G20: Südafrikas Präsidentschaft für das nächste Jahr startet
Historische Chance für Afrika:Premiere: Südafrika übernimmt G20-Vorsitz
von Verena Garrett, Johannesburg
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Südafrika übernimmt als erstes afrikanisches Land den G20-Vorsitz. Das könnte ein entscheidender Moment für den Kontinent sein.
Brazil's President Luiz Inacio Lula da Silva greets South Africa's President Cyril Ramaphosa, at the G20 summit, in Rio de Janeiro, Brazil, November 18, 2024. Brazilian Presidency/Handout via REUTERS THIS IMAGE HAS BEEN SUPPLIED BY A THIRD PARTY. NO RESALES. NO ARCHIVES.; 3TP NARCH/NARCH30
Quelle: Reuters
Ein Hammer als Zeichen. Vom Alten zum Neuen: Zur symbolischen Übergabe der G20-Präsidentschaft überreicht ihn der brasilianische Präsident Lula da Silva an seinen südafrikanischen Amtskollegen und Nachfolger Cyril Ramaphosa.
Am 01. Dezember beginnt Südafrikas Präsidentschaft der G20 - eine historische Chance für Aufmerksamkeit auf der weltpolitischen Bühne. Und Ramaphosa skizziert die Prioritäten, die sein Land als G20-Vorsitzender im kommenden Jahr verfolgen wird: Integratives Wirtschaftswachstum, Ernährungssicherheit sowie Innovation für nachhaltige Entwicklung. Dabei will er auch die Länder des globalen Nordens stärker in die Pflicht nehmen.
Die rotierende Präsidentschaft ist mehr als nur eine symbolische Position; sie gibt dem vorsitzenden Land die Möglichkeit, die Agenda zu bestimmen und Reformen voranzutreiben, die die globalen Prioritäten widerspiegeln.
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Afrika im Fokus
Jetzt also folgt Südafrika auf Brasilien. Dessen Präsident Lula da Silva verfolgte während seiner jetzt endenden Amtszeit eine Agenda, die vor allem die Themen des sogenannten "globalen Südens" hervorhob, also der Schwellenländer Lateinamerikas, Afrikas und Asiens. Er brachte Punkte wie Kampf gegen Hunger und Armut, Klima und Reform der internationalen Organisationen in der Abschlusserklärung des G20-Gipfels in Rio unter.
Südafrika will diese Arbeit fortsetzen - mit Fokus auf der Entwicklung des afrikanischen Kontinents: "Südafrika wird sich verstärkt auf Themen konzentrieren, die für die afrikanischen Länder ein wunder Punkt sind: Anfälligkeit für Schulden, Entwicklungsfinanzierung, Klimawandel", so Rechtswissenschaftlerin Dr. Magalie Masamba.
Die Gruppe der Zwanzig (G20) ist das zentrale Forum für die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit; 19 Länder und zwei regionale Zusammenschlüsse gehören dazu - die Europäische Union (EU) und seit kurzem auch die Afrikanische Union (AU). Die G20 repräsentiert 85 Prozent der Weltwirtschaft, 75 Prozent des Welthandels und 67 Prozent der Weltbevölkerung. Zu den G20- Ländern gehören Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei, Großbritannien und die USA sowie die EU und die AU.
Große Herausforderungen für Entwicklungsländer
"In der Vergangenheit wurden die Entscheidungen über die globale Finanzpolitik von den Industrieländern dominiert, oft zum Nachteil der Entwicklungsländer. Das muss sich ändern", sagt Magalie Masamba. Die Präsidentschaft biete eine große Chance, Perspektiven des afrikanischen Kontinents global sichtbar zu machen: "Die am höchsten verschuldeten Länder der Welt sind in Afrika. Die Länder mit den größten Menschenrechtsproblemen sind in Afrika. 57 Prozent der afrikanischen Bevölkerung leben in Ländern, die mehr für Staatsschulden zahlen als für grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung oder Bildung. Das ist sehr alarmierend."
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Länder mit eigenen Interessen
"Jedes G20-Land aber habe weiterhin seine eigenen Interessen im Blick, das mache eine Konsensfindung nicht leicht", sagt Prof. Kwandiwe Kondlo, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität von Witswatersrand in Johannesburg: "Südafrika wird in dieser Position die eigenen Interessen nicht vollständig aufgeben. Und die liegen in den Bereichen Handel und wirtschaftliche Entwicklung." Und weiter:
Laut Dr. Magalie Masamba wird der Erfolg Südafrikas am Ende davon abhängen, ob es gelingt, unmittelbare Prioritäten mit langfristigen globalen Zielen in Einklang zu bringen und sicherzustellen, dass die G20 eine Plattform für gerechtes Wachstum bleibt. Erfolg sei nicht nur abhängig von Führungsstärke, sondern auch davon, wie effektiv das Land die oft konkurrierenden Interessen der anderen G20-Mitglieder steuert.
Ein Konsens in vielen Fragen wird geschickte Diplomatie und Kompromissbereitschaft erfordern. Südafrika hält den Hammer in der Hand.
Verena Garrett ist Korrespondentin im ZDF-Studio in Johannesburg.
Quelle: ZDF
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