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Wer der Politiker ist:Robert Ficos Weg an die Spitze der Slowakei
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Seit langem prägt Robert Fico die Politik der Slowakei. Wer ist der Mann, der dabei immer extrem zwischen Positionen schwankte - und nun bei einem Attentat schwer verletzt wurde?
Ministerpräsident Robert Fico ist eine politische Schlüsselfigur in der Slowakei.15.05.2024 | 1:41 min
Mittwoch, zwischen 14 und 15 Uhr, rund 150 Kilometer nordöstlich der slowakischen Hauptstadt Bratislava, mehrere Schüsse fallen, Robert Fico wird dabei schwer verletzt. Der slowakische Ministerpräsident soll laut Augenzeugenberichten gerade Hände geschüttelt haben, als die Kugeln ihn treffen.
Er ist zu dem Zeitpunkt 59 Jahre alt - und hat die Politik seines Landes in den letzten drei Jahrzehnten wie kaum ein anderer geprägt. Seine Positionen hat er dabei immer wieder gewechselt.
So schwankt er mal zwischen pro-europäischen, mal zwischen nationalistischen sowie EU-kritischen- und amerikafeindlichen Einstellungen hin und her. Warum er das macht, weiß Michal Vasecka vom Institut für Politik in Bratislava. Der Soziologe erklärt:
Der Gesundheitszustand des slowakischen Ministerpräsidenten Fico ist nach dem Attentat gestern sehr ernst, aber stabil. ZDF-Korrespondentin Britta Hilpert berichtet aus Bratislava.16.05.2024 | 1:15 min
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Gleichzeitig passt sich Fico immer an die veränderten politischen Gegebenheiten an. So hat der Politiker der sozialdemokratischen SMER-SSD-Partei die Außenpolitik des Nato-Mitglieds in den vergangenen Jahren pro-russischer ausgerichtet. Manche bezeichnen ihn gar als zweiten Viktor Orban.
Warum, verdeutlicht eine Aussage von Anfang des Jahres. Damals äußert sich der frisch wiedergewählte Ministerpräsident auf eine Reporterfrage bei einer Pressekonferenz im Bezug zur Ukraine:
Kurz zuvor waren Raketen in der ukrainischen Hauptstadt eingeschlagen.
ZDF-Korrespondentin Britta Hilpert berichtet zum Attentat aus Bratislava. 15.05.2024 | 1:18 min
Ebenso kritisiert er westliche Verbündete scharf, stellt die militärische Unterstützung für die Ukraine ein, ist gegen Sanktionen gegen Russland und droht mit einem Veto gegen eine künftige Nato-Beitrittsanfrage an die Ukraine. Gleichzeitig stimmt er nach anfänglicherem Zögern nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) deutlich schneller weiteren EU-Ukraine-Hilfen zu als Orban.
Vom Arbeiterkind zum Ministerpräsident
Fico stammt aus einer Arbeiterfamilie, schließt 1986 sein Jurastudium ab und tritt in die damals regierende kommunistische Partei ein. Nach dem Sturz der kommunistischen Führung 1989 arbeitet er als Regierungsanwalt, gewinnt mit der umbenannten kommunistischen Partei einen Sitz im Parlament und vertritt die Slowakei am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Seit 1999 ist er Chef der von ihm mitgegründeten Partei SMER-SSD. Bei seinem ersten Wahlsieg im Jahr 2006 kann Fico mit Kritik an liberalen Wirtschaftsreformen in der Slowakei punkten. Er hält das Land aber auf Kurs, 2009 den Euro einzuführen. Zudem baut Fico das Strafrecht und die Medien um, was Kritikern zufolge den Rechtsstaat schwächt.
Rücktritt nach Massenprotesten - Comeback mit Pandemie
Während seiner dritten Amtszeit werden 2018 der Journalist Jan Kuciak, der über Bestechung auf höchster Ebene recherchiert, und dessen Verlobte Martina Kusnirova von einem Auftragsmörder getötet. Die Tat löst Massenproteste in der Slowakei aus und Fico muss zurücktreten. Bei den Wahlen im Jahr 2020 verliert nach Fico auch dessen SMER-SSD-Partei die Macht.
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Während der Corona-Pandemie positioniert Fico sich neu und prangert die Schutzmaßnahmen der damals amtierenden slowakischen Regierung an. "Er wurde zum prominentesten politischen Vertreter einer Bewegung gegen Gesichtsmasken oder Impfungen", so der Politik-Experte Grigorij Meseznikov.
Jozef Bátora von der Comenius-Universität Bratislava erklärt dem ZDF im vergangenen Oktober: "Die Covid-Krise bereitete den Boden für populistische Parteien." Aber auch in anderen Punkten sind zu dem Zeitpunkt viele Menschen in der Slowakei nicht mehr mit der Arbeit ihrer damaligen Regierung einverstanden.
Mit den Unterstützung der Ukraine durch die Vorgängerregierung sei "die Bevölkerung nicht einverstanden" gewesen. Bei den Wahlen im Oktober 2023 wird die SMER-SSD mit knapp 23 Prozent stärkste Kraft - und Fico wieder ins Amt des Ministerpräsidenten gehievt. Das endgültige Comeback des Politikers.
Quelle: Reuters, dpa, AFP, ZDF
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