Hürden für Harris: USA bereit für eine schwarze Präsidentin?

    Hürden für Harris:USA bereit für eine schwarze Präsidentin?

    Anna-Kleiser vor dem US-Kapitol
    von Anna Kleiser, Chicago
    |

    Kamala Harris erreicht neue Wählergruppen und bringt gute Laune in den US-Wahlkampf. Doch es gibt sexistische und rassistische Vorurteile, die ihr in die Quere kommen könnten.

    Kamals Harris steht im beigen Hosenanzug zwischen zwei US-Flaggen vor schwarzem Hintergrund.
    Seit Joe Bidens Rückzug als Präsidentschaftskandidat der Demokraten, steht Kamala Harris im Fokus der Öffentlichkeit.
    Quelle: AFP

    Vor einigen Wochen unterhielt ich mich mit einer jungen schwarzen Anwältin. Joe Biden war noch im Rennen, die Diskussionen um einen möglichen Rückzug waren in vollem Gange. "Wäre Kamala Harris eine Option?", fragte ich. Ihre Antwort:

    Es gibt nichts, das Amerika mehr hasst als Schwarze und Frauen.

    Anwältin und Demokratin gegenüber dem ZDF, Anfang Juli

    Harris sei vermutlich keine gute Option. Die Anwältin, die sich selbst als progressive Demokratin beschrieb, war mit dieser Haltung nicht allein: Die Partei sorgte sich vor rassistischen und sexistischen Vorbehalten in der Wählerschaft.
    Auch nachdem Biden seine Kandidatur zurückgezogen hatte und Vize-Präsidentin Harris als Nachfolgerin in den Fokus rückte, sagte Yvette Young, eine schwarze Demokratin aus Pennsylvania, gegenüber ZDFheute:

    Ich befürchte, dass Kamala die Unterstützung demokratischer und unabhängiger Wähler fehlen könnte.

    Yvette Young, Ende Juli

    Wahlkampf in den USA - Harris in North Carolina
    Im US-Wahlkampf spricht Kamala Harris über ihre Wirtschaftsideen. Sollte sie die Wahl gewinnen, will sie die Mittelschicht mit Steuersenkungen entlasten und Wohneigentum fördern.17.08.2024 | 2:27 min

    Von großen Zweifeln zu großer Euphorie

    Jahrelang wurde die 59-Jährige bei den Demokraten angezweifelt, auch von Präsident Biden selbst. Der ehemalige Stabschef des Weißen Hauses, Ron Klain, machte vergangenes Jahr deutlich: "Sexismus und Rassismus sind Teil des Problems, keine Frage."
    Kamala Harris
    Einwanderertochter, Juristin und erste Frau im Amt des Vizepräsidenten: Kamala Harris wird wohl im November gegen Donald Trump ins Rennen um die Präsidentschaft gehen. Ein Blick auf ihr politisches Programm. 29.07.2024 | 8:37 min
    Nun ist die Stimmung im Land eine andere, viele in den USA fühlen sich an den Wahlkampf von Barack Obama im Jahr 2008 erinnert: Getragen von einer Welle der Euphorie starten Kamala Harris und ihr Vizekandidat Tim Walz in den Parteitag der Demokraten, der an diesem Montag in Chicago startet.
    Mehrere Umfragen deuten aktuell einen kleinen Vorsprung in einem sehr knappen Rennen für Harris an.
    Dashboard US-Wahl 2024 Harris vs. Trump
    ZDFheute Infografik
    Ein Klick für den Datenschutz
    Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.

    Harris' Vertraute Jones: "Amerika ist bereit"

    LaNiece Jones kennt all die Vorbehalte - und sie kennt Harris seit Jahrzehnten. Beide sind Mitglieder der afroamerikanischen Studentinnenverbindung Alpha Kappa Alpha. Harris habe in ihrer Laufbahn alles getan, "was notwendig ist, um die Vereinigten Staaten zu führen und zu regieren", sagt Jones gegenüber ZDFheute.
    Starke Frauen werden häufig als wütend abgestempelt, vor allem auch schwarze. Jones hält dagegen: Das Land habe wichtigere Themen als die Diskussion über Hautfarben und Stereotype.

    Frauen sind sehr entschlossen, sie sind sehr geradlinig. Wenn jemand das als wütend wahrnimmt, dann ist das so. Das Entscheidende ist, dass Frauen wissen, wie man Dinge erledigt.

    LaNiece Jones

    Amerika sei bei Obama nicht bereit gewesen für einen schwarzen Präsidenten, aber er sei es geworden. Dadurch hätten er und auch Hillary Clinton als erste weibliche Bewerberin den Weg für Harris bereitet.

    Ich denke, Amerika ist jetzt bereit für die erste Frau als Präsidentin, und es wird eine schwarze Präsidentin sein.

    LaNiece Jones

    Auch die langjährige demokratische Kongress-Abgeordnete Donna Edwards sieht "eine historische Chance für die USA". Die Nation könne über sich hinauswachsen.

    Kamala Harris sich schon sehr lange auf diesen Moment vorbereitet, und sie hat gerade ihre Stimme gefunden.

    Donna Edwards, Demokratin

    Wahlkampf in den USA - Biden und Harris in Maryland
    Der US-Wahlkampf geht in die heiße Phase. Kamala Harris setzt auf ein ungewöhnliches Mittel, um Stimmen zu gewinnen: Influencer. Auch Trump bemüht sich um Präsenz auf Social Media.16.08.2024 | 2:32 min

    Trump schafft es nicht, persönliche Attacken zu stoppen

    Ihr Gegner Donald Trump und seine Anhänger hingegen schrecken nicht vor rassistischen oder sexistischen Attacken zurück. Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner stellt ihre Herkunft infrage, nennt sie "dumm" und sagt, ihr Lachen zeige, dass sie "verrückt" sei.
    Und das, obwohl Berater, Strategen und Republikaner Trump dazu drängen, sich lieber auf Harris' Politik zu konzentrieren.
    Trump sagt, er habe das Recht, Harris persönlich anzugreifen.

    Ich habe nicht viel Respekt vor ihr. Ich habe nicht viel Respekt vor ihrer Intelligenz, und ich glaube, dass sie eine schlechte Präsidentin sein wird.

    Donald Trump, Präsidentschaftskandidat

    Bei Trump-Fans dürfte das weiterhin gut ankommen.
    Der Politologe Sidney Milkis führt den Aufstieg des Republikaners Trump auch auf Obamas Präsidentschaft zurück. Dieser Fortschritt habe in "einem bestimmten Teil des Landes Unbehagen bereitet", so Milkis gegenüber ZDFheute. Trump sei ein Ergebnis der Gegenbewegung, vor allem in Kleinstädten und ländlichen Gebieten.
    Auf das ganze Land gesehen, deuten Umfragen darauf hin, dass sich Trump damit bei moderaten Wählern und vor allem bei jungen Frauen weiter ins Aus spielt. Der republikanische Wahlexperte Frank Luntz warnte diese Woche vor "politischem Selbstmord" mit Blick auf Trump.

    Die Unentschlossenen sind alle in Richtung Harris gekippt. Die Personen, die eine Tendenz für Trump hatten, sind alle in Richtung "unentschlossen" abgewandert.

    Frank Luntz, republikanischer Meinungsforscher

    14.08.2024: Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige Präsident Donald Trump lächelt nach seiner Rede bei einer Wahlkampfveranstaltung in Asheville, N.C.
    Der US-Wahlkampf hat durch die Kandidatur von Kamala Harris neuen Schwung aufgenommen. Währenddessen nimmt die Kritik an Kandidat Donald Trump innerhalb der Republikaner zu. 15.08.2024 | 1:50 min

    Parteitag kann über Bild von Harris entscheiden

    Der Parteitag der Demokraten bietet Harris die Chance, ihre Botschaft an ein Millionenpublikum zu senden. Was setzt sie dem von Männlichkeit geprägten Parteitag der Republikaner entgegen?
    Am Donnerstagabend (Ortszeit) wird sie die bisher wichtigste Rede ihres Lebens halten. Dort muss sie zeigen, dass sie sich nicht länger im Schatten der Vizepräsidentschaft versteckt, sondern die Stärke hat, die Nation zu führen.
    Einige Teile Amerikas wird sie damit nicht erreichen, egal was ihre inhaltliche Botschaft ist. Das Rennen um die Präsidentschaft gegen Donald Trump bleibt knapp. Doch aktuell, so scheint es, ist das Land so bereit wie noch nie für eine schwarze Frau an der Spitze.
    Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.

    Mehr zu den Wahlen in den USA