Festnahme in Paris: Was über Telegram-Chef Durow bekannt ist
FAQ
Festnahme in Frankreich :Telegram-Chef: Was zum Fall Durow bekannt ist
von Katja Belousova
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Frankreich hat Telegram-Gründer Pawel Durow festgenommen. Was wird ihm zur Last gelegt? Wer ist Durow? Und wie reagiert Russland? Fragen und Antworten.
Telegram-Chef Durow bleibt in Frankreich weiterhin in Untersuchungshaft. 27.08.2024 | 0:18 min
Was ist passiert?
Der Gründer von Telegram, Pawel Durow, wurde in Paris festgenommen. Die Festnahme erfolgte am Samstagabend nach seiner Rückkehr aus Aserbaidschan. Die Untersuchungshaft gegen ihn wurde danach bis Mittwoch verlängert. Die U-Haft zur Befragung kann bis zu maximal 96 Stunden verlängert werden. Anschließend muss der Untersuchungsrichter entscheiden, ob er Durow auf freien Fuß setzt oder ein Ermittlungsverfahren einleitet.
Was wirft Frankreich Durow vor?
Durow wurde in Frankreich per Haftbefehl gesucht, weil französische Behörden ihm zu laxen Umgang mit kriminellen Aktivitäten auf seiner Online-Plattform vorwerfen. Er soll nicht genug gegen Drogenhandel, Betrug und Kindesmissbrauch auf Telegram unternommen haben - und sich geweigert haben, mit französischen Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren.
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Damit soll er sich mitschuldig an Vergehen im Zusammenhang mit Terrorismus, Rauschgifthandel, Geldwäsche, Hehlerei und dem Teilen pädophiler Inhalte gemacht haben.
Wer ist Pawel Durow?
Der 39-jährige Milliardär Pawel Durow gilt als russischer Social-Media-Mogul. Gemeinsam mit seinem Bruder Nikolai gründete er 2006 erst die Plattform VK, früher bekannt als Vkontakte, das russische Pendant zu Facebook. 2013 folgte die Gründung von Telegram. Ein Jahr später verkaufte Durow seine VK-Anteile an Alischer Usmanow, einem kremltreuen Unternehmer, blieb der Plattform aber zunächst als Direktor erhalten.
Während seiner Zeit in Russland hatte Durow immer wieder Probleme mit den russischen Behörden, unter anderem weil er sich weigerte, Gruppen auf VK zu schließen, die dem Kreml unliebsam waren. 2011 nutzten Protestierende VK, um nach den Parlamentswahlen Demonstrationen gegen das Regime zu organisieren.
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Später übte die russische Regierung Druck auf Durow aus, die VK-Seite von Alexej Nawalny zu sperren. Dem widersetzte er sich erneut. Nach zunehmendem Druck durch die Behörden und Durchsuchungen bei VK sowie in seiner Privatwohnung verließ Durow erst VK - und danach Russland.
Er besitzt neben der russischen auch die französische Staatsbürgerschaft und lebte in den vergangenen Jahren in Dubai. Von dort leitete er seine Firma Telegram. Durow präsentierte sich zuletzt immer wieder als Verfechter absoluter Meinungsfreiheit - und absolut freier Märkte.
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Warum steht Telegram in der Kritik?
Telegram ist noch stärker als Facebook, Instagram und Co. dafür bekannt, dass Beiträge kaum reguliert oder moderiert werden. Seinen Nutzenden verspricht das Netzwerk besondere Anonymität - von der aktuell zum Beispiel Militär-Blogger im Ukraine-Krieg profitieren. Gleichzeitig sehen Experten Telegram als Einfallstor für unkontrollierte Desinformation, Hetze und Hass - und für Kriminelle, die den Dienst für ihre Geschäfte nutzen.
Die Gruppengröße oder das Weiterleiten von Nachrichten sind so gut wie nicht beschränkt, anders als etwa auf WhatsApp. Er gibt private Einzel- und Gruppen-Chats, aber auch öffentliche Kanäle. Dort sendet der Kanalbetreiber seine Botschaften an eine beliebig große Zahl von Abonnenten.
Die eigenen Richtlinien von Telegram verbieten zwar, in öffentlichen Kanälen zu Gewalt aufzurufen. Pawel Durow betonte zudem immer wieder, dass sein Dienst Gewaltaufrufe lösche oder mit Behörden kooperiere, wenn es etwa um Terrorismus gehe. In der Praxis geschehe das aber viel zu selten, bemängeln Kritiker.
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Wie sind die Reaktionen auf die Festnahme?
Telegram betonte nach der Festnahme von Durow, das Unternehmen habe nicht gegen europäisches Recht verstoßen. Alle geltenden Regeln würden eingehalten, dazu gehöre auch das neue Digital-Gesetz DSA, das ein konsequenteres Durchgreifen gegen illegale Inhalte und Aktivitäten auf großen Online-Plattformen bewirken soll.
Durow "hat nichts zu verbergen" und reise häufig in Europa, hieß es in einer Telegram-Stellungnahme. Außerdem sei es "absurd", eine Plattform oder ihren Besitzer für den Missbrauch des Dienstes durch Dritte verantwortlich zu machen.
Unter dem Hashtag #FreePavel postete der umstrittene Tesla-Chef und X-Besitzer Elon Musk auf seiner Plattform einen Interviewausschnitt, in dem Durow Musk lobt.
Der rechtspopulistische Moderator Tucker Carlson, der das Interview führte, meldete sich ebenfalls zu Wort: Er kritisiert die Festnahme - und nutzt sie für einen Seitenhieb gegen Joe Biden und die Nato: "Am Ende war es nicht Putin, der ihn verhaftete, weil er der Öffentlichkeit die freie Meinungsäußerung ermöglichte. Es war ein westliches Land, ein Verbündeter der Regierung Biden und begeistertes Nato-Mitglied, das ihn weggesperrt hat."
Kritik kommt aber auch von russischen Liberalen, wie dem Kreml-Kritiker und Nawalny-Unterstützer Georgij Alburow. Er bezeichnet die Festnahme als "ungerecht" und als "großen Schlag gegen die Meinungsfreiheit". Seinen X-Post beendet er - ähnlich wie Elon Musk - mit den Worten "Freiheit für Pawel Durow".
Und der ehemals inhaftierte, russische Oppositionelle Ilja Jaschin, der kürzlich durch den Gefangenenaustausch mit dem Westen freikam, nennt Durows Arrest eine "irgendwie seltsame Geschichte".
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Was sagt Russland?
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, erklärte, dass die russische Botschaft in Paris eine Note an das französische Außenministerium geschickt habe, in der sie den konsularischen Zugang zu Durow fordert. Das sei das Standard-Vorgehen, wenn russische Staatsbürger im Ausland festgenommen würden. Gleichzeitig machte sie klar: "Durow besitzt die französische Staatsbürgerschaft. Dementsprechend ist er für Paris, für Frankreich, in erster Linie ein Bürger ihres Landes".
Russlands französische Botschaft schrieb unterdessen auf X, dass sie in Kontakt mit Durows Anwälten stünde, und behauptet: "Bis heute verweigert die französische Seite die Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit".
Mit Material von dpa und AFP
Quelle: dpa
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