Neue EU-Ratspräsidentschaft: Warum Belgien unter Druck steht
Neue Ratspräsidentschaft:EU: Warum Belgien bereits unter Druck steht
von Gunnar Krüger
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Belgien setzt für sechs Monate die Agenda der EU. Was Europa-Abgeordnete von der EU-Ratspräsidentschaft Belgiens erwarten - und warum für wichtige Gesetze jetzt die Uhr tickt.
In Brüssel macht die Sonne eine Ausnahme und scheint durch die Wolkendecke. Eine Menschentraube schiebt sich durch den Königspark. Hinter Scheinwerfern, Mikrofon und Kamera: ein Spaziergänger. "Hallo Alexander, wie geht’s dir?", ruft eine Frau hinter der Kamera. "Gut, Danke. Und wie geht’s dir?"
Der hölzerne Dialog ist ein Werbevideo, der Spaziergänger ist Alexander de Croo, der liberale Premierminister. Belgien übernimmt an Neujahr die Ratspräsidentschaft der EU. Das heißt: Das Land, das ohnehin die EU-Institutionen beherbergt, setzt sechs Monate lang auch die Agenda, bittet zu Ministerräten in Marmorpalästen.
Europawahl übt Druck auf neue EU-Ratspräsidentschaft aus
Die Präsidentin des EU-Parlaments war schon da - im Palais Egmont. Für die Anreise lohnt es kaum, ins Auto zu steigen. Roberta Metsola hatte eine freundliche Mahnung dabei: "Es müssen insgesamt noch 150 Gesetze fertig werden. Also, kein Druck!" Premier de Croo stand daneben und musste lachen: "Jetzt werden wir nervös."
Stress verbreitet die Europawahl: Vom 6. bis 9. Juni wählen die Bürger der EU ein neues Parlament. Das heißt: Was zur letzten Sitzung Ende April nicht durch die Gesetzesmühle geht, verfällt. Zum Beispiel Gesetze zum Schutz von Plattform-Arbeitern oder von Frauen gegen Gewalt. De Croo nimmt die Herausforderung an:
Wir freuen uns echt darauf. Belgien hat die Ratspräsidentschaft zum 13. Mal inne. Wir sollten also wissen, was wir tun.
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Alexander de Croo, Premierminister Belgiens
Spanien lobt eigene Ratspräsidentschaft
Vorgänger Spanien hatte einiges abgeräumt, politische Einigungen erzielt, etwa bei der Reform des Strommarkts oder - auf den letzten Metern vor Weihnachten - bei den Stabilitätskriterien. "Das ist der krönende Abschluss einer glänzenden Bilanz", so das Eigenlob von Nadia Calviño. Spaniens Wirtschaftsministerin wechselt - ebenfalls an Neujahr - an die Spitze der Europäischen Investitionsbank.
Spanien hatte auch eine Einigung erzielt über eine Reform der gemeinsamen europäischen Asyl- und Migrationspolitik. Der Kompromiss zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten gilt als Ausweis der Handlungsfähigkeit, als Argument gegen ganz rechts im Wahlkampf - für Grüne genauso wie für Konservative.
Europa-Abgeordnete erklären gegenüber ZDFheute: "Wir brauchen mehr Geschwindigkeit, wir brauchen mehr Handlungsfähigkeit und dafür wäre ein Rechtsruck eine Katastrophe", sagt Terry Reintke, europäische Spitzenkandidatin der Grünen. Und der Fraktionsvorsitzende der EVP, Manfred Weber, warnt:
Steigende Anteile von Rechtsradikalen, von politischen Kräften, die die Zusammenarbeit in Europa und im Europäischen Parlament im Grundsatz infrage stellen, sind eine schwere Belastung für die Zukunft Europas.
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Manfred Weber, EVP-Fraktionsvorsitzender
Europas Gegenwart belastet Viktor Orban. Am 1. Februar kommen die Staats- und Regierungschefs zu einem Sondergipfel zusammen. Noch immer blockiert der Ungar die Finanzhilfen der EU für die Ukraine. Schon kursiert ein Plan B: Von 20 Milliarden als Kredit, für den 26, also alle außer Ungarn, bürgen, schreibt die "Financial Times".
Reintke: EU darf sich nicht von Orban "erpressen" lassen
"Das Signal vom Dezember, jetzt die Verhandlungen zu beginnen, war für die Menschen in der Ukraine politisch extrem wichtig", meint Manfred Weber. Jetzt gehe es darum, das auch konkret mit Finanzmitteln zu untermauern.
"Das können die europäischen Staaten rein theoretisch auch mit 26, also ohne Orban", sagte Terry Reintke. Langfristig dürfe sich die EU aber nicht weiter von Viktor Orban "erpressen" lassen. Belgien solle darum das Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge vorantreiben. An dessen Ende steht der Entzug von Stimmrechten für ein Mitgliedsland.
26 gegen Orban - neue Konstellation in Europa
Scholz "ganz zuversichtlich" in Debatte um Ukraine
Belgien will "Europa für die Zukunft" bereit machen
Doch Alexander de Croo, der Spaziergänger vom Königspark, zählt das nicht zu seinen Prioritäten. Er streckt drei Finger in die Kamera: "Erstens wollen wir unsere Bürger schützen, zweitens unsere Wirtschaft auf nachhaltige Weise stärken, und die letzte Priorität ist, Europa für die Zukunft aufzustellen." Der Premier steht übrigens selbst zur Wahl. Belgien wählt gleichzeitig zur Europawahl.
Egal, wie viel Wahlkampf und wie viel konkrete Politik sich hinter den Schlagworten verbirgt, Belgiens Erfahrung in Ratspräsidentschaften könnte von Nutzen sein - erst recht beim Blick auf den Nachfolger in sechs Monaten. Der heißt Ungarn.
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