Frankreich: Premier Barnier unter Druck von links und rechts
Fahrplan von Frankreichs Premier:Barnier unter Druck - von links und rechts
von Lukas Nickel
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Seit knapp einem Monat ist er im Amt, nun hat Frankreichs Premierminister Barnier den Fahrplan für seine neue Regierung vorgestellt. Zwei große Themen: Schulden und Migration.
Paris: Michel Barnier gibt in der Nationalversammlung heute seine erste Regierungserklärung ab. Wie will der neue Premier die hohe Staatsverschuldung lösen?01.10.2024 | 2:07 min
Lange wurde sie erwartet, die Regierungserklärung von Michel Barnier. Seine Regierung werde "keine Wunder" vollbringen, kündigte er in seiner einstündigen Rede in der Nationalversammlung an, sei aber bereit, sich den Hindernissen zu stellen.
Die erste große Baustelle wird der Haushalt für das Jahr 2025 sein.
"Wenn wir heute nicht handeln, nicht den Mut dazu aufbringen, dann wird dieses Damoklesschwert noch schwerer über unseren Kindern und Enkelkindern hängen", sagte Barnier weiter.
Steuererhöhungen und Einsparungen beim Haushalt
Das Staatsdefizit in Frankreich könnte dieses Jahr bei sechs Prozent liegen. Um die Staatsverschuldung zu senken, hat Barnier unter anderem Steuererhöhungen für Reiche und profitable große Unternehmen ins Spiel gebracht. Doch das dürfte nicht ausreichen, um die milliardengroße Lücke zu schließen. Es soll auch am Haushalt gespart werden.
Fraglich, ob die Minderheitsregierung Kompromisse schmieden und einen Haushalt bis zum Ende des Jahres verabschieden kann.
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Regierung unter Druck von allen Seiten
Barnier und seine Regierung stehen unter hohem politischem Druck, denn das rechts-konservative Bündnis verfügt über keine eigene Mehrheit im Parlament. Michel Barnier stehe "unter Beobachtung", sagte etwa Jordan Bardella, Parteichef des rechtsextremen Rassemblement National zum französischen Fernsehsender BFMTV.
Denn die Linke hat schon ein Misstrauensvotum angekündigt. Mit den Stimmen des Rassemblement National könnte die nötige Mehrheit erreicht werden, um die neue Regierung schon wieder zu stürzen.
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Strengere Migrationspolitik angekündigt
Ein Grund, weshalb der Rassemblement National bisher die Füße stillhalten dürfte: Innenminister Bruno Retailleau. Dieser habe einen "ideologischen Sockel, der mit dem Rassemblement National vergleichbar ist", erklärt Virginie Guiraudon, Politikwissenschaftlerin vom französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung, dem CNRS.
Retailleau präsentiert sich als Garant für Recht und Ordnung. Auf europäischer Ebene etwa möchte Retailleau stärker gegen Migration vorgehen, ist für Grenzkontrollen. Er wolle alle Mittel nutzen, um Migration zu senken, so der Minister im Fernsehinterview bei TF1. Dort versprach er außerdem, mehr aus Frankreich abzuschieben und weniger Aufenthaltstitel auszustellen.
Um seine Vision der Ordnung durchzusetzen, hatte Retailleau in den vergangenen Wochen angedeutet, auch neue Gesetze auf den Weg bringen zu wollen. Erst am Sonntag sagte Retailleau im Journal du Dimanche, dass der Rechtsstaat "weder unantastbar noch heilig" sei.
Dafür hagelte es rasch Kritik, etwa von Yaël Braun-Pivet, Präsidentin der Nationalversammlung. Sie sei sehr besorgt, äußerte sie sich beim Fernsehsender France 2: "Wenn die Lage angespannt ist, wenn es Krisen gibt, darf der Rechtsstaat auf keinen Fall in Frage gestellt werden. Das schützt unsere Demokratie", so die Parlamentspräsidentin.
"Wir beherrschen unsere Migrationspolitik nicht mehr"
Auch Barnier sprach sich heute für eine härtere Migrationspolitik aus. "Wir beherrschen unsere Migrationspolitik nicht mehr zufriedenstellend", so der Premierminister. Frankreich werde so lange wie nötig Grenzkontrollen durchführen, so wie es auch Deutschland mache. Es müsse besser auswählen, wer ins Land kommt.
Die Debatten in der Nationalversammlung sind eröffnet.
Quelle: ZDF
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