Linker Wahlsieg in Frankreich: "Gibt uns Hoffnung wieder"
Frankreich hat gewählt:Linken-Sieg: "Gibt uns die Hoffnung wieder"
von Anna Feist, Paris
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Die Linke liegt vorn - und viele Franzosen atmen auf. Marine Le Pens extreme Rechte ist von einer Mehrheit weit entfernt. Dem Land droht ein Patt - doch nun wird erst mal gefeiert.
Prognosen der Parlamentswahl zeigen: Das Linksbündnis NFP liegt wider Erwarten vorne. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National liegt noch hinter der Partei Macrons.07.07.2024 | 2:52 min
Tränen der Freude bei denen, die so unverhofft gewonnen haben: "Danke an alle, die von diesem Mist befreit haben", schreit Fabienne ins ZDF-Mikro am Platz der Republik in Paris, kurz nach acht Uhr, kurz nachdem die ersten Hochrechnungen bekannt gegeben wurden.
Präsident Macrons Mitte-Bündnis auf Platz zwei
Das linke Bündnis "Nouveau Front Populaire" (NFP) liegt vorne, dahinter das Mitte-Bündnis "Ensemble" von Präsident Macron, dem eine haushohe Niederlage vorhergesagt wurde und erst dann folgen die extrem Rechten, das "Rassemblement Nationale" (RN) und seine Verbündeten, die doch eigentlich auf eine relative, wenn nicht gar die absolute Mehrheit spekuliert hatten.
Auch dieser linken Anhängerin steht die freudige Überraschung sichtlich ins Gesicht geschrieben.
Sitzverteilung in Frankreich
ZDFheute Infografik
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Nach einer Rekordwahlbeteiligung von 67,5 Prozent zeichnet sich nun in Frankreich folgendes ab:
Eine absolute Mehrheit von 289 Sitzen dürfte keines der drei Lager erreicht haben.
Jordan Bardella, der Vorsitzende der Rechtspopulisten wird voraussichtlich nicht Frankreichs neuer Premier.
In seiner Erklärung an diesem Abend macht Bardella dafür die "republikanische Front" verantwortlich, einen Schulterschluss zwischen dem Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron und dem linken Volksbündnis.
Das Risiko, dass das Rassemblement National alleine an die Macht kommen könnte, "ist nach diesem Wahltag viel kleiner geworden", so der Politikwissenschaftler Joseph de Weck.07.07.2024 | 5:19 min
In Frankreich gilt Mehrheitswahlrecht
Das einfache Kalkül: Gibt es in der Stichwahl nur einen Gegenkandidaten zu dem rechten Lager, dann bekommt der auch die Stimmen von den anderen Gegenkandidaten. Denn in Frankreich gilt das Mehrheitswahlrecht.
Eine Strategie, die aufgegangen zu sein scheint. Sichtlich enttäuscht zieht Jordan Bardella Bilanz: "Die Parteien der Schande, Macron und die Linken treiben Frankreich in die Arme von Jean-Luc Mélenchon".
Der Rechtsruck in Frankreich blieb aus, doch die Mehrheitsbildung werde kompliziert, so Thomas Walde in Paris. Von Erleichterung bei EU-Institutionen berichtet Isabelle Schaefers.07.07.2024 | 2:22 min
Jean-Luc Mélenchon als Frankreichs neuer Premier?
Jean-Luc Mélenchon ist ein altlinker Populist, der auffällt mit euroskeptischen Aussagen und einem propalästinensischen, antisemitischen Kurs. Selbst innerhalb der eigenen Partei wird er heftig kritisiert.
Nun erhebt er Anspruch auf die Regierungsbildung: "Die Neue Volksfront ist bereit zum Regieren", sagte er. Und fordert den Rücktritt von Premierminister Gabriel Attal.
Der Premierminister Frankreichs Gabriel Attal zieht nur Minuten später die Konsequenz aus dem Wahlergebnis: Kurz nach neun Uhr kündigt er an, dass er morgen, am Montag, seinen Rücktritt einreichen wird, dass er aber "sein Amt so lange ausüben wird, wie es die Pflicht erfordert".
Premierminister zu sein, sei die Ehre seines Lebens gewesen, so Attal und erklärt:
Wer also wird Frankreichs neuer Premier?
Aus dem Regierungslager kamen bereits Absagen an einen Premierminister der Linken: Niemand könne vorerst sagen, dass er gewonnen hat, betonte Innenminister Gérald Darmanin - "vor allem nicht Monsieur Mélenchon".
Und Präsident Macron wolle vorerst keine Entscheidungen treffen und die Zusammensetzung der neuen Nationalversammlung abwarten, wie es aus dem Elysée-Palast hieß.
Die überraschende erste Prognose zur Parlamentswahl in Frankreich ordnet ZDF-Korrespondent Thomas Walde in Paris ein.07.07.2024 | 2:50 min
Wie geht es aber weiter mit Frankreich, auch das ist eine der Fragen, die die tausenden Franzosen am Pariser Platz der Republik beschäftigt:
"Und was in den nächsten Tagen passieren wird", erzählen Clémentine und ihre Freunde.
Es wird erst mal gefeiert
Fest stehen für sie und ihren Freund Matthis dafür zwei Dinge: "Macron hat versagt", er sei Frankreichs neuer Ludwig XIV., ein absolutistischer Alleinherrscher: "Macron hat diese zwei Wochen der Angst zu verantworten."
Und auch, wenn abzuwarten bleibt, wie es mit Frankreich weitergehe, heute wollen sie erstmal feiern:
Alle Infos rund um die Frankreich-Wahl hier im Liveblog:
Der Rechtsruck blieb aus, das Linksbündnis wird nach der Parlamentswahl in Frankreich stärkste Kraft. Das Ergebnis, die Reaktionen und Hintergründe - hier im Blog zusammengefasst.
Liveblog
Anna Feist ist Reporterin im ZDF-Auslandsstudio Paris.