Wie Künstliche Intelligenz im Bewerbungsgespräch entscheidet
Roboter im Bewerbungsverfahren:Wenn KI über die Karriere entscheidet
von Hilke Petersen, London
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Mit KI-gestützten Bewerbungsverfahren wollen Unternehmen gezielter und fairer neue Arbeitnehmer finden. Aber fair fühlt sich das für die Bewerber oft nicht an.
Viele Unternehmen in Großbritannien nutzen Künstliche Intelligenz, um Lebensläufe auszuwerten oder die Körpersprache von Kandidaten in Online-Bewerbungsgesprächen zu analysieren.03.04.2024 | 2:11 min
Eine Software führt das Job-Interview, deren Algorithmen so trainiert sind, dass nicht nur die Antworten der Bewerber analysiert werden, sondern auch der Tonfall ihrer Stimme, die Körpersprache und nicht-verbale Signale. Der führende Anbieter ist Hire Vue, eine durch Künstliche Intelligenz (KI) gestützte Videointerview-Plattform. Transparenter soll der Kandidat werden, objektiver einzuschätzen mit minimalem Zeitaufwand für den Arbeitgeber. Der verspricht sich zudem ein diskriminierungsfreies Urteil, denn menschliche Vorurteile sollen so ausgeblendet werden.
Bewerberin: "Nur Algorithmen bewerten dich"
Anthea Mairoudhiou aus Birmingham hatte eine geradezu traumatische Begegnung mit der KI. Sie war bereits jahrelang beschäftigt als Make Up-Artistin für einen großen Kosmetikkonzern, als der sich umstrukturierte. Mit überzähligem Personal wurden erneut Bewerbungsgespräche geführt. Hire Vue ist der Interviewer.
"Dir wird gesagt: Drücke den Start-Knopf. Eine Uhr beginnt runter zu laufen. Und die erste Frage erscheint. Du versuchst, sie zu beantworten, zu lächeln, dabei auf die Uhr zu gucken", erinnert sich Mairoudhiou. Und weiter:
Wir dachten, irgendein Mensch würde das Video angucken. Aber das war nicht so. Nur Algorithmen bewerten dich. Also Stimme, Augenkontakt, Körpersprache.
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Anthea Mairoudhiou, Make Up-Artistin
Zu ihrer eigentlichen Expertise als Maskenbildnerin - so gut wie keine Frage. Berücksichtigt wird auch nicht, dass sie in den Jahren ihrer Beschäftigung gute Verkaufszahlen vorweisen kann, kaum Krankheitstage hat. Anthea Mairoudhiou ist geschockt, als sie nach dem Gespräch erfuhr, dass sie ihren Job los war, weil der Roboter das so entschieden hatte. Mehreren ihrer Kolleginnen erging es ebenso. Sie waren raus.
Von der KI automatisch aussortiert
Auch in Deutschland nutzen immer mehr Personalabteilungen von Unternehmen KI-gestützte Bewerbungsverfahren. Um die 40 Prozent sollen es im Schnitt international inzwischen sein. Eingesetzt wird Software auch, um Lebensläufe zu analysieren - nach programmierten Gesichtspunkten. Immer mehr Arbeitnehmer erleben, dass sie sofort eine negative Rückantwort erhalten und zum Gespräch gar nicht erst eingeladen werden. Findet das Programm im Schreiben nicht die gesuchten Schlüsselwörter, sortiert es den Bewerber gleich aus.
Ein Risiko für die Bewerber: Denn die Algorithmen werden mit historischen Daten gefüttert, so dass sie eben durchaus Vorurteile aus vergangenen Entscheidungen übernehmen und so bestimmte Gruppen von Bewerbern benachteiligen können - sei es aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder anderen Faktoren. Inzwischen verzichtet der Anbieter Hire Vue auf die Funktion der Gesichtsanalyse bei Bewerbern.
KI-Experte richtet Warnung an Unternehmen
Spezielle KI-Tech-Job-Messen gibt es längst, zum Beispiel in Berlin, London, Zürich oder Lissabon. Hier treffen sich die, die einen Job im Feld der Künstlichen Intelligenz suchen. Auch Recruiter sind hier unterwegs - wie Jacques Malecaut, kürzlich in London. Er sagt: "Es ist wirklich frustrierend für eine Menge meiner Kandidaten und ich möchte dies als Warnung an Unternehmen verstanden wissen."
KI sollte nur dafür eingesetzt werden, Verfahren schneller abwickeln zu können. Aber in jeder Phase sollten immer noch Menschen beteiligt sein, am besten ein diverses Panel von Menschen. Nur dann hat man hinreichend Einfluss. Die Entwicklung besorgt mich schon etwas.
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Jacques Malecaut, Recruiter bei Apex Talent
Computer sollen selbständig lernen und denken wie Menschen.12.10.2021 | 1:32 min
Thermische Kameras für Bewerbungsgespräche
Prof. Björn Schuller ist KI-Experte am Imperial College in London. Es ist das Feld, in dem er forscht, den Anwendungen wolle er also erstmal nichts Böses unterstellen, sagt er. Und erklärt, dass sich die KI im Bewerbungsgespräch natürlich noch andere Hilfsmittel zunutze machen kann, nicht nur die Algorithmen.
So etwas wie thermische Kameras zum Beispiel: "Die dann den Blutfluss, das Erröten messen können, oder auch die Körperhaltung: Ist die verkrampft? Asynchron zu dem, wie sich mein Gesicht bewegt, denn wir schaffen es nicht, alle diese Kanäle gleichzeitig perfekt zu steuern. Ich schaffe es vielleicht noch, die Stimme jetzt richtig klingen zu lassen. Dabei rutscht mir aber gerade für eine Nanosekunde die Gesichtsmuskulatur aus."
Anthea Mairoudhiou und ihre Kolleginnen wollten sich ihre Begegnung mit dem Roboter nicht einfach gefallen lassen. Sie suchten sich rechtliche Unterstützung, um beweisen zu können, dass tatsächlich kein Mensch mehr am Bewerbungsverfahren beteiligt war. Die Firma musste das am Ende einräumen.
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