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Kommentar
Nach Rückzug im US-Wahlkampf:Joe Biden zeigt historische Größe
von Elmar Theveßen
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Wochenlang wehrte Biden Rückzugsforderungen ab - dann stieg der Demokrat doch aus dem Rennen ums Weiße Haus aus. Nun erklärt der 81-Jährige seinen Schritt. Ein Kommentar.
US-Präsident Joe Biden hat in einer Rede an die Nation seinen Ausstieg aus dem Präsidentschaftsrennen begründet. Ausschnitte aus der Rede.25.07.2024 | 5:03 min
Es kommt selten vor, dass ein mächtiger Mann, ja der mächtigste Mann der Erde Demut zeigt. Und wer der Rede von Joe Biden aufmerksam zugehört hat, weiß genau, welcher andere solch eine Demut wohl niemals zeigen wird, weil er es nicht kann.
"Meine Erfolge als Präsident, meine Führungsrolle in der Welt, meine Vision für Amerikas Zukunft, all das rechtfertigt eine zweite Amtszeit", so Biden.
US-Präsident Biden hat nach seinem Rückzug in einer eindringlichen Rede an die Nation die kommende Wahl als entscheidend für die Rettung der US-Demokratie bezeichnet.25.07.2024 | 1:34 min
Biden: "Platz für neue, frische Stimmen"
Wer solche Worte salbungsvoll, schmalzig und kitschig findet, dessen Zynismus hat längst gewonnen über Anstand und Charakter, ohne die historische Größe nicht möglich sind. Biden hat sie gezeigt, indem er den Weg frei machte.
"Wisst Ihr, es gibt eine Zeit und einen Platz für langjährige Erfahrung im öffentlichen Leben. Aber es gibt auch eine Zeit und einen Platz für neue, frische Stimmen, ja, jüngere Stimmen. Diese Zeit und dieser Platz ist jetzt", so Biden weiter.
Auf die Alters-Debatte folgte der Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur: US-Präsident Biden hat mit einer Rede an die Nation das Ende seiner politischen Karriere eingeläutet.25.07.2024 | 2:43 min
Kamala Harris kann nun beweisen, ob sie der Herausforderung wirklich gewachsen ist, Donald Trump zu besiegen. Sie hat jedenfalls eine reelle Chance. Bidens Selbstüberwindung verhindert Trumps Durchmarsch, der Ausgang der Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 ist völlig offen.
Nato wieder zum Leben erweckt
Biden wird als einer der großen amerikanischen Präsidenten in die Geschichte eingehen. Die Erfolge seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik gleichen denen von Franklin D. Roosevelt und Lyndon B. Johnson.
...und "sein Stottern ist ein bisschen zurückgekommen", sagt Jeff Mason, Korrespondent im Weißen Haus für die Nachrichtenagentur Reuters über US-Präsident Joe Biden. 25.07.2024 | 5:45 min
Der eine hatte Amerika Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts aus einer tiefen Rezession herausgeführt, der andere erreichte in den 60er Jahren mehr für Bürgerrechte und soziale Gerechtigkeit in den USA als jeder Präsident zuvor. Biden hat die Nato wieder zum Leben erweckt und internationale Bündnisse ausgebaut, die autoritären Regimen wie Russland und China die Stirn bieten.
Ja, Joe Biden hat sich gesträubt, war nicht gleich bereit, sich selbst für ersetzbar zu halten. Manche mögen es altersstarrsinnig nennen, ich nenne es menschlich. Aber schließlich doch die Größe zu haben, es einzusehen, loszulassen und alles daran zu setzen, dass eine neue Generation die Arbeit fortführt, das können nur wenige.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
in den vergangenen dreieinhalb Jahren haben wir als Nation große Fortschritte gemacht. Heute hat Amerika die stärkste Wirtschaft der Welt. Wir haben historische Investitionen in den Wiederaufbau unserer Nation, in die Senkung der Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente für Senioren und in die Ausweitung einer erschwinglichen Gesundheitsversorgung auf eine Rekordzahl von Amerikanern getätigt. Wir haben einer Million Veteranen, die giftigen Substanzen ausgesetzt waren, die dringend benötigte Behandlung zukommen lassen. Wir haben das erste Gesetz zur Waffensicherheit seit 30 Jahren verabschiedet. Wir haben die erste afroamerikanische Frau in den Obersten Gerichtshof berufen. Und wir haben die bedeutendste Klimagesetzgebung der Weltgeschichte verabschiedet. Amerika war noch nie so gut aufgestellt, um eine Führungsrolle zu übernehmen, wie heute.
Ich weiß, dass dies alles ohne Sie, das amerikanische Volk, nicht möglich gewesen wäre. Gemeinsam haben wir eine einmalige Pandemie und die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression überwunden. Wir haben unsere Demokratie geschützt und bewahrt. Und wir haben unsere Bündnisse in der ganzen Welt neu belebt und gestärkt.
Es war die größte Ehre meines Lebens, als Ihr Präsident zu dienen. Und obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederwahl zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich zurücktrete und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere.
Ich werde mich im Laufe dieser Woche ausführlicher zu meiner Entscheidung äußern.
Bis dahin möchte ich all jenen meinen tiefsten Dank aussprechen, die sich so sehr für meine Wiederwahl eingesetzt haben. Ich möchte Vizepräsidentin Kamala Harris dafür danken, dass sie bei all dieser Arbeit ein außergewöhnlicher Partner war. Und lassen Sie mich dem amerikanischen Volk meine aufrichtige Anerkennung für das Vertrauen aussprechen, das Sie in mich gesetzt haben.
Ich glaube heute, was ich immer geglaubt habe: dass es nichts gibt, was Amerika nicht schaffen kann - wenn wir es gemeinsam tun. Wir müssen uns nur daran erinnern, dass wir die Vereinigten Staaten von Amerika sind.
Joe Biden
in den vergangenen dreieinhalb Jahren haben wir als Nation große Fortschritte gemacht. Heute hat Amerika die stärkste Wirtschaft der Welt. Wir haben historische Investitionen in den Wiederaufbau unserer Nation, in die Senkung der Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente für Senioren und in die Ausweitung einer erschwinglichen Gesundheitsversorgung auf eine Rekordzahl von Amerikanern getätigt. Wir haben einer Million Veteranen, die giftigen Substanzen ausgesetzt waren, die dringend benötigte Behandlung zukommen lassen. Wir haben das erste Gesetz zur Waffensicherheit seit 30 Jahren verabschiedet. Wir haben die erste afroamerikanische Frau in den Obersten Gerichtshof berufen. Und wir haben die bedeutendste Klimagesetzgebung der Weltgeschichte verabschiedet. Amerika war noch nie so gut aufgestellt, um eine Führungsrolle zu übernehmen, wie heute.
Ich weiß, dass dies alles ohne Sie, das amerikanische Volk, nicht möglich gewesen wäre. Gemeinsam haben wir eine einmalige Pandemie und die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression überwunden. Wir haben unsere Demokratie geschützt und bewahrt. Und wir haben unsere Bündnisse in der ganzen Welt neu belebt und gestärkt.
Es war die größte Ehre meines Lebens, als Ihr Präsident zu dienen. Und obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederwahl zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich zurücktrete und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere.
Ich werde mich im Laufe dieser Woche ausführlicher zu meiner Entscheidung äußern.
Bis dahin möchte ich all jenen meinen tiefsten Dank aussprechen, die sich so sehr für meine Wiederwahl eingesetzt haben. Ich möchte Vizepräsidentin Kamala Harris dafür danken, dass sie bei all dieser Arbeit ein außergewöhnlicher Partner war. Und lassen Sie mich dem amerikanischen Volk meine aufrichtige Anerkennung für das Vertrauen aussprechen, das Sie in mich gesetzt haben.
Ich glaube heute, was ich immer geglaubt habe: dass es nichts gibt, was Amerika nicht schaffen kann - wenn wir es gemeinsam tun. Wir müssen uns nur daran erinnern, dass wir die Vereinigten Staaten von Amerika sind.
Joe Biden
Sein bisheriger Widersacher im Wahlkampf kann das ganz gewiss nicht, wie Donald Trump mit seinem Umsturzversuch nach der Wahlniederlage 2020 bewiesen hat. Deshalb richtete sich Biden in seiner Botschaft direkt an alle Amerikaner:
Parallelen zu George Washington
"Können wir die, deren Meinung wir nicht teilen, statt als Feinde doch als Mitbürger sehen? Können wir das? Und zählt im öffentlichen Leben immer noch der Charakter (eines Menschen)?", so Biden.
Sein Charakter unterscheidet Joe Biden von vielen anderen, und seine historische Geste stellt ihn in eine Reihe mit George Washington, den er gleich zu Beginn seiner Rede erwähnte. Washington gab nach dem Sieg im Unabhängigkeitskrieg die Befehlsgewalt über seine Armee an den Kongress zurück, obwohl er sich selbst hätte zum König krönen können.
"Biden hat viele Jahrzehnte in der amerikanischen Politik gedient", so ZDF-Reporter Jan Fritsche. Man habe gemerkt, dass es ihm "schwergefallen ist, loszulassen von der Kandidatur".25.07.2024 | 2:42 min
Wie Joe Biden wollte Washington dann nur eine Amtszeit lang Präsident sein, trat aber doch noch einmal an, "angesichts der kritischen Lage" in der Außenpolitik und auf "einhelligen Rat" seiner engsten Vertrauten. So beschrieb er es am Ende seiner zweiten Amtszeit, die es für Joe Biden nicht geben wird.
Seine Abschiedsbotschaft vom 17. September 1796 beendete George Washington mit dem Eingeständnis, dass er sicher - wenn auch unabsichtlich - viele Fehler gemacht habe. Und er fuhr fort: "Die Hoffnung soll mich begleiten, dass mein Land niemals aufhört, diese Fehler mit Nachsicht zu betrachten, und dass angesichts der 45 Jahre, in denen ich meinem Land in aufrechtem Eifer gedient habe, die Folgen meiner Unzulänglichkeiten dem Vergessen anheimfallen."
Wer Joe Biden, der seinem Land 50 Jahre gedient und dabei natürlich auch viele Fehler gemacht hat, die historische Größe abspricht, beweist nur, was für ein verbitterter Kleingeist er ist.
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