Iran wählt neuen Präsidenten:Moderater Kandidat erfährt Rückenwind
von Phoebe Gaa
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Nach dem Tod von Amtsinhaber Raisi wählt Iran morgen einen neuen Präsidenten. Im Rennen ist auch ein moderater Kandidat, der sich für Reformen und Frauenrechte einsetzt.
Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi, wird nun ein neuer Präsident gewählt. Die besten Chancen haben Hardliner Dschalili sowie der amtierende Ghalibaf. 28.06.2024 | 0:27 min
"Wir sind uns alle einig, dass unsere Gesellschaft Frauen und Mädchen respektieren muss", konfrontierte Massud Peseschkian während einer TV-Debatte seine Gegenkandidaten aus der Riege der Hardliner. Er ist der einzige Kandidat für das Amt des Präsidenten, der als gemäßigt gelten kann.
Als Gesundheitsminister gehörte der 69-Jährige einer Reformerregierung an. Jetzt machte er von sich reden, weil er die strikten Kleidervorschriften für iranische Frauen ungewöhnlich deutlich kritisierte.
Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Raisi wird nun ein neuer Präsident gewählt. Was diese Wahl für den Iran bedeutet, berichtet ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa aus Teheran.28.06.2024 | 0:52 min
"Aber ist denn nicht klar, wer die Hijab-Wächter in den Metros beauftragt hat", fragte Peseschkian in Richtung des Teheraner Bürgermeisters, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls für das Präsidentenamt kandidiert. "Es wird so viel Geld für sie ausgegeben, und dann behandeln sie die Kinder anderer Leute so schlecht. Und trotzdem sitzen wir hier und behaupten, die Rechte von Frauen zu verteidigen."
"Frau, Leben, Freiheit" lautete das Motto der Massenproteste gegen Unterdrückung im Iran. Das Regime erhöht nun den Druck auf Frauen – auch mit einem neuen Kopftuchgesetz.18.02.2024 | 2:51 min
Wahllokale im Iran öffnen Freitag
61 Millionen Iranerinnen und Iraner sind aufgerufen, den Nachfolger für Ebrahim Raisi zu bestimmen. Der Amtsinhaber war im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen.
Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi wird am Freitag ein Nachfolger gewählt. Der Wächterrat hat sechs Kandidaten zugelassen - fünf Hardliner und einen Gemäßigten. Zwei Erzkonservative verzichteten einen Tag vor der Abstimmung und riefen die Hardliner auf, ihre Kräfte zu bündeln - der Bürgermeister von Teheran, Aliresa Sakani, und der Leiter der Märtyrerstiftung, Amirhossein Ghasisadeh Haschemi.
Raisi war am 19. Mai bei einem Hubschrauber-Absturz verunglückt. Laut Verfassung muss binnen 50 Tagen sein Nachfolger bestimmt werden. Als Interimspräsidenten hatte der Oberste Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, den ersten Vize-Präsidenten Mohammed Mochber ernannt. Der ultrakonservative Raisi galt als möglicher Nachfolger des 85-jährigen Chamenei, der geistliches und politisches Oberhaupt des Iran ist.
Wer kandidieren darf, bestimmt der Wächterrat, der Hüter der Verfassung. Er besteht aus sechs führenden Geistlichen, die das geistliche und politische Oberhaupt des Irans ernennt, und sechs islamischen Juristen. Das erzkonservative Gremium überprüft bei allen Wahlen die Kandidaten auf ihre generelle Eignung sowie auf ihr Bekenntnis zu Islam, Verfassung und den Werten der Islamischen Republik. Zugelassen hat der Wächterrat von über 80 Bewerbern nur sechs Männer. Frauen hat der Wächterrat noch nie die Kandidatur erlaubt.
Wählen dürfen alle Bürgerinnen und Bürger des Irans ab 18 Jahren. Damit gibt es unter den rund 85 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern etwa 61 Millionen Wahlberechtigte. Gewonnen hat, wer mindestens 50 Prozent der abgegebenen Stimmen plus eine Stimme erhalten hat. Erreicht kein Bewerber in der ersten Runde die nötige Mehrheit, findet am ersten Freitag nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses eine Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten statt. Das wäre voraussichtlich der 5. Juli.
Die Amtszeit des Präsidenten beträgt vier Jahre, er führt die Regierung des Landes. Die höchste geistliche und politische Instanz im Iran ist dagegen der sogenannte Oberste Rechtsgelehrte oder Oberste Führer - derzeit ist dies Chamenei. Er und nicht der Präsident entscheidet über alle wichtigen Angelegenheiten des Staates, also auch die Atom- und Außenpolitik, und fungiert als Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
(Quelle: AFP)
Von den Kandidaten, die der Wächterrat zugelassen hatte, zieht als erstes Amirhussein Ghasisadeh zurück. Er erklärte am späten Mittwoch Abend auf der Plattform X, mit diesem Schritt wolle er die verbliebenen Hardliner stärken. Dass ein Kandidat so kurz vor dem Wahltag aus dem Rennen aussteigt, ist in Iran üblich. Am Donnerstag dann Zakani, und womöglich werden noch weitere Bewerber folgen, bevor die Wahllokale morgen öffnen.
Nach dem Hubschrauberabsturz von Präsident Raisi wird im Iran wieder gewählt. Aus dem Kandidatenfeld sticht ein Bewerber besonders hervor. Doch steht er wirklich für Wandel?
26.06.2024 | 2:37 min
Iran: Gewalt gegen Frauen großes Problem
Immer wieder tauchen in den sozialen Netzwerken Videos auf, die zeigen, wie Frauen von den Sittenwächtern verhaftet, oder gewaltsam in Minibusse gedrängt werden. Eine Teheraner Studentin erzählt unserem Kamerateam gestern Nachmittag, sie wünsche sich einen Präsidenten, der dafür sorge, dass Mädchen und Frauen sicher auf der Straße bewegen könnten.
Der moderate Kandidat Peseschkian wird von vielen bekannten Reformern unterstützt. Seine Worte wecken in manchen Hoffnung. In anderen Misstrauen. Sie glauben, er dürfe nur kandidieren, damit diesmal auch diejenigen wählen gehen, die sich nach Reformen sehnen.
Denn als im März die Wahlen zum iranischen Parlament stattfanden, blieb über die Hälfte der Wahlberechtigten zu Hause. 41 Prozent Wahlbeteiligung landesweit, in der Hauptstadt sogar unter 25 Prozent: das wurde als deutliches Zeichen der Ablehnung der Iranerinnen und Iraner an ihre Regierung gesehen.
Chamenei: Keine Kehrtwende in der Außenpolitik
Irans Oberster Führer wirbt nun unermüdlich dafür, diesmal wählen zu gehen. Gleichzeitig machte er aber deutlich, dass, egal wer gewinnt, der neue Präsident keine Kehrtwende in der Außenpolitik vollziehen können wird: "Einige Politiker in unserem Land glauben, sie müssten sich vor dieser oder jener Macht beugen," so Ayatollah Ali Chamenei vor Anhängern.
An der Trauerfeier für den verunglückten Präsidenten Raisi nahmen auch Hamas-Führer teil. 22.05.2024 | 1:45 min
Auf Teherans Straßen hingegen äußern viele die Hoffnung, dass bessere Außenbeziehungen die Wirtschaftslage verbessern könnten. Jahrzehnte der Sanktionen haben Iran tief in die Krise geführt. Die Studentin Reyhane formuliert es so: "Die wirtschaftliche Lage muss verbessert werden. Wenn der Präsident die Beziehungen zu anderen Ländern reformieren könnte, würde das unserer Wirtschaft helfen."
Aus Sicht eines anderen Studenten gibt es noch einen weiteren Faktor, der Irans Fortkommen behindert: Die Distanz zwischen Regierung und Volk. "Sie verstehen nicht, wie sehr sie von uns profitieren können," meint der 23-Jährige. "Innerhalb von 10 oder 20 Jahren könnten wir unsere Stadt verschönern, die Menschen glücklich machen, Geld generieren. Aber sie hören uns nicht zu." Ob er morgen wählen geht, hat der Kunststudent noch nicht entschieden. Und dürfte damit bei weitem nicht allein sein.
Phoebe Gaa leitet das ZDF-Studio Istanbul und ist auch für die Berichterstattung aus Iran zuständig.
Irans Präsident Raisi ist bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Wer sein Nachfolger wird, hängt auch vom Wächterrat ab. Er entscheidet, wer zur Wahl zugelassen wird.