Legitimation für Miliz im Jemen:Wie die Huthis den Gaza-Krieg ausnutzen
von Golineh Atai
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Als Helden des Widerstands gegen die Israel-Politik des Westens werden sie im Jemen verehrt. Wer die Huthis verstehen will, muss jene treffen, die Opfer der Huthis geworden sind.
Im Nahost-Konflikt ist die Miliz aus dem Jemen zur neuen Bedrohung geworden. Unsere Korrespondentin hat sich vor Ort zu den Huthi-Rebellen gewagt31.01.2024 | 6:47 min
In einem Comedy-Clip auf X nimmt die in den USA lebende jemenitische Politikwissenschaftlerin Hadil Al-Mowafak Jemens Huthi-Milizen und ihren neuen Seekrieg unter die Lupe - mit bissigem Humor:
"Sind Sie ein berüchtigter Warlord und leiden gerade an einer Karrieredelle? Ist der Krieg vorbei und Sie ertrinken in Verantwortungen, die Sie doch nie tragen wollten? Haben Sie Sorge, dass der Blutfleck auf ihrem Shirt auf ewig zurückbleibt? Mit dem Milizen-Makeover verwandeln Sie sich in antiimperialistische Helden!"
Die als pro-palästinensische Solidaritätsaktionen dargestellten Angriffe auf westliche Handelsschiffe seien vor allem gut gemachte PR - um von Kriegsverbrechen gegen das eigene Volk abzulenken, schlussfolgert Al-Mowafak.
Kindersoldaten und islamistische Allmachtsfantasien
Mit ihrer Comedy richtet sie sich an jene im Westen, die die Miliz im Nordjemen derzeit zu Idolen des Widerstands gegen die westliche Israel-Politik verklären, aber so gut wie nichts über die Huthis wissen - nichts über ihre totalitäre Struktur, ihren konfessionellen Hass (auf Sunniten oder religiöse Minderheiten wie die Bahai), über ihre massenhafte Rekrutierung von Kindersoldaten oder ihre Vision, ein weltweites islamisches Kalifat mit Jerusalem als Hauptstadt zu erschaffen.
Die Bewegung entwickelte sich von einer religiösen Gruppe - die aus dem Zaidismus, einer schiitischen Glaubensrichtung, entsprang - zu einer Miliz, die seit 2014 die Hauptstadt Sanaa besetzt und in deren Gebiet mittlerweile die meisten Jemeniten leben - und zwar in einem theokratischen Polizeistaat.
Huthi-Clan sieht sich als von Gott auserwählt
Revolutionsführer Abdulmalak Al-Huthi sieht Irans Herrschaft der Rechtsgelehrten als Vorbild. Der Huthi-Familienclan gilt als von Gott auserwählt und - qua Abstammung vom Propheten - dem Volk überlegen. Die Mitglieder der "Achse des Widerstands" - die Hizbollah im Libanon, die Hamas, Irans Revolutionsgarden und ihre Milizen in Irak und Syrien - sind die wichtigsten außenpolitischen Verbündeten.
Bereits vor dem Gaza-Krieg habe die Miliz massiv aufgerüstet, sagen Experten, danach sei es ihr gelungen, zehntausende Kämpfer auszubilden - für einen Krieg gegen Israel und den Westen. Ein "heiliger" Krieg - den man herbeigesehnt und erhofft habe, so Huthi-Informationsminister Dhaifallah Al-Shami gegenüber dem ZDF.
"Dieser Huthi-Staat lebt von Propaganda, von Indoktrination, von Krieg, von Hass", berichtet Golineh Atai aus Aden im Jemen. "Seit Monaten ist hier keine Hilfe angekommen."25.01.2024 | 3:21 min
Gaza-Krieg: Neue Legitimation für Huthis
Dafür werden gerade die Jüngsten und Ärmsten indoktriniert. Menschenrechtler Abdu Ali Al-Hozaifi, der die Rekrutierung von Kindersoldaten durch die Huthis untersucht, erklärt:
Die Huthis haben in jedem Viertel Aufseher eingesetzt. Der nimmt die Kinder mit zu Koran-Kursen - und von dort sucht er manche aus für den Waffenunterricht und dann für die 'Junge Armee'.
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Abdu Ali Al-Hozaifi, Menschenrechtler
Vor Ort im Huthi-Gebiet hat das ZDF-Team an vielen Checkpoints Teenager als Soldaten gesehen. Das Team war stets von zwei Begleitern der Staatssicherheit und des Informationsministeriums umgeben, Interviews wurden überwacht, jeder private Austausch mit Interviewpartnern unterbunden. Poster und Abbilder "heldenhafter Märtyrer" prägen die Städte.
Mehr über das Arbeiten in Krisen- und Kriegsgebieten, Momente der Hoffnung und Herausforderung hören Sie im Podcast "Brave New World". Darin analysieren Golineh Atai, Katrin Eigendorf und Jagoda Marinić außenpolitische Zusammenhänge, machen sie verständlicher und nahbarer.
Ein Zustand kontinuierlicher Konflikte ist genau das, was die Bewegung als Legitimation braucht. Denn im neunten Jahr des Bürgerkrieges - und mit Beginn einer zumindest informellen, wenn auch brüchigen Waffenruhe - verlangt die Bevölkerung im Huthigebiet eine bessere wirtschaftliche Versorgung - die die Huthis aber nicht bieten können. Demonstrationen und Festnahmen waren in den vergangenen Monaten häufiger geworden - bis der Krieg in Gaza anfing.
Kriegsverbrechen gegen die Menschen im Jemen
Der Hass der Huthis auf ihre Kriegsgegner - Jemens Regierung, die von Saudi-Arabien unterstützt wird - drückt sich auch in möglichen Kriegsverbrechen gegen die eigene Zivilbevölkerung aus. In Taiz, eine Millionenstadt an der Frontlinie, die im Norden noch immer von Huthis besetzt ist - setzen sie Hunger und Durst als Kriegswaffe ein. Die Zufahrt beschränkt sich auf einen steilen Bergpass, die Wasserzufuhr ist für die meisten Einwohner blockiert, weil Huthis die Quellen belagern.
Immer noch, berichten zahlreiche Einwohner, schießen Huthi-Sniper auf Kinder auf der anderen Seite. "Ich erwarte, dass der Krieg zurückkommt", berichtet ein Journalist, der jahrelang von den Huthis gefoltert wurde. "Die Huthis glauben nicht an Frieden. Selbst während sie verhandeln (wie derzeit mit Saudi-Arabien)."
Die Huthis nutzen die Pause, um die Karten neu zu mischen, um sich neu aufzustellen und an Stärke zu gewinnen. Mit den Huthis wird der Jemen nie Frieden erreichen.
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