Europawahl 2024: Wie Europas Rechte die EU verändern wollen

    Analyse

    Vor der Europawahl 2024:Wie Europas Rechte die EU verändern wollen

    Ulf Röller
    von Ulf Röller, Brüssel
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    Vor der Europawahl 2024 deuten Umfragen auf einen Rechtsruck hin. Wie die Rechtspopulisten die EU verändern wollen und wer die wichtigsten Akteure sind.

    Meloni und Krah vor Europaflagge
    Europas Rechtspopulisten wollen die EU schwächen. Mit ihren Feindbildern gewinnen sie Unterstützer, aber sie sind auch zerstritten. Haben die Rechten einen Plan?31.05.2024 | 14:28 min
    Am 9. Juni wird in Europa gewählt. Umfragen sagen einen Rechtsruck voraus. Die Rechtspopulisten werden demnach mehr Stimmen erhalten, doch ob sie damit auch mehr Macht und Einfluss bekommen, ist noch nicht klar. Hinzu kommt: Die Rechten sind zerstritten - das hat der Rausschmiss der AfD zuletzt aus der ID-Fraktion gezeigt.
    Was haben die Rechten mit Europa vor? Und wer sind die entscheidenden Akteure in den Ländern?

    Donald Trump als Vorbild: Nationen vor Europa

    Eine entscheidende Figur der rechten Parteienszene ist kein Europäer, sondern ein US-Amerikaner: Donald Trump. Er wirkt wie eine Vitaminspritze für die Rechtspopulisten in Europa. Denn er hat bewiesen, dass eine Wutbewegung gegen die Eliten ihn ins Weiße Haus tragen konnte. 2016 sagte Trump bei seiner Amtseinführung vor dem Kapitol:

    Unsere Regierung wird zwei Regeln folgen: Kauft US-Waren, stellt US-Bürger ein.

    Donald Trump, ehemaliger US-Präsident

    Zuerst die Nation und ihre Bürger, dann vielleicht Europa - das ist auch der Wahlkampfschlager der Rechtsnationalen. Sie einen ihre Feindbilder, das Versprechen von weniger Migranten, weniger Klimapolitik und weniger sogenanntem Gender-Wahnsinn. Doch jenseits der lautstarken Parolen gibt es im rechtsnationalen Block Risse.
    BULGARIA-EU-POLITICS-GERB
    Migration bleibt ein Streitpunkt im Wahlkampf vor der Europawahl. Mithilfe von rechten Kräften will Kommissionspräsidentin von der Leyen die sogenannte illegale Migration stoppen.03.06.2024 | 3:02 min

    AfD aus EU-Fraktion ausgeschlossen

    Einer der wichtigsten Akteure: Maximilian Krah. Er ist Spitzenkandidat auf Listenplatz 1. Seine Partei, die AfD, hat ihren politischen Lautsprecher aber stumm gestellt, hat ihn aus dem Bundesvorstand geschmissen und ihm ein Wahlkampfauftrittsverbot erteilt. Die Partei stellt einen Mann auf, vor dem sie warnt.
    Die anderen Rechtsnationalen haben deshalb eine Brandmauer hochgezogen und die AfD aus der Fraktion der ID im EU-Parlament ausgeschlossen. ID, Identität und Demokratie, ist die radikalste Gruppe der Rechten. Sie will mehr Macht für die Nationen, eine Festung gegen Einwanderung und Kampf gegen die vermeintliche Islamisierung. Aber selbst der ID ist die AfD zu radikal.
    Europawahl
    Positionierung gegen Rechtspopulismus: Vor der Europawahl haben über 30 Unternehmen eine Kampagne zur Unterstützung pro-europäischer Parteien gestartet. 19.05.2024 | 3:09 min

    Marine Le Pen will wählbarer wirken

    Hinter dem Rausschmiss steckt die zweite wichtige Akteurin, die Französin Marine Le Pen und ihre Partei Rassemblement National. Ihre Partei könnte nach der Europawahl ihren Einfluss deutlich ausbauen. Auf der Erfolgswelle ist ihr die radikalere AfD ein Klotz am Bein. Die Pläne gegen die sogenannte Remigration und Krahs verharmlosende Äußerungen zur SS gingen Le Pen zu weit.
    Sie hat das Ziel, 2027 Präsidentin Frankreichs zu werden, will weniger radikal wirken und dadurch wählbarer für die Franzosen sein.

    Geert Wilders hält nichts von der EU

    Das ist auch ihm gelungen: Geert Wilders, PVV, aus den Niederlanden - der dritte Akteur, der immer wieder erklärt, was er von der EU hält, nämlich nichts. Mit solchen Gedanken ist Wilders Partei stärkste Kraft in den Niederlanden geworden und auf dem Weg in die Regierung.
    Erstarken der rechten Parteien in Europa
    Europa wählt in diesem Jahr das Europäische Parlament und in vielen Ländern haben die Rechten mehr Zulauf.08.01.2024 | 2:03 min

    Italienische Regierungschefin tritt konstruktiv auf

    Auch ein Trump-Fan ist die vierte Akteurin, Postfaschistin Giorgia Meloni, die italienische Regierungschefin. Sie gehörte der zweiten Fraktion rechtsnationaler Parteien im Europaparlament an, der Europäischen Konservativen und Reformer, kurz EKR genannt. Sie gelten als gemäßigter.
    Giorgia Meloni hat zwei politische Gesichter. Zu Hause macht sie Stimmung gegen die EU, aber auf der europäischen Bühne tritt sie konstruktiv auf. Nicht ohne Grund: Sie hat erkannt, dass sie Migration nach Italien nicht durch nationale Alleingänge stoppen kann, sondern nur mithilfe aller in der EU. Die Frage bei Meloni bleibt: Ist sie eine Wölfin im Schafspelz?
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    Die EU vor der Wahl: Ein Netzwerk aus Firmen und Stiftungen betreibt massiv Stimmungsmache gegen die liberalen Demokratien Europas. Sein Sitz: das autokratisch regierte Ungarn.29.05.2024 | 28:44 min

    Rechtsruck in Europa gilt als gesichert

    Nach der Wahl können sich neue rechtsnationale Bündnisse ergeben. Meloni und Le Pen, die Schlüsselfiguren, scheinen sich ein wenig anzunähern. Beide stehen für einen pragmatischeren Kurs. Sie wissen, nur zusammen mit anderen Regierungschefs können sie Ziele wie weniger Migration durchsetzen.
    Den Traum einer geeinten rechtsnationalen Front haben sie nicht aufgegeben. Deshalb haben sie Ballast abgeworfen, inhaltlich und vor allem mit dem Rausschmiss der AfD. Europa könnte sich nach der Wahl verändern. Eins scheint sicher: Die EU wird wohl nach rechts rücken.

    Kandidaten, Parteien und Ablauf
    :Was man zur Europawahl 2024 wissen muss

    Am Sonntag wird ein neues EU-Parlament gewählt. Welche Kandidaten in Deutschland zur Wahl stehen, wer überhaupt wählen darf. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
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