Ukraine: Hilfe durch Milliarden aus russischem Vermögen?
Interview
Eingefrorene Vermögen:Ukraine-Hilfe: Ran an russische Milliarden?
|
Bisher nutzt die EU Zinsen aus eingefrorenen russischen Vermögen für die Ukraine-Hilfe. Genug? Ein Aktivist findet: Nein, das gesamte Vermögen sollte genutzt werden - ein Gespräch.
Bisher nutzt die EU Zinsen aus eingefrorenen russischen Vermögen für die Ukraine-Hilfe. Europa diskutiert, ob das reicht.
Quelle: picture alliance / Anadolu
Europa diskutiert: Sollten Staaten oder Staatenverbunde eingefrorene russische Vermögen nutzen, um jetzt der Ukraine finanziell zu helfen? Ja, fordert der britische Menschenrechtsaktivist Bill Browder. Er meint: Das wäre ein Wendepunkt im Krieg in der Ukraine.
Bill Browder ist einer der bekanntesten britischen Menschenrechtsaktivisten und erklärter Gegner des Regimes von Wladimir Putin. In den USA war er maßgeblich am Magnitsky Act beteiligt: Das Gesetz ermöglicht den USA unter anderem, von Menschenrechtsverletzern die Vermögen einzufrieren.
Browder verlangt konkret, die seit dem russischen Angriff auf die Ukraine eingefrorenen russischen Vermögen in der EU für die Finanzierung der Ukraine-Hilfen zu verwenden. Es geht um rund 235 Milliarden Euro.
Nach Trumps Kehrtwende im transatlantischen Verhältnis beraten die Staats- und Regierungschefs über Europas Verteidigung und die weitere Unterstützung der Ukraine.06.03.2025 | 3:14 min
ZDFheute: Die EU und die Briten nutzen bereits die Zinsen aus eingefrorenen russischen Vermögen, um damit Kredite für die Ukraine gegenzufinanzieren oder direkte Hilfen daraus zu zahlen. Ihnen reicht das nicht. Sie fordern, die gesamten eingefrorenen Vermögen für die Ukraine-Hilfe zu nutzen. Wieso?
Bill Browder: Das wäre ein absoluter Wendepunkt. Es würde der Ukraine aus finanzieller Sicht ermöglichen, drei oder vier Jahre lang zu überleben. Nun gibt es ein weiteres Problem, weil die Amerikaner ihre Hilfe vorerst einstellen: Sie besitzen bestimmte Waffen, die nur sie haben. Die Ukrainer müssten dann mit diesen 235 Milliarden Euro [Anm. d. Red.: aus den eingefrorenen Vermögen] Ersatz für diese Waffen finden.
Das Geld ist der Schlüssel zu allem.
„
Bill Browder, Menschenrechtsaktivist
Am Ende des Tages ist dies ein Ressourcenkrieg. Wenn sie dieses Geld haben, wird die Ukraine überleben. Wenn sie dieses Geld nicht haben, wird die Ukraine fallen.
Mit einem massiven Aufrüstungsprogramm reagiert die EU auf die außenpolitische Kehrtwende der USA. Ziel ist es, mit mehreren Maßnahmen insgesamt fast 800 Milliarden Euro zu mobilisieren.07.03.2025 | 2:31 min
ZDFheute: Eine Reihe von Staaten hegen rechtliche Bedenken, mit eingefrorenen russischen Vermögen die Ukraine zu finanzieren. Wie bewerten Sie das?
Browder: Wenn Sie die Zinsen pfänden, können Sie auch die Einlagen pfänden - die rechtlichen Fragen sind dieselben.
ZDFheute: Welche Länder sind aus den Gesprächen, die Sie gerade führen, eher zurückhaltend und welche sind Ihrer Meinung nach jetzt ziemlich offen für die Idee?
Browder: Das Vereinigte Königreich ist offen dafür, die Niederlande, Polen, Lettland, Estland Litauen, Schweden auch. Ich meine, es gibt hauptsächlich zwei Gruppen, die dagegen sind. Da sind die Ungarn und die Slowaken, die im Grunde auf Putins Seite stehen.
Nach dem Eklat im Weißen Haus nähern sich die USA und die Ukraine wieder an. Gleichzeitig haben die USA den Druck erhöht: Sie liefern wohl keine Geheimdienstinformationen mehr.06.03.2025 | 0:28 min
Und dann sind da die Franzosen und die Deutschen, die alle möglichen Argumente dagegen vorgebracht haben.
„
Bill Browder, Menschenrechtsaktivist
Und ich würde den Franzosen und Deutschen ganz einfach sagen: Wer soll für die Ukraine zahlen, wer sollte das Geld aufbringen, das die Amerikaner nun abziehen? Sollten es die deutschen Steuerzahler sein oder Wladimir Putin? Denn das sind die beiden Optionen.
ZDFheute: Welches Signal würde es an den Kreml senden, die eingefrorenen Vermögen zu nutzen?
Browder: Die Botschaft an Wladimir Putin und Donald Trump wäre, dass die Ukraine nicht kapitulieren muss; dass die Ukraine die finanziellen Mittel hat, um zu kämpfen und sich zu verteidigen, bis sie für sich den Moment sehen, einen gerechten und dauerhaften Frieden auszuhandeln.
Zwischen Trump und Selenskyj flogen die Fetzen: Ein Treffen über die Zukunft der Ukraine endet im Streit - ohne Ergebnis und mit beschädigten Beziehungen.
Katharina Schuster, Washington D.C.
Analyse
Was auch wichtig ist: Wenn wir das Geld bis zum Juli liegen lassen - im Juli gibt es eine weitere Abstimmung im Europäischen Rat über die Verlängerung der Sanktionen und es ist sehr wahrscheinlich, dass Ungarn gegen eine Verlängerung der Sanktionen stimmen wird. Dann könnte das Geld an Russland zurückgehen. Also: Entweder bekommt die Ukraine das Geld, um sich zu verteidigen, oder Russland bekommt das Geld, um mehr Ukrainer zu töten. Ich denke, wir alle wissen, wo wir das Geld lieber hätten.
ZDFheute: Rechnet Putin damit, dass die Russen das Geld zurückzubekommen?
Browder: Ich glaube, Putin strahlt derzeit in jeder Hinsicht über das ganze Gesicht - auch bei dem Gedanken, dass er das Geld zurückbekommt.
US-Präsident Donald Trump hat einen Stopp der Militärhilfen für die Ukraine angeordnet. Er solle solange andauern, bis die Führung in Kiew guten Willen zum Frieden zeige.04.03.2025 | 2:31 min
ZDFheute: Sie machen diese Kampagnenarbeit jetzt seit vielen Jahren. Wie haben sich die letzten zwei Wochen für Sie angefühlt?
Browder: Sehr demoralisierend. Ich habe das Gefühl, dass mein Lebenswerk in Sekundenbruchteilen zerstört wird. Und ich bin sehr besorgt über das Gerücht, dass die Vereinigten Staaten die Sanktionen gegen Russland einseitig aufheben könnten.
Ich habe mein Leben damit verbracht, Sanktionen gegen Putin für die Verbrechen zu verhängen, die er begangen hat.
„
Bill Browder, Menschenrechtsaktivist
Und die Aufhebung dieser Sanktionen wäre der größte Schlag ins Gesicht für alle, die Ungerechtigkeit erfahren haben und ermordet worden sind von Wladimir Putins Russland.
Am Interview waren ZDF-Korrespondent Wolf-Christian Ulrich sowie Sarah Prietzsch beteiligt.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.