Daten israelischer Soldaten, darunter auch hochrangige Kommandeure, wurden von der Hamas im Netz verbreitet. (Archivbild)
Quelle: dpa
Die Aufmachung des Dossiers ist martialisch: Auf der ersten Seite prangt das Logo des militärischen Arms der
Hamas, darunter ein Fadenkreuz, dann der Name eines
israelischen Soldaten. Auf 36 Seiten ist nachzulesen, wann er geboren wurde, wo er wohnt, wie seine Handynummer und seine - eigentlich vertrauliche - nationale ID-Nummer lauten. Durch einen Klick gelangt man angeblich sogar zum Passwort seines E-Mail-Kontos. Die Terrororganisation Hamas hat all das offenbar zusammengetragen. "Für die Vergeltung an den Mördern der Kinder von Gaza", ist auf dem Deckblatt zu lesen.
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Offenbar gelangte Hamas an Tausende E-Mail-Passwörter
Das Dossier über den 30-jährigen Soldaten ist kein Einzelfall. Dokumente über mehr als 2.000 Männer und Frauen, darunter auch hochrangige Kommandeure, kursieren spätestens seit Dezember im Internet, zunächst in eher dunkleren Ecken, seit einer Woche sind sie für jedermann mit ein paar Klicks zu finden. In den ZDF frontal vorliegenden Dokumenten sind mehr als 200.000 Personen aus dem Umfeld der Soldatinnen und Soldaten gelistet - in mehr als 42.000 Fällen liegen der Hamas offenbar sogar deren E-Mail-Passwörter vor.
Die Sammlung offenbart eine massive Sicherheitslücke beim israelischen Militär - zumal die israelischen Kommandeure offenbar nicht alle Soldaten und ihre Familien gewarnt haben, wie ZDF-Nachfragen bei Betroffenen ergeben haben. "Der Vorfall ist bekannt", erklärt das israelische Militär zu den Dossiers, man habe sich vor Monaten "darum gekümmert". Experten fordern nun eine offizielle Untersuchung des Falles.
Daten zeigen Schwachstelle beim israelischen Militär
Die auf die Veröffentlichung von gehackten Daten spezialisierte Gruppe Distributed Denial of Secrets (DDoSecrets) hat die mehr als 2.000 Dokumente am vorvergangenen Sonntag veröffentlicht. Das ZDF hatte vor der Veröffentlichung durch DDoSecrets die Möglichkeit, die Unterlagen zusammen mit der "Zeit", dem österreichischen "Standard" und der israelischen Zeitung "Haaretz" zu analysieren. Eine stichprobenartige Überprüfung zeigt, dass die Daten echt sind, auch wenn die Zuordnung mitunter falsch ist: Die vermeintlichen Handynummern von Soldaten entpuppten sich in mehreren Fällen beispielsweise als die Nummern ihrer Mütter.
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel hat sich in Deutschland die Zahl antisemitischer Vorfälle deutlich erhöht.14.08.2024 | 10:11 min
In den falschen Händen können vermeintlich unverfängliche Informationen wie Telefonnummern leicht missbraucht werden: etwa für psychologische Kriegsführung durch Drohanrufe oder Anrufe bei Vätern, Müttern und Großeltern, die fälschlicherweise behaupten, Kinder und Enkel seien im Gazastreifen gefallen. Tatsächlich betreffen laut einer ZDF-Analyse fast 67 Prozent der geleakten Dossiers Soldaten und Soldatinnen unter 30 Jahren - also genau jene Altersgruppe, die derzeit vorrangig im
Gazastreifen im Kampfeinsatz ist.
"Wir haben keine Angst, wir sind Juden, die Söhne Gottes"
Unklar ist, wie es der Hamas gelang, so viele sensible Informationen so vieler Personen zu sammeln. Vieles deutet darauf hin, dass die Terrorgruppe auf frühere Datenleaks und gehackte Daten zurückgegriffen hat, um die Dossiers zusammenzustellen. Die Hamas wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern.
Etliche der betroffenen Soldaten, scheint es indes nicht sonderlich zu stören, dass ihre Daten kursieren. "Wir haben keine Angst, wir sind Juden, die Söhne Gottes", schrieb einer per
Whatsapp. Dazu schickt er: fünf lachende Smileys.
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.