Nouripour: Krieg einzufrieren wäre "Steilvorlage" für Putin

    Interview

    Nouripour zu Ukraine-Konflikt:Krieg einfrieren? "Steilvorlage" für Putin

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    Grünen-Chef Nouripour begrüßt den EU-Plan, Kiew Zinsen aus russischem Vermögen zukommen zu lassen. Den Konflikt einzufrieren, sieht er als "Steilvorlage für den nächsten Krieg".

    Omid Nouripour
    Omid Nouripour, Parteivorsitzender der Grünen, im Interview des ZDF Morgenmagazins.21.03.2024 | 6:59 min
    Die EU plant, Zinsen aus eingefrorenen russischen Vermögen der Ukraine zuzuführen - auch die Ampel-Regierung unterstützt den Vorschlag. Wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell ausführte, sollen rund 90 Prozent in Militärhilfen für das von Russland angegriffene Land investiert werden, zehn Prozent sollen in die Verteidigungsindustrie und den Wiederaufbau fließen.
    Der Bundesvorsitzende der Grünen Omid Nouripour begrüßt die Idee im ZDF-Morgenmagazin und bekräftigt die von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) geäußerte Kritik an einem Vorschlag zum "Einfrieren" des Kriegs in der Ukraine.
    Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Omid Nouripour ...

    … zur Weitergabe der Zinserträge aus russischem Vermögen an die Ukraine

    Schätzungen zufolge würde das eingefrorene russische Vermögen, das sich auf mehr als 200 Milliarden Euro belaufen soll, rund drei Milliarden Euro an Zinserträgen in diesem Jahr generieren. "Das ist eine signifikante Verbesserung der Militärhilfe", sagte Nouripour, gerade weil sich einige Staaten in der EU schwertäten, eigenes Geld aufzuwenden.

    Das ist ein kluger Weg, der Ukraine beizustehen - mit den Zinsen des Geldes des Aggressors.

    Omid Nouripour, Bundesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen

    Nouripour sagte weiter, es werde in Zukunft auch diskutiert werden, "was eigentlich mit dem Geld selbst passiert und nicht mit den Zinsen". Die Ukraine hatte gefordert, die gesamten russischen Vermögen zu beschlagnahmen - das lehnt die EU bislang wegen rechtlicher Bedenken jedoch ab.
    Russische Zinsen für Ukraine
    Der EU-Außenbeauftragte Borrell schlägt vor, das eingefrorene russische Vermögen zu Gunsten der Ukraine zu nutzen. Er will Zinsgewinne abschöpfen - etwa drei Milliarden Euro pro Jahr.21.03.2024 | 2:33 min

    … zu geäußerten Vorschlägen, den Ukraine-Krieg einzufrieren

    Der Fraktionschef der SPD, Rolf Mützenich, hatte sich jüngst dafür ausgesprochen, über ein "Einfrieren" des Konflikts zu sprechen. Nouripour sagt dazu, dass ein "Einfrieren" den Krieg nicht stoppen würde. "Die Situation in den besetzten Gebieten ist verheerend. Es gibt systematische, schwerste Verbrechen an den Menschenrechten, an den Menschen dort. Wir hören so viele Berichte über Grausamkeiten."

    Das ist kein Frieden, den die Leute dort erleben werden. Die haben es nicht verdient, dass wir am Schreibstisch sitzen und einfach mal sagen, ich hab jetzt keine Lust mehr auf diesen Krieg. Man muss sich den Realitäten stellen.

    Omid Nouripour, Bundesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen

    Man müsse verstehen, dass die Umsetzung des Vorschlags dem Aggressor Russland helfe, so Nouripour. Wenn die Ukraine diesen Krieg nicht gewinne und "ihr eigenes Land nicht zurückerobert", sei das für Putin "die Steilvorlage für den nächsten Krieg".
    Rolf Mützenich
    SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte im Bundestag laut über ein "Einfrieren" des Krieges in der Ukraine nachgedacht. Gegenwind kam von allen Seiten, auch aus der eigenen Partei. 19.03.2024 | 1:51 min

    … zu einem möglichen Zeitpunkt für Verhandlungen

    Überhaupt liege die Beendigung des Konflikts nicht in der Hand des Westens, betonte Nouripour. Den richtigen Zeitpunkt für Verhandlungen zu finden, "das muss die Ukraine, das ist deren Land", so Nouripour.
    Empört äußerte sich der Grünen-Chef über Menschen in Deutschland, die dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sagen wollten, was er machen solle.

    Das ist keine Kolonie Deutschlands. Das ist ein eigenständiger Staat.

    Omid Nouripour, Bundesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen

    Der Kern des Krieges sei die Souveränität und Selbstbestimmung der Menschen in der Ukraine, sagt Nouripour weiter. Das werde von den Russen missachtet. "Wir sollten nicht so tun, als würden wir genauso denken."
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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
    Liveblog
    Quelle: ZDF

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