Zinsen aus "Frozen Assets":EU: Russisches Geld für ukrainische Waffen
von Gunnar Krüger, Marie Sophie Hübner
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Die EU-Kommission will mit Zinserträgen aus eingefrorenen russischen Vermögen der Ukraine Waffen kaufen. Wieso manchen der Vorschlag nicht weit genug geht.
Die EU will die Finanzierung der Militärhilfe für die Ukraine sichern. Beim EU-Gipfel soll ausgearbeitet werden, wie dafür die Zinsen aus eingefrorenem russischem Vermögen genutzt werden können.22.03.2024 | 1:55 min
Für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist die Sache klar: "Es könnte kein stärkeres Zeichen und keine bessere Verwendung für diese Vermögenswerte geben, als sie einzusetzen, um die Ukraine und ganz Europa zu einem Ort zu machen, an dem es sich sicher leben lässt", sagte von der Leyen vergangene Woche in Straßburg.
Das macht Josep Borrell heute konkret: 90 Prozent der Zinserträge aus eingefrorenem russischen Vermögen ("Frozen Assets") will die EU auf die Europäische Friedensfazilität aufschlagen. Damit würde sie Europas militärische Hilfe für die Ukraine weiter aufstocken. Den Vorschlag kündigt der EU-Außenbeauftragte am Mittag bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Premier Denys Schmyhal an.
Borrell: Geldscheine in Waffen verwandeln
Die Staats- und Regierungschefs der EU sollen darüber auf ihrem Donnerstag beginnenden Gipfel beraten.
Ich hoffe, dass wir schnell eine Einigung finden und Geldscheine in Waffen verwandeln.
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EU-Außenbeauftragter Josep Borrell
Soldaten bräuchten Waffen in der Hand, um ihr Volk zu verteidigen, so Borrell.
Russische Gelder in EU eingefroren
Hintergrund: Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die EU im Februar 2022 das Vermögen des russischen Staats, das in der EU angelegt ist, eingefroren. Zusammen mit den G7-Staaten und Australien wurden rund 260 Milliarden Euro blockiert - vor allem Vermögenswerte der russischen Zentralbank.
Die EU will Zinserträge aus eingefrorenem russischen Geld nutzen, so Korrespondentin Schaefers. Heißt: Rund drei Milliarden Euro pro Jahr für Waffen und Munition für die Ukraine.20.03.2024 | 2:21 min
Mehr als zwei Drittel davon, rund 210 Milliarden Euro, liegen in der EU. Doch das Geld liegt nicht herum. Russland hat es in der EU angelegt. Es wirft Zinsen ab. Borrell rechnet mit rund drei Milliarden Euro pro Jahr.
Kritik von Forscher: EU traut sich nicht an russisches Vermögen
Benjamin Hilgenstock forscht und lehrt zu Russland-Sanktionen an der Kyiv School of Economics und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Er kritisiert im Interview mit ZDFheute, die EU wage sich nicht an das Vermögen selbst: "Die Situation gebietet es, dass wir Russland für seine Verbrechen und die Schäden, die es in der Ukraine verursacht, zur Rechenschaft ziehen. Auch, indem wir Russlands Vermögen dazu benutzen, die Ukraine wieder aufzubauen."
Russlands Oligarchen gelten als Profiteure des "System Putin". Trotz der EU-Sanktionen ist es schwer, ihr Vermögen aufzuspüren. 30.08.2023 | 6:09 min
Wo sonst solle man in Europa, in den USA und anderenorts diese Finanzmittel aufbringen, fragt der Forscher. Die Weltbank schätzt die Kosten für den Wiederaufbau auf rund 500 Milliarden Euro.
Rechtlichen Bedenken müsse man Rechnung tragen, so Hilgenstock: "Wir müssen verhindern, dass Russland uns irgendwann vor Gericht zerrt und wir dort verlieren. Wenn man das macht, muss es also gerichtsfest sein. Kommunikativ wäre das sonst katastrophal." Trotzdem ist er überzeugt:
Der russische Staat hat sich völkerrechtswidrig verhalten. Deswegen wäre es möglich, im Gegenzug die Vermögenswerte des russischen Staates zu konfiszieren.
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Könnte Russland EU-Gelder konfiszieren?
Auf die Frage, ob andere Staaten ihre Reserven aus der EU abziehen würden, meint Hilgenstock: "Wenn Sie als Zentralbank hunderte Milliarden Dollar anlegen müssen, dann müssen Sie das in verlässlichen Finanzzentren tun und in Vermögenswerten, die liquide sind. Da stehen einfach nicht unfassbar viele Optionen zur Verfügung." Es sei relativ unwahrscheinlich, dass etwa China seine Reserven in Form von Gold in den Keller lege. "So funktioniert das Reservemanagement von Zentralbanken nicht."
Und könnte Russland im Gegenzug Vermögen von Unternehmen aus der EU in Russland konfiszieren? Russische Racheakte seien ein gern vorgebrachtes Argument. "Mag sein. Aber das tut Russland sowieso und völlig unabhängig davon, was wir mit Russlands Reserven machen", so Hilgenstock.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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