Ukraine-Treffen: Ein inoffizieller EU-Gipfel ohne Beschlüsse
Ukraine-Treffen in Paris:Ein inoffizieller EU-Gipfel ohne Beschlüsse
von Anna Warsberg, Paris
|
Die einen drängen, die anderen bremsen, wieder andere waren gar nicht zu diesem Sondergipfel geladen. Erwartet werden jetzt schnelle starke, konkrete und gemeinsame Antworten.
In Paris trafen sich Europas Regierungsspitzen am Montag, um über die Beteiligung der Europäer an den Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine zu beraten.18.02.2025 | 2:33 min
Knapp zwei Stunden dauert der Sondergipfel, dann verlässt Bundeskanzler Olaf Scholz das Pariser Treffen als erster: Fragerunde in der Wahlarena zur Bundestagswahl in Berlin. Vorher noch ein Statement auf der Dachterrasse der Deutschen Botschaft.
Er sagt, die europäischen Staats- und Regierungschefs hätten diskutiert, wie man mit der weiteren Situation umgehen wolle - bei der Unterstützung der Ukraine, aber auch im Hinblick auf europäische Sicherheit und eigene Stärke.
Das ist wichtig, auch wenn das nicht das Format ist, wo wir Entscheidungen treffen. Das machen wir im Europäischen Rat.
„
Olaf Scholz, Bundeskanzler
Das sagt der Bundeskanzler, kurz nachdem er aus dem Elysée-Palast kommt. Keine konkreten Ankündigungen, keine klaren Antworten auf den Kurswechsel der USA in ihrer Ukraine-Politik. Schließlich fehlen bei diesem Treffen auch die allermeisten kleineren EU-Staaten.
Politikwissenschaftler Klemens Fischer, Experte für Außen- und Sicherheitspolitik, über den Sondergipfel in Paris zur Ukraine-Unterstützung und das USA-Russland-Treffen in Saudi-Arabien am Dienstag.17.02.2025 | 15:08 min
Die Zeit drängt
Es steht die die Frage im Raum, was die Europäer zu einem möglichen Friedensdeal beitragen können. Ob sie es schaffen, mit einem gut geschnürten Paket auf die USA zuzugehen und so vielleicht doch bei den Verhandlungen um einen Frieden in der Ukraine eine Rolle spielen.
"Es gibt kein geschriebenes Gesetz, was die Amerikaner und Russen dazu verpflichten würde, jetzt Vertreter der Europäischen Union oder der europäischen Staaten in diese Verhandlungen hineinzuholen", sagt Jacob Ross von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
Er glaube, das sei der erste Moment einer sich abzeichnenden neuen Welt, in der eben nicht zählt, welche Verhandlungen und Bündnisse es gibt, sondern "wer am Ende wie viel Macht hat in Form von Kampfbrigaden, Divisionen, Waffensystemen, die an der Front Wirkung zeigen können. Und davon haben die Europäer immer noch viel zu wenig".
In Paris fand auf Einladung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ein Sondergipfel zur Unterstützung der Ukraine statt. Eine Einschätzung von ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers.17.02.2025 | 4:15 min
Scholz: "Unpassende Debatte zur falschen Zeit"
Dabei fehlt es vor allem an Einigkeit. In der Debatte um eine Friedenstruppe zur Sicherung eines möglichen Waffenstillstands wird das besonders deutlich. Nach außen hin zumindest bleibt Olaf Scholz auch nach dem Pariser Treffen bei seiner Haltung dazu: "Aus meiner Sicht werden ja viele unterschiedliche Dinge diskutiert, von internationalen Friedenstruppen bis zu sonstigen Dingen." Für ihn sei klar, dass das eine "unpassende Debatte zur falschen Zeit und über das falsche Thema ist".
Wir sind noch nicht beim Frieden, sondern mitten in einem brutal von Russland vorgetragenen Krieg, der ohne Rücksicht weiter vorangetrieben wird.
„
Olaf Scholz, Bundeskanzler
Auch Polen erklärt sich nicht bereit, eigene Soldaten in die Ukraine zu schicken.
Emmanuel Macron nutzt den Moment
Während sich der Gastgeber an diesem Montag, der französische Präsident Emmanuel Macron, bestätigt fühlen dürfte. Denn er treibt das Thema einer europäischen Friedenstruppe schon länger voran. Nun können sich auch Großbritannien, Dänemark, Schweden und die Niederlande durchaus vorstellen, wenn nötig, Soldaten in der Ukraine zu stationieren.
Frankreichs Präsident Macron hat nach dem europäischen Sondergipfel in Paris mit dem ukrainischen Staatschef Selenskyj telefoniert. Auch mit US-Präsident Trump sprach Macron.18.02.2025 | 0:26 min
Doch bisher gibt es eben keine Beschlüsse. Das Treffen in Paris ist nur eine Art europäisches Brainstorming. Die Europäer werden wohl weiter beraten. Mit allen Mitgliedsstaaten auf einem offiziellen EU-Gipfel. Der ist für Mitte März angesetzt. Aber "das kostet Zeit, die wir nicht mehr haben, die die Ukraine vor allem nicht hat. Ich glaube, auch das ist in München absolut deutlich geworden", betont Jacob Ross.
Dieser Tag zeigt: Ein Teil Europas scheint noch in einer Art Schockstarre zu sein, über den Zerfall der transnationalen Beziehungen. Der andere Teil will jetzt so schnell wie möglich handeln, eine eigene Verteidigungssicherheit aufbauen. Unabhängig von den USA.
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.