Historiker: Kriegsende durch "Patt und Abnutzung"?
Interview
Historiker zu Ukraine-Krieg:Kriegsende durch "Patt und Abnutzung"?
von Marie Scholl
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Friedensverhandlungen für die Ukraine wünschen sich viele. Doch das geht nur unter einer bestimmten Bedingung, erklärt Historiker Jörn Leonhard im Interview mit dem ZDF.
Sehen Sie hier das Interview mit Historiker Jörn Leonhard in voller Länge.28.03.2024 | 4:29 min
Der Krieg in der Ukraine dauert an, scheint festgefahren. Das Land bittet den Westen um Waffen, Munition, Unterstützung. Gleichzeitig spricht der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich davon, den Konflikt "einzufrieren".
Der Freiburger Historiker Jörn Leonhard beschäftigt sich damit, wie man Kriege beendet. Dazu hat er 2023 ein Buch veröffentlicht: "Über Kriege und wie man sie beendet". Eine wichtige Lehre aus der Geschichte sei, dass man Aggressoren wie Russlands Präsident Wladimir Putin, nicht mit einseitigen Zugeständnissen stoppe.
"Davon ginge ja auch für die internationalen Beziehungen sonst ein verheerendes Signal aus. Das muss der Westen im Augenblick begreifen", sagt der Historiker im heute journal up:date.
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Vier Wege, wie Kriege enden
Der Blick in die Geschichte zeige, dass Kriege in der Regel auf vier verschiedene Weisen enden:
Mit einer Entscheidungsschlacht: Das werde es in der Ukraine "in dieser Form nicht mehr geben"
Indem sich der Krieg in eine "blutende Grenze" mit dauernd gebrochenen Waffenstillstands-Vereinbarungen verwandelt: "Das erscheint im Augenblick auch noch weit weg"
Indem eine Pattsituation entsteht, die zu einem Abnutzungskrieg führt: Das sei "im Augenblick sehr realistisch"
mit einer diplomatischen Vermittlung
Würde Frieden durch Verhandlungen funktionieren?
Frieden durch Diplomatie, Verhandlungen statt Waffengewalt: Das wünschen sich viele. Unter anderem die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht spricht sich immer wieder für Friedensverhandlungen aus. Ihre neue Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht" will eine Annäherung an Moskau.
Man müsse "auch während eines Krieges Kommunikationskanäle austesten und prüfen", so Leonhard. Doch er betont:
Und genau das sei eben jetzt gerade nicht der Fall, so Leonhard. Putin glaube weiterhin, dass er den Krieg gegen die Ukraine gewinnen könne. "Deshalb muss der Westen alles tun, damit die Ukraine besteht", schlussfolgert Leonhard.
Quelle: Ekko von Schwichow
Professor Dr. Jörn Leonhard, geboren 1967, lehrt Neuere und Neueste Geschichte Westeuropas an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Der Freiburger Historiker hat zum Ersten Weltkrieg und der Nachkriegszeit zwei grundlegende Bücher veröffentlicht: "Die Büchse der Pandora - Geschichte des Ersten Weltkriegs" (2014) und "Der überforderte Frieden - Versailles und die Welt 1918-1923" (Oktober 2018).
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Seit dem Kalten Krieg hat der Westen im Umgang mit der Sowjetunion und später mit Russland auf militärische Abschreckung gesetzt.
Die Nato soll Europa schützen. Doch Russlands Aggression bedroht das Bündnis und Populisten planen den Austritt. 27.03.2024 | 58:59 min
Das Militärbündnis Nato nennt der Historiker ein "ein wunderbares Beispiel dafür, wie konsequente Abschreckung Frieden sichert".
Auch, wenn vieles aktuell unsicher ist, will Leonhard doch eins zeigen: Der Blick in die Geschichte könne auch helfen, die Kriege im hier und jetzt besser zu verstehen.
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Gundula Gause.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.