Taurus-Leak Thema bei "illner":Kiesewetter: "Desaster", Kühnert: "Klamauk"
von Torben Schröder
|
Nach Expertenmeinung wollte Wladimir Putin mit seinem Leak die Taurus-Debatte anheizen. Das hat offenbar geklappt, wenn man die Diskussion bei "maybrit illner" verfolgt.
Sehen Sie hier die Sendung "maybrit illner" vom 7. März 2024. 07.03.2024 | 64:05 min
Eigentlich, sagt der Militärexperte Carlo Masala in der ZDF-Sendung "maybrit illner", wurde ja gar nichts Neues erzählt in der von Russland abgehörten Taurus-Konferenz deutscher Generäle. Sein Gewicht habe der Mitschnitt dadurch erhalten, von wem die Äußerungen kamen.
"Putin wollte mit der Veröffentlichung vor allem die deutsche Öffentlichkeit erreichen und die Debatte um Taurus und Waffenlieferungen anheizen", sagt die Politikwissenschaftlerin Sarah Pagung. Das ist offenbar gelungen.
Kühnert: Deutschland ist weiterhin ein verlässlicher Partner
Wieder wird über die Lieferung des Marschflugkörpers an die Ukraine diskutiert. Kanzler Olaf Scholz schloss sie unlängst, wie SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hervorhebt, kraft seiner Richtlinienkompetenz erneut aus. Daran werde sich die Ampel-Koalition halten.
Auch dass der Kanzler die Entsendung von Bodentruppen kategorisch verneint, diene dem Sicherheitsbedürfnis und dem Zusammenhalt in der Bevölkerung.
Deutschland stehe weiter als verlässlicher, seriöser Partner da.
Die Forderungen bleiben vehement – doch Bundeskanzler Scholz will keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern. Was kann das viel diskutierte Waffensystem?05.03.2024 | 3:23 min
Kritik an der Kommunikation des Kanzlers
Das sieht Oberst a.D. Roderich Kiesewetter (CDU) gänzlich anders. Das Ziel, Misstrauen zu säen zwischen Deutschland und den Nachbarstaaten, habe Russland erreicht. Kiesewetter betont:
Die deutsche Vertrauenswürdigkeit leide, Russland könne sich entspannt zurücklehnen. "Wir müssen eine Perspektive geben. Taurus ist ein psychologischer Faktor."
Im Zuge der Taurus-Abhör-Affäre hat Bundeskanzler Scholz sein Nein zur Lieferung der Marschflugkörper an die Ukraine erneut bekräftigt.04.03.2024 | 1:41 min
Durch Programmierung Angriffe auf bestimmte Ziele verhindern
Ein wesentliches Argument des Kanzlers wischt Masala vom Tisch. "Man kann den Taurus in seiner Reichweite beschränken. Das ist aber nicht sinnvoll", sagt der Militärexperte mit Blick auf die Nützlichkeit des Systems zu Verteidigungszwecken.
Man könne jedoch per Zielprogrammierung Angriffe auf bestimmte Ziele verhindern. "Es ist sehr, sehr unwahrscheinlich, wenn man es richtig macht, dass die Ukraine den Taurus Richtung Moskau fliegen lässt."
Was also spricht gegen die Lieferung? Die Diskussion darüber, ja nicht zur Kriegspartei zu werden, nennt Masala. Diese werde nirgends so hysterisch geführt wie hierzulande.
Der Verteidigungsminister hat Ergebnisse in der Abhöraffäre präsentiert: Ein Offizier, der sich aus Singapur einwählte, war dafür verantwortlich, dass Russland mitschneiden konnte.05.03.2024 | 1:50 min
Cohn-Bendit: Abschreckung verstärken
"Die Ukraine kann diesen Krieg verlieren", hält der deutsch-französische Publizist Daniel Cohn-Bendit (Grüne) fest. "Was machen wir, wenn die russische Armee vor Kiew oder Odessa steht?"
Falle Odessa, drohe die wirtschaftliche Selbstständigkeit der Ukraine zu enden. Die Haltung, dass Deutschland nicht Kriegspartei werden wolle, sei nachvollziehbar. Aber wenn Frankreich oder England in den Augen Russlands Kriegspartei würden, helfe das uns auch nichts.
Pistorius hat in der Taurus-Abhöraffäre Geschlossenheit gegenüber Putin gefordert. Jedoch gibt es sowohl innen- als auch außenpolitische Konflikte, so ZDF-Reporter Hinterleitner.04.03.2024 | 1:13 min
Schaden durch "Salami-Taktik" bei den Waffenlieferungen?
Das Erklärungsbedürfnis des Kanzlers kommt laut Pagung auch daher, dass er in den vergangenen zwei Jahren immer wieder Dinge ausgeschlossen habe, die er später trotzdem gemacht hat.
Dabei sei die "Salami-Taktik" bei den internationalen Lieferungen ein Grund dafür, warum die Ukraine in ihrer misslichen Lage stecke.
Doch das muss nicht so bleiben, sagt Kiesewetter: "Die Ukraine kann den Krieg immer noch in den Grenzen von 1991 gewinnen, wenn wir unsere Ziele ändern." Das Ziel müsse ein Sieg der Ukraine sein.
Der Taurus-Leak hat gezeigt, dass "Wladimir Putin einen hybriden Krieg auch uns gegenüber führt", so Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses.04.03.2024 | 6:11 min
Kiesewetter: Putin sieht uns als Feind
"Wir sind Kriegsziel", betont Kiesewetter, "Putin sieht uns als Feind. Das ist das Kernargument, warum Taurus nötig ist." Dann habe die Ukraine die Chance, nicht mehr von der Krim aus angegriffen zu werden.
Kühnert wiederum wirft dem Agieren der Union zum Thema Taurus "Klamauk" und "Unernsthaftigkeit" vor.
Die Kritik, Scholz inszeniere sich lediglich als Friedenskanzler, nennt der SPD-Generalsekretär "infam". Was wohl Putin über so viel innerdeutschen Zoff denkt?
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.