Vierte Hinrichtung in Singapur innerhalb eines Monats
Vier Hinrichtungen im November:Singapurs drastischer Umgang mit Drogendelikten
von Nicola Vitense-Lukat
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Wegen Heroinbesitz wurde in Singapur ein 35-Jähriger hingerichtet. Die Todesstrafe für Drogendelikte ist in Singapur nicht unumstritten, doch für viele alternativlos.
Innerhalb eines Monats hat der singapurische Staat vier Menschen hingerichtet. Unter ihnen der 35-jährige Masoud Rahimi bin Merzad (Symbolbild).
Quelle: Colourbox.de
Der 35-jährige Masoud Rahimi bin Merzad ist am Freitagmorgen im singapurischen Staatsgefängnis gehängt worden. Damit sind im südostasiatischen Stadtstaat allein in diesem Monat insgesamt vier Menschen wegen Drogenvergehen hingerichtet worden. Singapur gehört zu 52 Staaten weltweit, in denen die Todesstrafe noch vollzogen wird.
Masoud Rahimi bin Merzad wurde 2010, damals 20 Jahre alt, mit 31,14 Gramm Diamorphin, reinem Heroin, festgenommen. Laut Berechnung der staatlichen Drogenbekämpfungsbehörde CNB hätte die konfiszierte Menge der Drogen gereicht, um den Bedarf von 370 Heroinabhängigen für eine Woche zu decken.
Nach einem langjährigen Gerichtsverfahren wurde Masoud 2015 zum Tode verurteilt. Sowohl der Einspruch gegen das Urteil als auch mehrere Gnadengesuche beim Staatspräsidenten wurden abgelehnt. In einer kurzen faktischen Pressemitteilung wurde die Hinrichtung von der Gefängnisbehörde am späten Vormittag bestätigt.
Nach Angaben der iranischen Justiz ist der Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd hingerichtet worden. Ihm wurde Terror vorgeworfen, das Urteil gegen ihn trotz internationaler Kritik vollstreckt.28.10.2024 | 2:51 min
Bemühungen um letztes Videogespräch mit Vater
Transformative Justice Collective, eine Gruppe, die sich seit Jahren für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzt, hatte bis zur letzten Minute für eine Aussetzung der Strafe gekämpft. Doch selbst die Bemühungen, Masoud einen letzten Videoanruf bei seinem im Ausland lebenden Vater zu ermöglichen, sind nach ihren Angaben fehlgeschlagen. Eine Anfrage des ZDF zu diesem Sachverhalt wurde von der Gefängnisbehörde nicht beantwortet.
Wer nach Singapur kommt, landet im Chrom-strahlenden Changi Flughafen. Tausendfach auf Instagram festgehaltene Momente zeigen Reisende in dem angrenzenden Luxuscenter flanierend und den 40 Meter hohen illuminierten Wasserfall bestaunend. Ein blendender Eindruck des modernen Singapur, in dem jährlich fast 60 Millionen Reisende ankommen.
Keine sechs Kilometer entfernt existiert ein anderes Changi, das Staatsgefängnis. Es ist ein wesentlich dunklerer Platz. Seit März 2022 wurden hier wieder 24 Exekutionen durchgeführt, während der Corona-Pandemie wurden keine Todesurteile vollstreckt. In den meisten Fällen handelte es sich um Drogendelikte.
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Regierung: Mehr als zwei Drittel befürworten Todesstrafe für Drogenhändler
In einer Umfrage, die Anfang des Jahres vom Innenministerium in Auftrag gegeben worden war, stimmten 68,7 Prozent der befragten Bürger zu, dass die obligatorische Todesstrafe als Strafe für den Handel mit einer erheblichen Menge an Drogen angemessen ist.
Für den Besitz folgender Mengen von Drogen ist in Singapur die Todesstrafe obligatorisch:
Innenminister: Notwendig, um unser Volk zu schützen
Auch wenn vor allem in der jüngeren Generation die Diskussion über die Abschaffung des drakonischen Strafmaßes häufiger geführt wird, bleibt die offizielle Haltung hart. In einer Parlamentssitzung im Mai dieses Jahres argumentierte K. Shanmugam, Innen- und Justizminister:
Die Entscheidung, die Todesstrafe als Teil der gesetzlichen Strafen beizubehalten, fällt uns nicht leicht. Aber die Beweise zeigen, dass sie notwendig ist, um unser Volk zu schützen, die Zerstörung tausender Familien und den Verlust tausender Leben zu verhindern.
„
K. Shanmugam, Singapurs Innenminister
Herz oder Kopf? Singapurs Politiker verstehen sich als Menschen, die keine Ideologie vertreten, sondern praktische Lösungen für konkrete Probleme finden müssen. "Gute Politik braucht Empathie, aber noch wichtiger ist ein kühler Kopf" erklärte der Minister in einer früheren Diskussionsrunde mit Studenten der lokalen Universität.
In Mexiko wurden von der Marine 8,4 Tonnen illegaler Drogen sichergestellt. Dabei handelt es sich um den größten Drogenfund in der mexikanischen Geschichte. 19.10.2024 | 0:19 min
Shanmugam: "Meine Politik rettet mehr Leben, als sie nimmt"
Er verstehe "die ideologischen Unterschiede derjenigen, die sagen, dass es unmoralisch sei, wenn der Staat Leben nimmt. Ich sage nicht, dass das falsch ist, aber es ist eine Position, die auf Ideologie basiert. Sie basiert auf Werten. Ich habe etwas andere Werte, nämlich die Überzeugung, dass es die Verpflichtung eines Staates ist, Sicherheit und Schutz in Singapur zu gewährleisten und Leben zu retten. Und meine Politik rettet mehr Leben, als sie nimmt", erklärte er.
Die Mehrheit der Menschen im Stadtstaat scheint diese Meinung zu teilen. Auch nach vier Hinrichtungen innerhalb eines Monats wurden heute kaum kritische Stimmen laut. Die Singapurerin Carrie Lim, selbst gegen die Todesstrafe, versucht die Einstellung ihrer Mitbürger zu erklären: "Singapur gilt als saubere und sichere Stadt, die Firmen und Großunternehmen anzieht. Die extremen Strafen, die hier für Delikte verhängt werden, schrecken ab. Also funktioniert für sie das System". Herz, Kopf und Profit.
Nicola Vitense-Lukat ist Autorin im ZDF-Studio Singapur.
Quelle: dpa
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