Europäische Verteidigungsunion: Braucht die EU eine Armee?
Verteidigungsunion der EU?:Wie Europa militärisch wehrhaft wird
von Lara Wiedeking
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Eine europäische Verteidigungsunion: dieses Vorhaben ist vor 70 Jahren gescheitert. Doch die Idee lebt weiter und ist seit Russlands Angriff auf die Ukraine aktueller denn je.
Für die neue Legislaturperiode im EU-Parlament in Brüssel wird das Thema Verteidigung eine große Rolle spielen.
Quelle: dpa
Die Frage ist so alt wie die europäische Idee: Braucht es eine Europäische Verteidigungsunion, also einen gesamteuropäischen militärischen Verband - oder sogar eine Armee für Europa? Vor 70 Jahren, kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, scheiterte diese Initiative an den Bedenken Frankreichs. Jetzt sind es vor allem die Franzosen, die auf eine gemeinsame EU-Verteidigung drängen.
Verteidigung: ein Thema ganz oben auf der Prioritätenliste in Brüssel. Ein Beispiel: Als neue EU-Chefdiplomatin wird Kaja Kallas auf Josep Borrell folgen. Kallas hatte zuvor als estnische Ministerpräsidentin die EU immer wieder angetrieben, mehr für die Ukraine und die eigene Verteidigung zu tun. Auch will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Kommissar oder eine Kommissarin für Verteidigung.
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Keine Parallelstruktur zu Nato
Die Prioritätenliste der EU hat sich durch den russischen Angriffskrieg verändert. "Die EU galt immer als Friedensprojekt und ich glaube auch, dass sie das nach wie vor ist", erklärt Jana Puglierin von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations. "Aber sie hat sich eigentlich aus dem Bereich Verteidigung weitestgehend rausgehalten."
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Verteidigung obliegt nach wie vor der Hoheit der EU-Mitgliedsstaaten, doch schon jetzt kooperieren europäische Staaten: Deutschland mit Frankreich, auch das "Weimarer Format" zwischen Polen, Frankreich und Deutschland wurde reaktiviert.
"Worauf es ankommt, ist eine vertiefte Kooperation und Integration der europäischen Kräfte, um eine größere europäische Rolle in der Nato zu spielen", so Puglierin. Dabei gehe es aber explizit nicht darum, eine Parallelstruktur zur Nato zu erschaffen. Sondern "dass die Europäer mehr beitragen, um ihre eigene Sicherheit zu gewährleisten, um Russland abzuschrecken", so Puglierin.
Standardisierung der europäischen Armeen
Das bedeutet - zumindest derzeit - keine Europäische Armee. Denn die brächte viele weitere Fragen mit sich: Wer befehligt sie? Werden nationale Armeen abgeschafft?
Eine bessere Verzahnung der bisher bestehenden Armeen sei realistischer: "Interoperabel, dass sie miteinander arbeiten können, dass es um gemeinsame Standards geht und dass es quasi um eine verstärkte Kooperation geht, aber nicht so sehr um eine politische Integration", erklärt Politikwissenschaftlerin Puglierin.
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Das hat der russische Angriff auf die Ukraine gezeigt: Munition, die fehlt oder mit den Waffen der Mitgliedstaaten nicht kompatibel ist. Das gilt es zu optimieren, erklärt auch General Robert Brieger, der Vorsitzende des EU-Militärausschusses.
Schnelle Eingreiftruppe der EU startet 2025
Und es gab bereits erste Erfolge auf EU-Ebene: Die EU hat jetzt eine schnelle Eingreiftruppe, die aus den Militärkräften der einzelnen Mitgliedsstaaten zusammengesetzt wird, für Einsätze wie etwa Evakuierungen oder Friedensmissionen. Im vergangenen Jahr hatte sie ein gemeinsames Militärmanöver. Es war das erste gemeinsame Militärmanöver in der Geschichte der EU.
Nächstes Jahr soll die Truppe, 5.000 Personen stark, voll einsatzfähig sein. Auch die Führungsfrage ist geklärt, so Brieger: "Der Kommandant einer solchen Eingreiftruppe würde im Anlassfall von den Mitgliedsstaaten nominiert werden."
"Wichtiges Zeichen nach Russland"
"Das ist die große Frage: sind wir in der Lage, etwas auf den Weg zu bringen?", erklärt Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Gespräch mit ZDFheute. Die FDP-Politikerin ist frisch ins EU-Parlament gewählt und Vorsitzende des EU-Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung. "Damit die Generation nach uns auch mal sagen können: Angesichts der Bedrohung, in der wir sind, haben es die Menschen in Europa wirklich geschafft, in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts auch eine europäische Verteidigungsunion aufzubauen."
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Europa will mehr für die eigene Sicherheit tun
Noch ist die Verteidigungsunion Zukunftsmusik. Der Ausschuss, dem Strack-Zimmermann vorsitzt, ist ein Unterausschuss. Heißt: er ist dem Auswärtigen Ausschuss untergeordnet. Doch noch in den nächsten Wochen soll er ein eigenständiger, vollwertiger Ausschuss werden. Auch das ein Zeichen der Prioritätenliste in Europa.
Fest steht: Die EU will im Angesicht der Bedrohungslage in Europa künftig selbst mehr für ihre Sicherheit tun. Und dabei auch unabhängiger vom großen Bruder USA werden. Doch einfach wird das nicht.
Lara Wiedeking ist Reporterin im ZDF-Studio Brüssel.
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