Italien: Hohe Mietpreise bringen Studenten auf die Straße
Bezahlbar in Mailand wohnen:Studentin sagt dem Mietmarkt den Kampf an
von Renée Severin, Mailand
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Mieten ist in Mailand ist teuer: 23 Euro den Quadratmeter kein Einzelfall. Einer jungen Italienerin reicht’s. Aus Frust tritt sie eine Bewegung los.
Vor der Europawahl 2024 steht die EU vor großen Herausforderungen: Verteidigung, hohe Mieten und eine oft unzufriedene Landwirtschaft. Wie junge Europäer die Sorgen angehen.28.05.2024 | 18:18 min
Die Wohnungssuche kann vielerorts zur Verzweiflung führen. Gerade in Großstädten treffen viele Interessenten auf wenig bezahlbaren Wohnraum, europaweit. Eine junge Italienerin hat die Nase voll davon. Frustriert hat sie einen Protest gestartet und damit eine Bewegung losgetreten.
Protest gegen hohe Mietpreise
Im Mai 2023 schlägt Ilaria Lamera ihr Zelt auf - direkt vor ihrer Uni in Mailand. Dort studiert sie Umwelttechnik und findet keine Unterkunft. "Ich habe mir 100 Wohnungen in Uni-Nähe angesehen, alle hatten verrückte Preise", erinnert sie sich.
Natürlich kannten alle das Problem, aber sie haben nicht darüber gesprochen. Sie haben nichts gemacht.
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Ilaria Lamera, Studentin aus Italien
Ilaria und ihr Zelt bleiben eine Weile. Nach wenigen Tagen stehen neben ihr sechzig weitere, andere Studierende haben sich angeschlossen. Ilaria trifft mit ihrem Protest einen Nerv.
Karolína Farská ist Mitorganisatorin der größten zivilen Bewegung seit dem Ende der Diktatur im Jahr 1989. Nun arbeitet sie an einem Projekt für mehr Pressefreiheit.21.05.2024 | 2:28 min
Wohnen in Mailand wie vielerorts teuer
Wer in Mailand zentral wohnen will, muss teils tief in die Tasche greifen. Eine führende Immobilienplattform in Italien zeigt: Ein Quadratmeter in Mailand kostete dort im April 2024 im Schnitt 23,35 Euro Miete.
Aber Ilarias Protest zündet auch in anderen italienischen Städten. Landesweit ziehen Studierende auf die Straßen und fordern das Ende der hohen Mietpreise - unter anderem in Florenz oder Rom.
Andere Studierende von anderen Unis haben ihre Zelte aufgestellt. Es hat sich so angefühlt, als würden sie sich unserer Bewegung anschließen.
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Ilaria Lamera, Studentin aus Italien
Viele können sich die Mieten in den Niederlanden nicht mehr leisten. Deshalb wohnt die Studentin Chiara zur Untermiete bei der 62-Jährigen Marian.27.03.2024 | 1:59 min
Mietpreise in der EU gestiegen
Laut Europäischer Kommission sind die Mietpreise in der EU zwischen 2010 und 2023 um 22,8 Prozent gestiegen. Igor Costarelli ist Soziologe an der Universität Mailand-Bicocca, forscht zur Wohnkrise in Europa. Für junge Menschen oder solche mit geringem Einkommen werde das Problem immer herausfordernder. "Das Problem gibt es allgemein, auch in anderen europäischen Städten und Ländern", so Costarelli.
In Italien ist das Problem, dass es an Unterstützung für junge Menschen mangelt, etwa durch öffentliche Maßnahmen zur Förderung von Mietwohnungen.
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Igor Costarelli, Soziologe Universität Mailand-Bicocca
In der patriotischen Jugendorganisation Kodutütred lernen junge, estnische Frauen militärische Grundlagen und stehen für ihr Land ein. "Jugend. Macht. Europa.": die Reihe zur Europawahl.17.05.2024 | 2:34 min
Wegen hoher Mieten: Pendeln zur Uni
Ilaria hat nach langer Suche ein WG-Zimmer gefunden: Insgesamt kostet das Zimmer 600 Euro, für rund 15 Quadratmeter. Ihre Eltern können das Zimmer zahlen. Das geht nicht bei allen. Ein Freund, Lorenzo, muss bei seinen Eltern wohnen bleiben, pendelt täglich eine Stunde in die Stadt: "Ich lebe tagsüber in Mailand, abends fahre ich in meine Heimatstadt und schlafe nur dort", berichtet er. Vor der Zukunft hat er Angst.
Mein Lebensstandard wird sinken, ich werde weniger als meine Eltern haben. Du fühlst dich ängstlich, hast Probleme mit deiner mentalen Gesundheit.
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Lorenzo
Zukunftsängste der jungen Generation
Mit seinen Zukunftsängsten ist Lorenzo nicht allein. Die TUI Jugendstudie 2023 hat 16- bis 26-jährige in ausgewählten EU-Staaten gefragt. 52 Prozent der Befragten denken demnach, dass es ihnen schlechter gehen wird als ihren Eltern, bezogen auf das Einkommen und den Lebensstandard. In Italien sind es 57 Prozent.
Lissabon ist beliebt bei Touristen, Airbnb Wohnungen boomen. Doch die Wohnungspreise haben sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt.06.03.2024 | 2:12 min
Brain Drain: Hoffnung auf Chancen im Ausland
Lorenzo überlegt, das Land zu verlassen. Hohe Mieten, magere Jobchancen und geringe Gehaltsaussichten treiben immer wieder junge Menschen ins Ausland. Das Phänomen hat einen Namen: Brain Drain.
Natürlich ist der Brain Drain ein echtes Problem für die italienische Gesellschaft. Es wird geschätzt, dass rund eine Million junge Italiener im letzten Jahrzehnt das Land verlassen haben.
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Igor Costarelli, Soziologe
Hinzu komme, dass junge Menschen aus dem wirtschaftlich schwächeren Süden des Landes in den Norden kommen, wie etwa nach Mailand. Das verstärke dann die den Druck auf dem Wohnungsmarkt, so Costarelli.
Die Menschen in Berlin, München und Köln haben eines gemein: Sie zahlen oft viel zu hohe Mieten. Drei Lösungsvorschläge für die Wohnungsnot in deutschen Metropolen.
von Julian Schmidt-Farrent
Ilaria Lamera: EU soll Lösung finden
Ilaria hat mit einigen Politikern gesprochen, fühlt sich aber alleingelassen, denn das Problem sei unverändert. "Ich glaube, es gibt nur sehr wenige Politiker, die verstehen, was wir durchmachen", meint Ilaria.
Ilaria wünscht sich, dass die EU das Thema in Angriff nimmt.
Jedes Land macht Regelungen für sich, aber ich wünschte, es wäre mehr ein europäisches Ding. Denn das Problem ist doch das gleiche, also sollte es auch gleich behandelt werden.
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Ilaria Lamera, Studentin
Bezahlbarer Wohnraum liegt bei EU-Mitgliedstaaten
Bezahlbaren Wohnraum zu regulieren, liegt in der Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten. Die Europäische Kommission gibt auf ZDF-Anfrage an, die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt genau zu verfolgen. Zudem unterstütze man die Mitgliedstaaten durch Initiativen und Finanzierungsinstrumente.
Ilaria will das Thema nicht aufgeben. Sie will, dass auf einer höheren Ebene darüber gesprochen wird – bis hin zur Europäischen Kommission. „Wir haben aber noch nicht darüber gesprochen, wie wir das anstellen“, sagt sie. Aber die Leute haben sie schon mal für verrückt gehalten, erzählt sie, als sie damals ihr Zelt aufgestellt hat: „Aber als ich gesehen habe, dass andere sich anschließen, habe ich gemerkt, dass es gar nicht so verrückt war und es eine gute Sache war.“
In der EU leben etwa 73 Millionen junge Menschen zwischen 15 und 29 Jahren. Das zeigen offizielle Zahlen der Europäischen Union aus 2021. Darunter solche, die ihre Zukunft auf politischer, sozialer und gesellschaftlicher Ebene mitgestalten. Renée Severin und Alicia Berthel haben fünf junge Europäerinnen und Europäer getroffen und mit ihnen über ihre Sorgen, Wünsche und Motivationen gesprochen.
In Großbritannien schützen Menschen als Immobilienwächter leerstehende Gebäude und wohnen gleichzeitig darin. Das Konzept verspricht Vorteile für alle Beteiligten.
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