Großbritannien: Wie Premier Starmer den Wandel bringen will

Die erste Regierungserklärung des neuen Premierministers im Vereinigten Königreich ist von vielen Briten mit Spannung erwartet worden. Politische Strategen raten nach dem deutlichen Wahlsieg zu schnellen und großen Maßnahmen. Die Wähler sind skeptisch, ob der angekündigte Wandel wirklich kommt.

Die Salutschüsse in St. James' Park in London gelten nicht dem 77. Geburtstag von Königin Camilla, sondern ihrem Ehemann, König Charles III., der bei ausnahmsweise strahlendem Sonnenschein mit der Kutsche ins Parlament fährt, um die Regierungserklärung der ersten Labour-Regierung nach 14 Jahren Opposition zu verlesen.

Die Erwartungen an diese Rede sind groß: Bemerkenswert, dass der König 35 Gesetzesvorhaben aufzählt - wesentlich mehr als das bis dahin üblich.

Premierminister Keir Starmer will im Vereinigten Königreich "die Bremsen lösen", will Wachstum und nachhaltigen Wandel.

Hervor sticht ein neues Planungsrecht, das mehr Druck auf Bürger und Kommunen ermöglicht, um neue Hausbau-Projekte und Infrastrukturmaßnahmen wie den Bau von Straßen, Gleisen und Windräder durchzusetzen. Andererseits sollen die Kommunen selbständiger wirtschaften können. Starmer will einen nationaler Energieversorger für erneuerbare Energie schaffen und in Zukunft sogar die Gründung einer nationalen Bahngesellschaft. Ziel hier: Privatisierungen rückgängig machen, um den Service zu verbessern.

Um die Wasserqualität in Flüssen und Seen zu verbessern - jüngste Skandale hatten die Briten empört- will man die Aufsichtsbehörden stärken. Eine neue Polizeieinheit soll die illegale Migration stoppen. Mehr Rechte für Mieter und Arbeiter sollen die Labour-Partei zufrieden stellen. Die Ankündigungen zur Lösung der Krise im nationalen Gesundheitsdienst NHS dagegen wirkten dünn.

Es ist eine in Teilen ambitionierte Erklärung. Manches Labour-Mitglied hatte heute wohl mehr erwartet. Doch Keir Starmer will nur versprechen, was er halten kann. Seine Regierung soll Kompetenz ausstrahlen und keine Showtruppe sein, das ist auch heute die Botschaft einer nüchternen Rede. Außerdem drücken die Zwänge: Die Kassen sind leer, die Probleme groß.

Wichtig für Europa: Großbritannien will mehr Annäherung - und mit Blick auf den Präsidentschaftswahlkampf von Donald Trump ein klares Bekenntnis aus dem Vereinigten Königreich zur Nato und weiter volle Unterstützung für die Ukraine.

Dass Keir Starmer und sein Vorgänger Rishi Sunak - freundlich ins Gespräch vertieft - vom Unterhaus zum Oberhaus gingen, um die Rede des Königs zu hören, zeigt darüber hinaus: Trotz aller politischen Kämpfe wahrt man die Form. Die strengen, pompösen Rituale sichern der Demokratie wohl eine besondere Würde. Auch wenn vor dem Parlament Gegner der Monarchie protestierten - dass der König verliest, was seine Regierung zu tun gedenkt, rückt die Pläne des Premiers in einen größeren Rahmen: Den Dienst unter dem Auge der Krone.

Genau diesen "Dienst" zu leisten, hatte Starmer im Wahlkampf immer wieder versprochen. Nun muss er beweisen, wie effizient er den von ihm angekündigten Wandel wirklich vollziehen will - und kann.