Nahost-Experte Hinz zu Irans Drohung, Israel auszulöschen

Interview

Warten auf Israels Gegenschlag:Experte: Keiner will einen größeren Krieg

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Irans Führung verkauft den Angriff auf Israel als Erfolg. Experte Hinz sieht eine "größtenteils verbale Show". Israel sei beim Gegenschlag nur noch uneins, wie weit man gehen will.

Kürzlich hatte Irans Präsident Ebrahim Raisi verkündet, dass die Streitkräfte "bereit" seien und der Angriff auf Israel "den Ruhm des zionistischen Regimes zunichte gemacht" habe. Er drohte außerdem, dass auf einen möglichen Gegenschlag Israels eine "heftige und harte Reaktion" folgen werde.
Bei ZDFheute live spricht der Militär und Nahost-Experte Fabian Hinz über die iranische Haltung, die Taktik des israelischen Militärs und mögliche Angriffsoptionen.
Das sagt der Experte bei ZDFheute live zu ...

... der Drohung des Iran, das israelische Militär oder gar den Staat "auszulöschen"

Fabian Hinz wertet die jüngsten Aussagen der Regierung in Teheran als "größtenteils verbale Show".

Wenn Sie sich anschauen, wie es um Israels militärische Fähigkeiten bestellt ist, dann wird der Iran Israel nicht ausradieren, das ginge höchstens mit Atomwaffen.

Fabian Hinz, Militär und Nahost-Experte

Eskalieren könnte der Iran den Konflikt durch größere Unterstützung seitens der Hisbollah. Diese hätten "noch ein sehr, sehr großes Arsenal von Raketen". Auch dass die Hisbollah aus Libanon operieren könne, sei ein Vorteil durch die kürzere Distanz nach Israel. Diese zu überwinden, gelänge mit "sehr, sehr primitiven Raketen", erklärt Hinz.

... den Gründen, weshalb Israels Militär abwartet

Ein Faktor sei die Forderung der USA, die Lage nicht weiter zu eskalieren. Die Vereinigten Staaten sind, laut Hinz, "der allerwichtigste Player" und Israel "ziemlich abhängig von amerikanischen Waffensystemen".

Was aber auch mit reinspielt, ist, dass es wahrscheinlich innerhalb der israelischen Regierung unterschiedliche Ansichten gibt. Wie weit sollte man gehen? Wie viel Risiko soll man eingehen?

Fabian Hinz, Militär und Nahost-Experte

Experte Hinz geht davon aus, dass die Israelis "eine gewisse neue Qualität" ihrer Angriffe vorweisen wollen. "Gleichzeitig sollte es nicht provokant genug sein, um die Lage wirklich zu einem größeren Krieg eskalieren zu lassen", glaubt er.
Eskaliert der Nahe Osten weiter?
Israel ist anscheinend fest entschlossen, auch militärisch auf Irans Luftschlag zu antworten, wo, wie und in welchem Ausmaß ist allerdings noch unklar.17.04.2024 | 2:31 min

... den möglichen Folgen einer militärische Eskalation für die Region und die Welt

Die militärische Eskalation in der Region existiert eigentlich schon, die haben sie schon seit Jahren. Die Frage ist, auf welchem Level wird diese Eskalation betrieben und gerät sie außer Kontrolle oder kann man sie noch unter Kontrolle halten?

Fabian Hinz, Militär und Nahost-Experte

Die Akteure, so der Nahost-Kenner, hätten die Eskalation bislang immer auf "sehr hohem Level managen" können. Man kalibriere die Schläge bedacht, "damit es nicht zu dieser komplett unkontrollierten Eskalation kommt".

... ist Experte für Drohnen- und Raketensysteme beim britischen Thinktank "International Institute for Strategic Studies" (IISS). Er hat in Freiburg, Berlin, Potsdam, Beirut und dem iranischen Isfahan studiert.

... den Waffen des Iran, wo sie herkommen und wo sie produziert werden

Das Land habe "eine sehr heterogene Militärstreitmacht", so Fabian Hinz. Es gebe Bestände aus den 1970er Jahren, die aus amerikanischer Produktion stammten und dem damaligen Schah verkauft worden seien. Außerdem gebe es sowjetisch-russische Waffen aus den späten 1980ern und frühen 1990ern.

Was die Raketen angeht, sind die meisten oder praktisch alle mittlerweile im Iran entwickelt und im Iran produziert. Das gleiche gilt für die Drohnen.

Fabian Hinz, Militär und Nahost-Experte

Die Raketenentwicklung sei ein "Großprojekt" der iranischen Führung gewesen. Dagegen seien die Panzerfahrzeuge des Landes "nicht wirklich vergleichbar" mit der internationalen Konkurrenz.
Das Interview führte ZDFheute-live-Moderator Marc Burgemeister. Zusammengefasst hat es Laura Schäfer.

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Quelle: ZDF

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