute geht nichts mehr: Die Flüchtenden in den umliegenden Gemeinden müssen bis nächste Woche aufs Hilfsgüter warten.
    M23 rebels guard outside the South Kivu province administrative office, at the centre of east Congo's second-largest city, Bukavu
    Der andauernde Konflikt im Kongo spitzt sich immer weiter zu.21.02.2025 | 1:34 min
    In den Landstrichen, die die Rebellen der Alliance Fleuve Congo (AFC) bereits eingenommen haben, wurden die Menschen aufgefordert, zurückzukehren in ihre Dörfer. Doch die gibt es zum großen Teil nicht mehr, weil sie von eben diesen Rebellen zerstört, ihre Häuser eingenommen wurden.

    Mülldienst für Bürger - wie in Ruanda

    In der Millionenstadt Goma haben die Rebellen inzwischen das Regime übernommen. Die olivfarbene Uniform der Miliz haben sie eingetauscht gegen die blaue der Polizei. Jeden Samstag ist "Salongo" - die Straßen müssen aufgeräumt werden. Mit Plastiksäcken ausgestattet, sammeln Männer Abfall ein.
    "Ich denke, wenn wir das weiter so machen, ist das gut für die Umwelt und bewahrt uns davor, irgendwelche Krankheiten zu bekommen", sagt Gabriel Hamuli. "Wir sind dankbar für diesen tollen Job, und dass jeder am Salongo teilnimmt." Was soll er anderes sagen - wenn gleich neben ihm ein bewaffneter Aufseher steht?
    Der "Salongo" erinnert an ähnliche Aktionen in Ruanda - auch dort müssen sich die Bürger immer wieder an Diensten für die Gemeinschaft beteiligen. Ein Zeichen, wie weit der Arm von Ruandas Präsident Paul Kagame reicht?
    Ruandas Präsident Paul Kagame
    Ruanda gilt als Vorzeigestaat in Ostafrika: sauber, sicher, gut organisiert. Doch hinter der Fassade steht ein diktatorisches Regime, das politische Gegner gnadenlos verfolgt.28.05.2024 | 8:10 min

    Kampf um Mineralienvorkommen

    In jedem Fall wird der neue starke Mann im Ostkongo, Corneille Nangaa, wesentlich von Ruanda unterstützt. Nangaa führt die Rebellentruppe "Alliance Fleuve Congo". Unter dem Dach des AFC ist die größte Gruppe die der M23, die nachweislich von Ruanda finanziert wird.
    Der 55-Jährige war einst im Stab von Kongos Präsident Tshisekedi, jetzt nennt er ihn "korrupt und unfähig". Die AFC und Ruanda eint vor allem eines: das Interesse an den Mineralienvorkommen im Ostkongo. Geld, Macht und Einfluss - das treibt sie an.
    Corneille Nangaa gibt sich im Interview mit dem ZDF selbstbewusst: "Kongos Präsident versteht nur die Sprache der Waffen. Deshalb greift er uns an, er tötet uns und wir verteidigen uns. Und solange er uns weiterhin angreift, werden wir versuchen, alle Bedrohungen zu beseitigen."

    Und wenn die Bedrohung in der Hauptstadt Kinshasa besteht, werden wir nach Kinshasa gehen.

    Corneille Nangaa im ZDF-Interview

    Kampf um Goma
    Nach dem Einmarsch der M23-Miliz wird in Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo offenbar weiter gekämpft. Im Osten des Kongo kämpfen Rebellen und Armee seit Jahren um Macht und die Kontrolle über Rohstoffvorkommen.28.01.2025 | 2:26 min

    Kinshasa: Kirchenvertreter versuchen zu vermitteln

    In Kongos Hauptstadt geht zunehmend die Angst um. Die Armee ist zu schwach, um die Rebellen zurückzuschlagen. Die Großstädte Goma und Bukavu im Osten hat sie schon fast kampflos aufgegeben.
    In Kinshasas größter katholischer Kirche beten sie für den Frieden, die Menschen sind müde von den jahrelangen Konflikten. "Seit 30 Jahren sterben Menschen. Wir wollen einen dauerhaften Frieden," sagt Monseigneur Donatien Nshole. Nshole ist ein ranghoher Vertreter der katholischen Kirche im Kongo und ist neben seinem evangelischen Kollegen Eric Senga einer der Wenigen, der mit allen Kriegsparteien spricht, auch mit den Rebellen.
    Konflikte im Kongo
    Im Osten der Demokratischen Republik hat die Rebellen-Miliz auch die Provinzhauptstadt Bukavu erobert. Zuvor hatte sie bereits die Großstadt Goma eingenommen.17.02.2025 | 0:23 min

    Regierung setzt auf internationale Unterstützung

    Kongos Regierung lehnt das bis heute ab. "Es würde so rüberkommen, als ob man sie dafür belohnen würde, für diese Gräueltaten, die sie vollzogen haben in der DRC (Demokratische Republik Kongo), als ob man sie damit belohnen würde, dass sie auf gleicher Ebene mit einem Staat verhandeln können," sagt Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner gegenüber dem ZDF.
    Wagner hofft vor allem auf weitere Sanktionen, die Ruanda schwächen, sowie auf internationale Lösungen: "Es geht darum, eine Situation, die sich noch verschlimmern könnte, vorherzusehen und zu sagen, wir müssen jetzt überall die Verantwortung übernehmen."
    Susann von Lojewski ist Studioleiterin im ZDF-Auslandsstudio Nairobi. Sie berichtet von dort aus den Ländern Zentralafrikas, unter anderem aus dem Kongo.

    Krieg im Kongo
    :Triumphzug der Rebellen, Leid der Menschen

    Rebellen der M23 rücken weiter in den Kongo vor. Hunderttausende sind auf der Flucht, in der Stadt Bukavu heben sie Massengräber aus. Internationale Proteste laufen ins Leere.
    Susann von Lojewski, Nairobi
    Soldaten der M23-Rebellen sind in Bukavu auf Patrouille. Sie fahren in einem Toyota-Pickup.

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    Quelle: dpa

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