FAQ
Parteivorsitz der Tories:Kemi Badenoch: Eine neue Margaret Thatcher?
von Johanna Sethe
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Mit Kemi Badenoch wird erstmals eine schwarze Frau die neue Führung der Konservativen. Sie steht für eine rechte, anti-woke Politik.
Neue Oppositionsführerin in Großbritannien: Kemi Badenoch.
Quelle: AFP
Mit etwas über 56 Prozent der Stimmen gewinnt Kemi Badenoch die Wahl um den Parteivorsitz der Konservativen in Großbritannien und löst Rishi Sunak als neue Parteichefin ab.
Badenoch-Wunsch: Kandidatin für Premier-Amt
53.806 der Parteimitglieder stimmten für Badenoch, 41.388 für ihren Konkurrenten Robert Jenrick. Damit wäre Badenoch für die spätestens 2029 stattfindende nächste nationale Wahl auch die Kandidatin der Tories für das Amt der britischen Premierministerin. So zumindest Badenochs Plan:
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Nach mehreren Wahlgängen seit Beginn des Rennens um den Posten des Parteichefs im Sommer hatte Badenoch mit Robert Jenrick zuletzt einem Kandidaten gegenübergestanden, der ihr in vielen Punkten durchaus ähnlich war: Sowohl Jenrick als auch Badenoch hatten zuvor bereits Ministerämter bekleidet, beide gelten mit Anfang 40 als recht jung, beide warben damit, die Partei nach Jahren der Spaltung und des Streits über den Brexit wieder einen zu wollen. Und: Beide gehören zum rechten Parteiflügel.
Ideologien im Vordergrund
Im Gegensatz zu Jenrick hatte Badenoch im Kampf um den Parteivorsitz allerdings vor allem mit ideologischen Prinzipien geworben, nicht mit konkreten Vorschlägen zu Gesundheitssystem, Wirtschaft oder Migration. Sie hatte angekündigt, die Tories zurück zu ihren konservativen Grundwerten führen zu wollen.
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In erster Linie seien das die Werte der freien Marktwirtschaft, Kapitalismus sei schließlich "kein Schimpfwort". Als glühende Brexit-Befürworterin war sie in ihrer Position als Wirtschaftsministerin unter Premier Rishi Sunak zuletzt unter anderem verantwortlich dafür gewesen, Handelsabkommen mit anderen Ländern auszuloten.
Margaret Thatcher als Vorbild
Ihr wirtschaftspolitisches Vorbild: Margaret Thatcher, die eiserne Lady und britische Premierministerin der 1980er Jahre, die bis heute wie keine andere für eine radikale Politik des Neoliberalismus steht. Auch innerhalb ihrer Partei wird Badenoch wegen ihrer harten Art immer wieder mit Thatcher verglichen.
Zu diesen sogenannten konservativen Werten zählt für Badenoch außerdem der Kampf gegen das, was sie als "Identitätspolitik" bezeichnet.
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Großteil der Kindheit in Nigeria verbracht
Als Kind nigerianischer Einwanderer war sie zwar in Großbritannien geboren worden, hatte dann aber einen Großteil ihrer Kindheit in Nigeria verbracht. Mit 16 war sie für ihren Schulabschluss und ein Studium der Computerwissenschaften an der Universität Essex nach England zurückgekehrt. Was sie politisiert habe und als schwarze Frau in ihren rechten Ansichten bestärkt, sei auch der linke Aktivismus an ihrer Universität gewesen.
Badenoch inszeniert sich als anti-woke. Als Gleichstellungsministerin unter Boris Johnson brachte sie zum Beispiel viele Briten gegen sich auf, als sie institutionellen Rassismus in Großbritannien in Frage stellte. Darüber hinaus setzte sie sich mehrfach gegen die Selbstbestimmungsrechte von Transpersonen ein, warb etwa für ein Gesetz, das Transmenschen trotz Geschlechtsnachweis von gleichgeschlechtlichen Orten wie Toiletten ausschließen sollte.
Wirbel um Aussage zur "Gleichwertigkeit"
Was zuletzt außerdem für Empörung gesorgt hatte: In einem Text für die britische Zeitung Telegraph schrieb sie, nicht alle Kulturen, die nach Großbritannien einwandern, seien "gleichwertig". Bei der Parteikonferenz im Oktober machte sie Schlagzeilen mit der Aussage, einige Beamte seien "so schlecht, dass sie ins Gefängnis gehören". Ein paar Wochen später sagte die dreifache Mutter in einem Interview, dass das Mutterschaftsgeld nicht angemessen sei, wollte später dann aber missverstanden worden sein.
Auch in der eigenen Partei ist Badenoch nicht unumstritten: Ihre Anhänger feiern ihre scharfe Zunge und ihre Streitlust, ihre Kritiker dagegen haben Sorge, dass sie sich wegen unüberlegter Aussagen immer wieder in Kontroversen verheddern könnte.
Johanna Sethe arbeitet im ZDF-Studio in London
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