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Wahl in Georgien :Erneute Auszählung als taktisches Manöver?
von Felix Klauser
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Ein Teil der Stimmzettel wird erneut gezählt. Doch der Vorwurf der Opposition bezieht sich gar nicht auf falsch gezählte Stimmen. Der Vorgang wirkt wie ein Schachzug der Regierung.
Nach Fälschungsvorwürfen bei der Parlamentswahl in Georgien lässt die Wahl-Kommission die Stimmzettel teilweise neu auszählen. ZDF-Korrespondent Coerper berichtet aus Tiflis.29.10.2024 | 1:27 min
Als es am Montagabend mehr als zehntausend Protestierende vor das Parlament in Tiflis zieht, ertönt zum Ende der Veranstaltung - na klar - die Europahymne. Sie ist der Soundtrack des Protests: gegen die Regierung und das Ergebnis der Parlamentswahl, das die Anwesenden nicht anerkennen.
Präsidentin Surabischwili: "Eure Stimme wurde geklaut"
Die Vorwürfe der manipulierten Wahl machen schon seit Tagen die Runde. Auf dem Parlamentsplatz in Georgiens Hauptstadt werden sie erneut auch von der proeuropäischen Präsidentin des Landes wiederholt: "Eure Stimme wurde geklaut", ruft Salome Surabischwili in die Menschenmenge.
Angesichts der Vorwürfe könnte die Nachricht, die am Dienstagmorgen publik wird, ein gutes Zeichen sein und die Opposition erfreuen. Doch so einfach ist es nicht. Denn die erneute Auszählung eines Teils der Stimmen, die die georgische Wahlkommission heute durchführen lässt, liest sich für manch einen Beobachter mehr wie ein taktisches Manöver als echte Aufklärung.
Die Wahlkommission in Georgien lässt nach der umstrittenen Parlamentswahl die Stimmzettel neu auszählen. Zuvor hatten Zehntausende gegen das Ergebnis protestiert.29.10.2024 | 0:29 min
Vorwurf bezieht sich nicht auf Auszählung selbst
Denn der Vorwurf der Opposition bezog sich ja nicht auf die falsche Auszählung der Stimmzettel. Oder Probleme mit den neu eingeführten Wahlcomputern, die Manipulation deutlich erschweren sollten.
Das Problem sehen Präsidentin und Opposition vielmehr schon im Vorfeld der eigentlichen Wahl. Sie beklagen die Beeinflussung von Wählerinnen und Wählern vor Wahllokalen, den Kauf von Stimmen im Vorfeld der Abgabe, die Einschüchterung von Wählern durch Gewalt.
Diese Form der Manipulation ist viel schwerer zu belegen. Ein Dilemma, das der Präsidentin durchaus bewusst ist: "Natürlich kann man das nicht beweisen", sagt sie am Montag im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Aber die klaren Verbindungen der Regierungspartei zu Russland zeigen sich doch in den zahlreichen Unterstützungsbotschaften, die sie erhalten."
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Regierungspartei könnte neue Auszählung für sich nutzen
Die Regierungspartei Georgischer Traum dementiert die Vorwürfe naturgemäß. Mit der neuerlichen Auszählung - und einem womöglich ähnlich ausfallenden Wahlergebnis - könnte sie versuchen, die Vorwürfe endgültig zu entkräften.
Die Opposition in Georgiens Hauptstadt Tiflis reagiert dementsprechend verhalten auf den Vorstoß der Wahlkommission. Sie sieht die Kommission ohnehin politisch nah an der Regierung und keineswegs unabhängig.
Orban zu Besuch in Tiflis
Und noch einer könnte die erneute Auszählung für sich zu nutzen wissen: Viktor Orban. Er war der erste Gratulant des Georgischen Traums - noch bevor das Wahlergebnis offiziell verkündet wurde. Jetzt ist er auch der erste hochrangige Politiker aus dem Ausland, der nach der Wahl nach Tiflis reist. Empfangen wurde er am Flughafen vom georgischen Außenminister - später allerdings auch von pfeifenden Demonstranten vor seinem Hotel.
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Dass sein Besuch und die Nachricht der neuerlichen Auszählung aufeinandertreffen, hilft Orban ungemein. So kann er seine Reise als Mission für die Demokratie verkaufen - und die Kritik aus der Europäischen Union abtun.
Auszählung läuft bereits
Seit 11 Uhr Ortszeit läuft die Auszählung in den Wahllokalen außerhalb von Tiflis. In der Hauptstadt selbst soll ab 17 Uhr mit dem Zählen begonnen werden. Ergebnisse werden für den Abend erwartet. Die Wahl in Georgien ist noch immer nicht entschieden.
Felix Klauser berichtet als ZDF-Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.
Quelle: ZDF
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