IT und Klimaschutz: Streit um Irlands Stromfresser
IT und Klimaschutz:Serverfarmen: Streit um Irlands Stromfresser
von Wolf-Christian Ulrich, Dublin
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Wer in Deutschland online einkauft oder zockt sorgt damit unfreiwillig in Irland für Ärger: Woher soll der Strom kommen für die vielen Online-Server?
Serverfarmen verbrauchen in Irland sehr viel Strom. (Symbolbild)
Quelle: imago/Panthermedia
Sie sind Irlands Schatzkisten: Riesige Serverhallen, das Rückgrat unserer Online-Welt, so erklärt es Peter Lantry, dessen Firma Equinix solche Datenzentren betreibt.
80 solcher Datenzentren stehen schon in Irland, es sollen noch 30 mehr werden. Sie entstehen im Auftrag der großen US-amerikanischen IT-Konzerne.
Datenzentren sorgen für Zoff in Irland
Wir besuchen den jährlichen Branchen-Treff in Dublin: Die Stimmung ist gut, denn die Investitionen in neue Datenzentren steigen jedes Jahr. Und der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird den Bedarf noch erhöhen.
Trotzdem gibt es Zoff um Irlands Datenzentren: Denn schon jetzt verbrauchen sie ein Viertel von Irlands gesamtem Strom. Das belastet einerseits das Stromnetz - und je mehr Strom immer neue Datencenter verbrauchen, wächst der Bedarf an Erneuerbarer Energie.
Datenzentren werden zur politischen Chefsache
Es ist das erste Mal, dass mit Simon Coveney ein irischer Wirtschaftsminister auf der Datenmesse auftaucht. Das Thema ist längst Chefsache. Denn die irischen Niederlassungen internationaler IT-Unternehmen bescheren dem Staat inzwischen sprudelnde Steuer-Einnahmen in Milliardenhöhe. Und deshalb möchte der Wirtschaftsminister, dass Irland weiter Lieblingsplatz großer US-IT-Unternehmen bleibt.
Doch geht beides? Mehr Datenzentren - und mehr grüner Strom dafür? Ja, beteuert er gegenüber dem ZDF:
Bis 2030 will Irland 80 Prozent erneuerbaren Strom haben. Doppelt so viel wie jetzt. Das allein zu erreichen - schon schwer genug. Gleichzeitig entstehen immer neue Datenzentren, die immer mehr Strom verbrauchen. Digitalisierung und Klimaschutz, zwei Megatrends auf Kollisionskurs.
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Klimaschützer: "No more Datacenters!"
Das ruft Klimaschützer auf den Plan: Sie fordern: "No more Datacenters!" Ihr Vorwurf: Die Server bräuchten zu viel Strom - und überhaupt habe Irland zu wenig grüne Energie. "Wir werden von Großkonzernen kolonisiert, die Energie nutzen, die eigentlich für uns Iren da sein sollte," meint Maria, die auf der Messe demonstriert.
Die Branche dagegen beklagt komplizierte Planungsregeln und zu wenig politischen Willen, was Investitionen in erneuerbare Energie behindere. "Die Energie-Infrastruktur ist einfach nicht weit genug," kritisiert etwa Michael McCarthy vom irischen Arbeitgeberverband IBEC. "Irland will 2030 schon zu 80 Prozent mit grüner Energie versorgt sein. Das ist in sechs Jahren. Das wird nicht einfach."
Pilotprojekt: Abwärme der Server nutzen
Ein Pilotprojekt im Dubliner Stadtteil Tallaght soll nun einen pragmatischen Schritt gegen den Klimawandel aufzeigen. Direkt neben einem Datenzentrum von Amazon Web Services steht seit neuestem ein Heizkraftwerk, zeigt uns Ingenieur Admir Shala. Die Abwärme der Server erhitzt hier über Wärmepumpen Wasser. Und damit heizen sie den Campus der benachbarten Technischen Universität.
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Weitere Gebäude im Viertel sollen demnächst angeschlossen werden.
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