Abtreibung in Italien: Neues Gesetz untergräbt Frauenrechte
Abtreibungsdebatte in Italien:Italien: Zurück zur heimlichen Abtreibung?
von Barbara Lueg, Rom
|
Abtreibungsgegner dürfen jetzt in die Beratungskliniken, ein neues Gesetz der Meloni-Regierung. Schon vorher wurden Frauen von so genannten "Pro Life"-Organisationen schikaniert.
Italien lässt Abtreibungsgegner in Beratungsstellen zu. Nach Regierungschefin Meloni sollen Frauen wissen, dass es noch andere Optionen gibt.
Quelle: dpa
Francesca blickt scheu in ihr Handy. Leise erzählt die 22-Jährige über Facetime von der schwierigsten Entscheidung ihres Lebens: Niemand weiß von ihrer Abtreibung. Nicht ihre Eltern. Nicht ihr Freund. Und niemand weiß von dem Druck, den sie durch so genannte "Lebensschutzorganisationen" im Vorfeld aushalten musste. In einer Klinik wurde Francesca die Telefonnummer einer angeblichen Beratungsstelle gegeben. Doch es war die Nummer einer so genannten "Pro Life"-Organisation. Daraufhin begann der Terror: Anrufe, SMS. Schikane. Immer wieder. So wie ihr geht es vielen Frauen in Italien. Und die Situation droht, schlimmer zu werden.
Sie haben mich im Vorfeld dauernd kontaktiert und mir Nachrichten geschickt, in denen sie mich für meine Entscheidung verurteilten und mir sagten, dass ich eine Abtreibung bereuen würde. Es war traumatisch für mich.
„
Francesca
Braucht Deutschland noch Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs, der einen Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellt? Experten empfehlen nun, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren.16.04.2024 | 8:19 min
Höherer Druck auf Frauen, die abtreiben wollen
In Italien haben seit neuestem Abtreibungsgegner-Organisationen direkten Zugang zu den verpflichtenden Beratungsgesprächen vor einem Schwangerschaftsabbruch. Das heißt, sie können die Frauen direkt dort ansprechen und bedrängen - so, wie bei Francesa. Die rechte Regierungskoalition von Giorgia Meloni hat diese Regelung vor kurzem verabschiedet.
Regierungschefin Meloni hatte mehrfach erklärt, dass sie das geltende Abtreibungsrecht nicht verändern will, aber "dass Frauen wissen müssen, dass es andere Optionen gibt." In Italien können Frauen eine Schwangerschaft in den ersten 90 Tagen beenden, wenn sie sich zuvor beraten lassen und sieben Tage Bedenkzeit abwarten. Die neue Regelung verschärft nun den Druck auf Frauen, die abtreiben lassen wollen.
Die Chefin der größten italienischen Oppositionspartei, Elly Schlein, spricht von einem "schwerwiegenden Angriff auf die Freiheit der Frauen", manche Aktivistinnen gar von einer "Rückkehr ins Mittelalter." Im ganzen Land löste die neue Regelung Proteste aus. Das "Frauenzentrum gegen Gewalt" in Aosta berichtet von mehreren Frauen, die bei der gesetzlich vorgeschriebenen Beratung vor dem Eingriff von Abtreibungsgegnern dazu gebracht worden seien sollen, bei einer Ultraschall-Untersuchung die Herztöne des Fötus anzuhören.
Abtreibungen bald nur noch heimlich?
Im Osten Italiens, in die Marken, zeigt sich das Problem wie unter einem Brennglas: Die Region wird von Melonis Partei Fratelli d`Italia regiert. Tiziana Antonucci ist die Leiterin des örtlichen Beratungszentrums für Frauen, die eine Abtreibung möchten. Man spürt ihre Ernüchterung. "Mit dem politischen Wechsel in der Regierung hat sich alles geändert. Die öffentlichen Beratungszentren hier in der Region bekommen kaum noch finanzielle Mittel", so Antonucci.
Der Großteil der staatlichen Unterstützung fließt in die Pro-Life-Organisationen. Die Frauen werden regelrecht gestalkt von ihnen. Ich fürchte, dass wir zur heimlichen Abtreibung zurückkehren müssen.
„
Tiziana Antonucci, Leiterin eines Beratungszentrums für Abtreibungen
Dabei es ist für schwangere Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen wollen, ohnehin schon schwierig genug in Italien. Denn das Gesetz erlaubt Medizinern, eine Abtreibung aus Gewissensgründen abzulehnen. In vielen Regionen machen 80 bis 90 Prozent der Ärzte davon Gebrauch. Deshalb müssen Frauen für den Eingriff oft Hunderte Kilometer fahren, um überhaupt an einen Termin in einer Klinik zu kommen.
Ungesetzlich, aber straffrei: Das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch ist kompliziert. Die Ampel will, dass es nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt wird. Fragen und Antworten.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.