Stichwahl in Frankreich: Diese Szenarien sind möglich

    Machtkampf in Paris:Frankreich: Mögliche Szenarien nach der Wahl

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    Die Parlamentsneuwahl in Frankreich startet in die letzte Runde. Kann Macron seine Macht erhalten oder setzen sich die Rechten durch? Verschiedene Szenarien sind denkbar.

    Stichwahl Frankreich Nationalversammlung
    In der zweiten Runde der Parlamentswahl entscheidet sich, wer die Mehrheit in der Nationalversammlung erhält. Im Fokus: die rechtspopulistische Partei Rassemblement National.06.07.2024 | 2:27 min
    Die mit Spannung erwartete Parlamentsneuwahl in Frankreich startet in die entscheidende letzte Runde. Die Französinnen und Franzosen stimmen über die Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung ab.

    Keine absolute Mehrheit für RN

    Letzte Umfragen sehen keine absolute Mehrheit für das in Führung liegende Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen. Demnach kämen die Rechtsnationalen und ihre Verbündeten auf 205 bis 240 Sitze. Sie würden zwar stärkste Kraft werden, die absolute Mehrheit von 289 Sitzen in der Nationalversammlung aber deutlich verfehlen.
    Auf Rang zwei kommt demnach das für die vorgezogene Parlamentswahl gebildete neue Linksbündnis aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und Linkspartei. Das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron muss laut den Umfrageinstituten eine demütigende Niederlage kassieren und landet auf Rang drei.
    Welche Bedeutung die erste Runde der Parlamentswahl in Frankreich für das Land und für Europa hat, ordnen ZDF-Korrespondenten Thomas Walde in Paris und Ulf Röller in Brüssel ein.
    Welche Bedeutung die erste Runde der Parlamentswahl in Frankreich für das Land und für Europa hat, ordnen ZDF-Korrespondenten Thomas Walde in Paris und Ulf Röller in Brüssel ein.30.06.2024 | 3:37 min

    Schwierige Regierungsbildung erwartet

    Vor der Endrunde der Parlamentswahl zeichnet sich also keine regierungsfähige Mehrheit ab. Erwartet wird unabhängig vom Wahlausgang, dass die bestehende Regierung von Premierminister Gabriel Attal noch einige Tage geschäftsführend im Amt ist, bis über die Bildung einer künftigen Regierung Klarheit herrscht. Das könnte allerdings dauern - die Situation ist so verfahren wie lange nicht.
    Sollte das RN eine absolute Mehrheit erringen, stünde Emmanuel Macron unter dem politischen Zwang, einen Premierminister aus den Reihen der Rechtsnationalen - etwa RN-Chef Jordan Bardella - zu ernennen. Damit gäbe es in Frankreich erstmals seit 1997 wieder eine sogenannte Kohabitation. Das bedeutet, dass Präsident und Premierminister unterschiedliche politische Richtungen vertreten. Dies wäre ein Einschnitt in der Geschichte des Landes und hätte auch für die europäische Politik große Auswirkungen.
    Wahlergebnis in Frankreich
    ZDFheute Infografik
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    Konservative könnten Königsmacher werden

    Bei einer starken relativen Mehrheit für das RN wird damit gerechnet, dass dieses versucht, weitere Abgeordnete der bürgerlich-konservativen Républicains (LR) auf seine Seite zu ziehen, um Entscheidungsmacht im Parlament zu erlangen.
    Die ehemalige Volkspartei hatte sich im Anlauf zur Wahl gespalten. Ihr Vorsitzender Éric Ciotti hatte unabgestimmt mit seiner Partei eine Kooperation mit dem RN vereinbart, nur eine kleinere Zahl von Abgeordneten folgte ihm aber. Die Frage ist nun, wie die übrigen Abgeordneten sich verhalten, die in der ersten Wahlrunde rund zehn Prozent an Wählerstimmen auf sich vereinten.
    Die Sitze der Nationalversammlung sind am Montag, 1. Juli 2024 in Paris zu sehen.
    Nach der ersten Runde der Parlamentswahl liegen die Rechtsnationalen vorn. Die anderen Parteien ringen nun darum, eine Regierungsmehrheit des ultrarechten Lagers zu verhindern. 01.07.2024 | 2:02 min

    Schutzwall gegen RN

    Offen ist im Moment, wie es in Frankreich weitergeht, wenn der Schulterschluss gegen das RN tatsächlich funktioniert. Da die Abgeordnetenplätze nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben werden, haben sich in über 200 Wahlkreisen die in der ersten Runde jeweils drittplatzierten Kandidaten der übrigen Parteien zurückgezogen, damit die Chance steigt, dass der verbliebene Kandidat einer bürgerlichen Partei den Bewerber der Rechtsnationalen schlägt.
    Ein solcher Schutzwall gegen die extreme Rechte wird in Frankreich nicht zum ersten Mal praktiziert. Ob er zu einer tragfähigen Regierung führen wird, ist offen. Denn die übrigen Lager - einschließlich der wiedererstarkten Sozialisten - haben bereits klargemacht, dass sie nicht in einer Art nationaler Koalition miteinander regieren wollen. Dann könnte die aktuelle Regierung als Übergangsregierung im Amt bleiben oder eine Expertenregierung eingesetzt werden.
    03.07.2024, Frankreich, Paris: Menschen versammeln sich auf dem Platz der Republik, um gegen Rechts zu protestieren. Französische Oppositionsparteien und Verbände versuchen, einen Erdrutschsieg der rechtsextremen in der zweiten Runde der Parlamentswahlen am kommenden Sonntag zu verhindern. Foto: Louise Delmotte/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    In Paris haben erneut Tausende Menschen gegen den drohenden Rechtsruck demonstriert. Am Sonntag steht in Frankreich die Stichwahl für das Parlament an.04.07.2024 | 0:24 min

    Macrons Bündnis stark geschwächt

    Das Macron-Bündnis könnte nach dem Poker des Präsidenten um mehr Macht mit der vorgezogenen Parlamentswahl vor einem Scherbenhaufen stehen und im Parlament nur noch in stark reduzierter Zahl vertreten sein. Neue Vorhaben könnte eine Regierung ohne Mehrheit nicht auf den Weg bringen. Frankreich droht damit politischer Stillstand.
    Macron hatte nach dem Sieg von Le Pens Rassemblement National bei der Europawahl Anfang Juni die Nationalversammlung aufgelöst und eine Neuwahl angekündigt. Die Nationalversammlung ist eine von zwei französischen Parlamentskammern. Sie ist an der Gesetzgebung beteiligt und kann per Misstrauensvotum die Regierung stürzen.
    In der ersten Wahlrunde lagen nun aber wie schon bei der Europawahl die Rechtsnationalen vorne, gefolgt vom neuen Linksbündnis sowie Macrons Mitte-Lager auf Rang drei. 76 der 577 Abgeordnetenplätze wurden bereits vergeben, die meisten für das RN (39) oder das Linksbündnis (32).

    Stichwahl am Sonntag
    :Macron: "Das kommt überhaupt nicht in Frage"

    In Frankreich hat der RN die erste Runde der Parlamentswahl gewonnen. Macron schließt gemeinsames Regieren mit Linkspopulisten aus. Aktuelles im Liveblog.
    Emmanuel Macron
    Liveblog
    Quelle: dpa

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