Parlamentswahl in Großbritannien:Was für einen Machtwechsel in London spricht
von Wolf-Christian UIrich, London
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2024 wählt das Vereinigte Königreich ein neues Parlament. Die Tories um Premierminister Rishi Sunak haben wenig Grund zu Optimismus. Zu groß ist der Ärger über den Zustand im Land.
In der zweiten Jahreshälfte steht die britische Unterhauswahl an. In Umfragen liegt Premierminister Sunak deutlich hinter der Oppositionspartei Labour um Starmer.09.01.2024 | 2:16 min
2024 beginnt mit einem Mega-Streik in Großbritannien: Die Assistenz-Ärzte legen sechs Tage lang die Arbeit nieder. Sie fordern Inflationsausgleich. Das marode Gesundheitswesen ist Topthema für viele Briten: 7,7 Millionen Menschen warten auf eine Krankenhaus-Behandlung. Rekord.
Hohe Lebenshaltungskosten in Großbritannien
Glauben Sie, dass die Tory-Regierung die Lage verbessert, fragen wir eine junge Medizinerin. "Ich glaube der Regierung gar nichts mehr," meint Eleanor Breen-O’Byrne vom Londoner St. Thomas Hospital. "Man muss sich nur anschauen, was sie die letzten 10 Jahre gemacht haben."
So geht es vielen im Land. Blumige Brexit-Versprechungen: Nicht eingelöst. Die Lebenshaltungskosten: Sehr hoch. "Durch die Bank werden die Wähler dieses Jahr ärmer zur Wahlurne gehen als bei der letzten Wahl," sagt Matthew Holehouse, Journalist beim Magazin The Economist. "Dabei sollten die Leute am Ende einer Regierungszeit besser dastehen."
Das wird sehr, sehr schwer für die Regierung.
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Matthew Holehouse, The Economist
Sunak deutet Wahl in zweiter Jahreshälfte an
In der Tat ist die konservative Partei in den Umfragen abgestürzt. Auch Premierminister Rishi Sunak konnte das nicht verhindern. Er fand kein Thema, mit dem er das Volk begeistern kann. Vielmehr scheint es, als habe er das Gefühl für den Puls des Landes verloren. Obwohl die Mehrheit der Briten eher auf Seiten der jungen Ärzte stehen, behauptet er, ihr Streik sei mit am Elend im Gesundheitswesen Schuld. Es könne nicht mehr Geld für sie geben, sonst bleibe nichts für Steuersenkungen.
Britische Assistenzärzte haben den längsten Streik in der Geschichte des staatlichen Gesundheitsdienstes begonnen. Sechs Tage lang legen sie ihre Arbeit nieder.04.01.2024 | 1:49 min
Sunak deutet eine Parlamentswahl in der zweiten Jahreshälfte an. Vorher würde er ohnehin verlieren, höhnen seine Gegner. Es gebe für ihn noch viel zu tun, meint er selbst - und verspricht, die illegale Migration einzudämmen.
Sunaks Asylgesetz entzweit Tories
Die Hoffnung: Vor der Wahl noch Flüchtlinge oder Migranten öffentlichkeitswirksam nach Ruanda abzuschieben. Sunaks Tories sind darüber gespalten: Den Rechten ist er vor allem in der Migrationspolitik zu weich. Obwohl er etwa Widersacherin Suella Braverman feuerte, gelingt es Sunak bisher nicht, die Hardliner in Reihe zu bringen.
Es gibt große Konflikte um Migration, die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Es ist eine rebellische Partei, die sich schwer auf ein gemeinsames Programm festlegen lässt.
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Matthew Holehouse, "The Economist"
Von Sunaks Schwäche profitiert die rechte Partei Reform UK. Manche munkeln gar, sie trete wieder mit Brexit-Mann Nigel Farage an, der seine Kompetenzen jüngst in einer Dschungelshow zur Schau stellte.
Labour-Partei liegt in Umfragen vorn
In Umfragen führt jedoch zweistellig: die Labour-Partei unter ihrem Chef Keir Starmer. Sunaks Tories untergraben das Vertrauen der Menschen in redliche Politik, so sein Vorwurf.
Seit Monaten besetzt der Premierminister die Downing Street. Er zittert und verzögert - obwohl das Land Veränderung will.
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Keir Starmer, Chef der oppositionellen Labour-Partei
Seine Taktik: Wahlkampf ohne anzuecken. Auch wenn er damit von Migration über Gesundheitswesen bis zur Steuerpolitik ein genaues Programm vermissen lässt. "Starmer muss seine Umfragewerte jetzt wie eine Ming-Vase über ein frisch gebohnertes Parkett tragen," so Matthew Holehouse.
Brexit oder Bregret?: Warum der EU-Austritt kein Wahlkampfthema ist
Annäherung zwischen UK und EU?
Immer wieder hört man, eine Labour-Regierung würde der EU gegenüber freundlicher auftreten: Konstruktiver, offener, kooperativer. Doch zum einen möchte sie nicht mehr pro-EU wirken, als es das Land vertragen kann. Und zum anderen ist Starmers Truppe jung, manche unerfahren und vor allem: mit EU-Abläufen wenig vertraut. Die Insel hat sich unmerklich sehr weit von der EU entfernt. Neue Bande zu knüpfen wird für alle Seiten anstrengend.
Nach 14 Jahren Tory-Regierung unter fünf Premierministern könnte, möchte man Umfragen glauben, das Land dieses Jahr einen Neuanfang wagen. Ob Starmer oder Sunak - die Aufgabe, das Vereinigte Königreich den eigenen Ansprüchen gerecht werden zu lassen, wird täglich größer.
Wolf-Christian UIrich ist Korrespondent im ZDF-Studio London.
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