Tschetschenien: Liegt "Putins Bluthund" Kadyrow im Sterben?
Tschetschenien:Liegt "Putins Bluthund" Kadyrow im Sterben?
von Nina Niebergall
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Laut Medienberichten ist der tschetschenische Herrscher Ramsan Kadyrow schwer krank. Der Kreml beschäftige sich mit seiner Nachfolge. Was würde Kadyrows Tod für Russland bedeuten?
Ramsan Kadyrow soll schwer krank sein.
Quelle: Reuters
Es vergehen nur wenige Stunden, bis die tschetschenische PR-Maschine den Gerüchten über Ramsan Kadyrows Gesundheitszustand etwas entgegensetzt. Zunächst wird in sozialen Medien ein Video veröffentlicht, das den Herrscher der russischen Teilrepublik Tschetschenien mit seinen Sicherheitskräften zeigt, sie diskutieren das Vorgehen in der Ukraine.
Videos sollen gesunden Kadyrow zeigen
Dann: Kadyrow im Fitnessstudio, wie er Gewichte hebt. Im Hintergrund ein Song mit dem Text "So Gott will, wirst du für immer leben".
Video zeigt Kadyrow im Fitnessstudio
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Besonders skurril Video Nummer 3: Kadyrow stemmt nun keine Gewichte, sondern einen schweren Stein. Dieser erinnert - vermutlich äußerst unfreiwillig - auch noch an einen Grabstein.
Auch Aufnahmen mit einem Stein werden verbreitet
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Auslöser für diese mediale Offensive war ein Bericht in der russischen Exil-Zeitung "Nowaja Gaseta Europa". Die Autoren berichten - unter Berufung auf anonyme Quellen - Kadyrow leide schon seit 2019 unter nekrotisierender Pankreatitis, einer schweren Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, und werde daher regelmäßig in Moskau behandelt.
Kadyrow wurde schon vergangenen Herbst totgesagt
Tatsächlich wird schon länger über den Gesundheitszustand des 47-Jährigen spekuliert, im vergangenen Herbst wurde er von manchen sogar kurzzeitig totgesagt.
Als er wieder auftauchte, versuchte man im tschetschenischen Grosny und in Moskau schon einmal, von den Gerüchten abzulenken. Ein Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin wurde anberaumt. Und es wurde ein Video von Kadyrows inzwischen 16-jährigem Sohn Adam veröffentlicht, der einen Mann verprügelte, dem wegen der Verbrennung eines Korans der Prozess gemacht werden sollte.
Die Beispiele zeigen, wie die Kadyrows in der Öffentlichkeit gesehen werden wollen. Und wie mit allen Mitteln das Bild eines schwachen tschetschenischen Führers vermieden wird. Die mehrheitlich muslimische Teilrepublik galt lange als Pulverfass, nach zwei blutigen Kriegen zwischen tschetschenischen Kämpfern und russischer Armee in den 1990er und frühen 2000er Jahren.
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Drohen Unruhen in Tschetschenien?
Erst das Doppel Putin und Kadyrow brachte dauerhafte Ruhe. Tschetschenien wurde fortan mit eiserner Hand regiert, inklusive Menschenrechtsverletzungen wie systematischer Folter und außergerichtlicher Tötungen. Ein seitdem gepflegter Personenkult rund um Kadyrow und seine Familie tut sein Übriges zur Befriedung.
Der Artikel in der "Nowaja Gaseta. Europa" legt daher nahe, dass Putin sich um Kadyrows Nachfolge sorge. Der Kreml sehe dafür den Kommandeur der in der Ukraine kämpfenden Spezialeinheit "Achmat", Apti Alaudinow, vor. Dass Putin sich ernsthaft um Unruhen in Tschetschenien sorgen müsse, bezweifeln allerdings einige Analysten.
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Experten bezweifeln Aufstände
Tanja Lokshina, die bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch für die Region zuständig ist, sagte etwa dem unabhängigen russischen Onlinemedium "Moscow Times", Kadyrow handele nicht als "Diktator im Alleingang". Wenn er sterbe oder sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtere, stünden hinter ihm zahlreiche Menschen, die genauso weitermachen würden.
Abubakar Jangulbaew, tschetschenischer Menschenrechtsanwalt und Aktivist, sagte der gleichen Zeitung, er glaube, Alaudinov, sei nur einer von mehreren potenziellen Nachfolgern Kadyrows, der, wenn er ausgewählt würde, lediglich den Posten freihalten würde, bis Kadyrows ältester Sohn bereit sei, die Nachfolge anzutreten.
Kadyrow-Clan in den Startlöchern
Kadyrows Söhne werden seit einiger Zeit systematisch aufgebaut und in die Öffentlichkeit gerückt. Sie haben politische Ämter inne und werden als martialische, erbarmungslose Kämpfer inszeniert. Ganz der Vater also - und damit womöglich bald bereit, diesen an der Spitze Tschetscheniens zu beerben.
Nina Niebergall berichtet als ZDF-Korrespondentin über Russland, die Kaukasusregion und Zentralasien.