Gestern ließ Deutschland den russischen "Tiergartenmörder" gegen westliche Journalisten und Privatpersonen frei. Bundesaußenministerin Baerbock sprach von einem Dilemma.02.08.2024 | 1:48 min
Nach dem größten
Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen seit dem Kalten Krieg sind die Freigelassenen in Deutschland und den USA empfangen worden. Unter ihnen sind Journalisten, politische Aktivisten und Gegner des russischen Kriegs in der
Ukraine. Der jüngste Ex-Gefangene ist 19, der älteste 71. Wer die Freigelassenen sind - ein Überblick:
Von Russland und Belarus freigelassen
Evan Gershkovich: Der "Wall Street Journal"-Reporter war im März 2023 in der russischen Stadt Jekaterinburg festgenommen worden. Die Behörden warfen ihm vor, im Auftrag des US-Auslandsgeheimdiensts CIA "geheime Informationen" über eine militärische Fabrik gesammelt zu haben, ohne dafür Beweise zu nennen. Gershkovich und die US-Regierung bestritten die Vorwürfe. (
2024 zu 16 Jahren Haft verurteilt)
Inzwischen sind einige freigelassene russische Oppositionelle in Bonn gelandet und haben sich zum Geschehen geäußert. Um was es dabei ging, weiß ZDF-Reporterin Ina Baltes vor Ort. 02.08.2024 | 1:14 min
Paul Whelan: Die Führungskraft im Sicherheitssektor aus Michigan war 2018 in Moskau verhaftet worden. Ihm wurde Spionage vorgeworfen. Der 54-Jährige hat die Vorwürfe als erfunden zurückgewiesen. (2020 zu 16 Jahren Haft verurteilt)
Alsu Kurmasheva (Mitte) umarmt nach der Freilassung ihre Töchter.
Quelle: AP
Alsu Kurmasheva: Die Frau mit der amerikanischen und der russischen Staatsbürgerschaft war 2023 in ihrer Heimatstadt Kasan festgenommen worden. Die Redakteurin für den von der US-Regierung finanzierten Sender Radio Free Europe/Radio Liberty mit Wohnsitz Prag wurde beschuldigt, sich nicht als "ausländische Agentin" angemeldet zu haben. Ihr wurde vorgeworfen, Falschinformationen über das russische Militär verbreitet zu haben. Ihre Familie und ihr Arbeitgeber wiesen die Vorwürfe zurück. (
2024 zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt)
Wladimir Kara-Mursa bei einer Anhörung vor Gericht in Moskau(Februar 2023).
Quelle: AP
Wladimir Kara-Mursa: Der Mann mit der russischen und der britischen Staatsbürgerschaft ist ein prominenter Oppositionspolitiker. Er wurde 2022 festgenommen, nachdem er den russischen Krieg in der Ukraine kritisiert hatte. 2023 wurde er wegen Hochverrats und anderer Vorwürfe zu 25 Jahren Haft verurteilt. Kara-Mursa betrachtet den Fall als politisch motiviert. 2015 und 2017 war Kara-Mursa wegen zwei beinahe tödlicher Vergiftungen erkrankt, für die er den Kreml verantwortlich macht.
Ilja Jaschin: Der prominente Kreml-Kritiker hatte eine achteinhalbjährige Haftstrafe bekommen, weil er den Krieg in der Ukraine kritisiert hatte. Jaschin gehörte einst zum Stadtrat von Moskau. Er ist einer der wenigen bekannten oppositionellen Aktivisten, die seit Kriegsbeginn in Russland geblieben waren.
Andrej Piwowarow: Der 42-Jährige war Chef der oppositionellen Gruppe Offenes Russland, die 2021 von den russischen Behörden verboten wurde. Piwowarow wurde im gleichen Jahr aus einem Flugzeug geholt und verhaftet. Später wurde er wegen des Vorwurfs verurteilt, er habe Aktivitäten für eine "unerwünschte" Organisation betrieben. (2022 zu vier Jahren Haft verurteilt)
Oleg Orlow in Handschellen vor Gericht. (Archivbild).
Quelle: dpa
Sascha Skotschilenko: Die 33-Jährige war im November zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, weil ihr vorgeworfen wurde, in einem Supermarkt mehrere Preisschilder durch Anti-Kriegs-Slogans ersetzt zu haben.
Xenia Fadejewa, Lilja Tschanyschewa und Wadim Ostanin: Alle drei sind frühere Mitarbeitende von Büros des verstorbenen Oppositionellen
Alexej Nawalny. Sie wurden verhaftet, nachdem das politische Netzwerk Nawalnys 2021 verboten worden war. Sie wurden später wegen Extremismusvorwürfen verurteilt. Die 32-jährige Fadejewa und der 47-jährige Ostanin bekamen jeweils neun Jahre Haft. Die 42-jährige Tschanyschewa bekam neuneinhalb Jahre.
Es ist der größte Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen seit dem Kalten Krieg. Die ZDF-Korrespondenten aus Berlin, Moskau und Washington ordnen ein. 02.08.2024 | 4:37 min
Kevin L.: Der 19-jährige Mann mit deutscher und russischer Staatsbürgerschaft war im Februar 2023 im Süden von
Russland festgenommen worden. Ihm wurde vorgeworfen, Fotos von einer militärischen Einheit gemacht zu haben und sie an einen "Vertreter eines ausländischen Staats" geschickt zu haben. Laut Gerichtsvertretern lehnte L. den Krieg in der Ukraine ab. L. wurde wegen des Vorwurfs des Hochverrats zu vier Jahren Haft verurteilt.
Der belarussische Präsident Lukaschenko hat den zum Tode verurteilten Rico K. begnadigt. ZDFheute live zu den Hintergründen des Deals.30.07.2024 | 15:45 min
Demuri W.: Der Politikwissenschaftler mit russischer und deutscher Staatsbürgerschaft hatte eine Beraterfirma betrieben, die Berichten zufolge mit Journalisten zusammenarbeitete. 2021 wurde er festgenommen und 2023 wegen Hochverrats zu 13 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.
Patrick S.: Der Deutsche war im Februar am Flughafen Pulkowo in St. Petersburg festgenommen worden, weil in seinem Besitz Cannabis-Gummibärchen entdeckt worden sein sollen. Seitdem war er
wegen Vorwürfen des Drogenschmuggels inhaftiert.
German M.: Der russische und deutsche Staatsbürger ist Anwalt für Migration und hatte Russen geholfen, ein Aufenthaltsrecht für die
EU zu beantragen. Im Mai wurde er in St. Petersburg festgenommen. Ihm soll Hochverrat vorgeworfen worden sein. Zu seinem Fall ist wenig bekannt.
Der Gefangenenaustausch zwischen Deutschland und Russland zeigt, dass Putin erfolgreich Kriminelle freipressen kann. International wird der Austausch gefeiert. 02.08.2024 | 1:43 min
Vom Westen freigelassen
Wadim Krassikow, der "Tiergartenmörder": Er wurde 2021 schuldig gesprochen, den 40-jährigen georgischen Staatsbürger Selimchan "Tornike" C., einen ethnischen Tschetschenen, in Berlin erschossen zu haben. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass es sich um ein Attentat gehandelt habe, das der russische Sicherheitsdienst in Auftrag gegeben habe. Der 58-jährige K. wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.
Wadim Krassikow, bekannt als der "Tiergarten-Mörder", am Flughafen von Ankara in der Türkei auf dem Weg in ein russisches Flugzeug.
Quelle: Russian Federal Security Service/AP
Der Kreml bestätigte nun erstmals, dass es sich bei Krassikow um einen Agenten des russischen Geheimdienstes FSB handelt. "Krassikow ist ein Mitglied des FSB", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Er habe der Eliteeinheit "Alpha" des Geheimdienstes angehört.
Pawel Rubzow: Er ist einer von mehreren Personen, die seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine wegen Vorwürfen der Spionage für Russland in
Polen festgenommen wurden.
Roman Selesnew: Der Sohn eines russischen Parlamentsmitglieds wurde 2017 in den
USA wegen eines Hackerangriffs auf mehr als 500 Unternehmen und des Diebstahls von Millionen Kredikartennummern schuldig gesprochen. Die Nummern soll er auf Webseiten verkauft haben. Der russische Staatsbürger bekam 27 Jahre Haft.
Wladislaw Klyuschin: Der wohlhabende Geschäftsmann mit Verbindungen zum Kreml war 2023 in Boston wegen Betrugs schuldig gesprochen worden. Das ihm vorgeworfene Betrugssystem im Umfang von knapp 100 Millionen Dollar soll sich auf geheime Informationen über Gewinne gestützt haben, die über einen Hackerangriff auf US-Computernetzwerke gestohlen worden sein sollen. Der 43-Jährige bekam neun Jahre Haft. Er wurde in der Schweiz verhaftet und 2021 an die USA ausgeliefert.
Es ist ein spektakulärer Deal zwischen Russland und dem Westen: Nutzt der Gefangenenaustausch Präsident Putin? Hat sich der Westen angreifbar gemacht? Armin Coerper in Moskau. 01.08.2024 | 1:51 min
Wadim Konoschtschenok: Der mutmaßliche Offizier des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB wurde im vergangenen Jahr von Estland an die USA ausgeliefert. Ihm wurde vorgeworfen, Munition und Technologie geschmuggelt zu haben, um den russischen Krieg in der Ukraine zu unterstützen. Laut US-Staatsanwaltschaft war er 2022 bei der versuchten Ausreise von Estland nach Russland festgenommen worden.
Artem Dulzew und Anna Dulzewa: Das russische Paar war 2022 in Ljubljana in Slowenien unter Spionageverdacht festgenommen worden. Es bekannte sich am Mittwoch zu den Vorwürfen schuldig. Beide bekamen 19 Monate Haft.
Michail Mikuschin: Er wurde 2022 in Norwegen unter Spionageverdacht festgenommen. Der norwegische Inlandsgeheimdienst PST sagte, Mikuschin habe bei seiner Einreise angegeben, er sei brasilianischer Staatsbürger. Laut Ermittlern arbeitete er unter falscher Identität in Norwegen für einen russischen Geheimdienst.
Die Bundesregierung ist beim Gefangenenaustausch mit Russland einen Weg gegangen, der "juristisch eigentlich nicht dafür vorgesehen ist", sagt ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke.01.08.2024 | 2:10 min
Quelle: AP