"Agentengesetz": Wieso sich Putin die Hände reiben dürfte
Georgien billigt Gesetz:Warum das "Agentengesetz" Putin freuen dürfte
von Nina Niebergall
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Trotz massiver Proteste hat Georgiens Regierung ein umstrittenes Gesetz verabschiedet. Kritiker fürchten, dass Medien und NGOs damit diskreditiert werden sollen. Wie in Russland.
Im georgischen Parlament fliegen wieder die Fäuste. Während das Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" diskutiert wird, bricht Tumult aus, Abgeordnete der Opposition und der Regierungspartei gehen aufeinander los.
Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art. Es zeigt wieder einmal, wie sehr das Gesetz, das in Georgien viele nur das "russische Gesetz" nennen, die Gemüter spaltet.
Umstrittenes Gesetz verabschiedet
Doch auch mit Gewalt lässt es sich nicht mehr aufhalten: Das umstrittene Gesetz wurde am Nachmittag in Tiflis verabschiedet. Es sieht vor, dass Medien, Nichtregierungsorganisationen und andere gemeinnützige Organisationen sich registrieren lassen müssen, wenn sie mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten und "die Interessen einer ausländischen Macht verfolgen".
Vor dem Parlament gaben Tausende Demonstrierende bis zum Schluss nicht auf. Obwohl es seit Tagen regnet, und die Polizei teils gewaltsam gegen die Menschen vorging, die sich friedlich vor dem Parlament versammelten. Allein am Montagmorgen wurden etwa 20 Personen festgenommen. Der georgische Innenminister hatte zuletzt mit bis zu vier Jahren Haft gedroht für Demonstrierende, die das Parlamentsgebäudes blockieren.
"Offensichtlich haben sie beschlossen, das 'russische Gesetz' zu übernehmen", sagt Ana Lapiashwili, die in Tiflis demonstriert.
Wir glauben, dass dieser Weg nach Russland führt. Diese Gesetzgebung ist von Russland auferlegt und sie wird uns definitiv nicht in die Europäische Union führen.
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Ana Lapiashwili, Demonstrantin
"Unser Ziel ist es, diese pro-russische Regierung loszuwerden. Wir kämpfen für unsere europäische Zukunft", sagt Demonstrantin Nana.
Kritik an "russischem Gesetz"
Die Regierungspartei "Georgischer Traum" begründet das Gesetz damit, dass Transparenz über ausländische Finanzhilfen für Nichtregierungsorganisationen herrschen müsse. Kritiker*innen aber sehen eindeutige Parallelen zum Gesetz gegen "ausländische Agenten" in Russland. Das erlaubt es den dortigen Behörden, massiv gegen kritische Medien und Organisationen vorzugehen.
Vor allem junge Georgier*innen fürchten, dass ihr Land sich damit vom Westen abwendet. Georgien ist seit Dezember offiziell EU-Beitrittskandidat, die Zustimmung zu einem Beitritt liegt bei rund 80 Prozent.
Eine Annäherung an Moskau lehnen viele Georgier ab. Denn Russland hält rund 20 Prozent des Landes in Südossetien und Abchasien besetzt. Viele fürchten, dass Wladimir Putin sich langfristig damit nicht zufrieden geben wird, Georgien ein ähnliches Schicksal droht wie der Ukraine.
Regierung biedert sich an Moskau an
Trotzdem biederte sich die georgische Regierung Moskau zuletzt immer weiter an, zuletzt mit dem umstrittenen Gesetz. Marcel Röthig, der für die Friedrich-Ebert-Stiftung in Tiflis arbeitet, erklärt das so:
Die Regierung wollte ein Signal nach Moskau schicken, dass man es mit der europäischen Integration nicht zu weit treibt. Sie ist getrieben von der Angst, die Macht zu verlieren.
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Marcel Röthig, Friedrich-Ebert-Stiftung
Dahinter steckt vor allem ein Mann: Bidsina Iwanischwili, starker Mann des "Georgischen Traum", der mit Geschäften in Russland zum Milliardär geworden ist. Die führenden Köpfe der Partei und ihre Familien seien abhängig von Iwanischwili, sagt Röthig.
Dass es einen Anruf aus dem Kreml gab, glaubt der Kaukasus-Experte nicht. Aber:
Man wird sich in Moskau sicherlich die Hände reiben. Denn auch ohne eigenes Zutun haben sie es geschafft, dass Georgien und der Westen entzweit sind. Das ist sehr im Interesse des Kreml.
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Marcel Röthig, Friedrich-Ebert-Stiftung
Doch die georgische Regierung könnte sich verkalkuliert haben. "Der 'Georgische Traum' unterschätzt massiv die eigene Bevölkerung und die Proteste auf der Straße", glaubt Röthig.
Ich sehe Georgien noch nicht auf dem Weg in russische Verhältnisse, aufgrund der Bevölkerung, der Stimmung und einer inspirierenden jungen Generation, die den Protest alltäglich auf die Straße trägt. Diese Leute stehen für den europäischen Traum.
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Marcel Röthig, Friedrich-Ebert-Stiftung
In Tiflis kündigen die Demonstrierenden bereits an: Man werde bis zur Parlamentswahl im Oktober weitermachen. Um die russlandfreundliche Regierung endlich loszuwerden.
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