Migration in der EU: Von Willkommenskultur zur Abschottung
Europa macht die Grenzen dicht:Von der Willkommenskultur zur Abschottung
von Julia Rech und Ulf Röller
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Kaum ein Thema spaltet Europa so sehr, wie die Migration. Seit der Flüchtlingskrise 2015 hat sich die Haltung geändert: von der Willkommenskultur zur Abschottungspolitik.
Kaum ein Thema spaltet Europa so sehr wie die Migration. 2015 herrschte Willkommenskultur, seitdem schwenkt die EU zu einem härteren Umgang mit Geflüchteten.16.05.2024 | 45:19 min
Nach jahrelangem Streit hat sich die EU auf einen Migrationspakt geeinigt. Darin will sie künftig schnelle Asylverfahren schon an Europas Außengrenze, mehr Abschiebungen und eine gerechtere Verteilung von Geflüchteten in Europa.
Johansson hat den Migrationspakt maßgeblich vorangetrieben.
Frankreichs Präsident Macron liebt große Gesten, Bundeskanzler Scholz bedachte Worte. Krieg, Rechtsruck und Inflation spalten Europa. Können diese Männer die EU retten?07.05.2024 | 15:36 min
Migration: Tunesien als Torwächter Europas
Europa setzt auch auf Abkommen mit Drittstaaten wie Tunesien. Die Vereinbarung im Sommer 2023: Das Transitland soll Migranten aus Afrika aufhalten und zurückschicken, gegen Schlepper vorgehen. Dafür gibt Europa Geld, Ausrüstung und Trainingsstunden. Tunesien als Torwächter Europas.
In den Olivenhainen im Camp Kilometer 30, so weit ist das Camp von der nächstgrößeren Stadt Sfax entfernt, stecken seitdem Tausende Migranten fest. Sie warten darauf, doch noch auf eines der Metallboote zu kommen, die sie nach Lampedusa bringen. Ihren Sehnsuchtsort Europa.
Mithilfe künstlicher Intelligenz wird versucht, Wahlen zu beeinflussen. Im Wahljahr 2024 wächst die Gefahr für die Demokratie. Wer steckt hinter manipulierten Bildern und Stimmen?08.05.2024 | 29:14 min
Die Abschottungspolitik hat einen hohen Preis, Tunesien ist in Sachen Menschenrechten ein zweifelhafter Partner. Immer wieder werden Geflüchtete an die libysche oder algerische Grenze verschleppt und ohne Wasser in der Wüste ausgesetzt. Doch die Gewalt der tunesischen Polizei hält die Migranten nicht auf.
Europa war für Ungarn, Slowenen, Tschechen und Slowaken das Versprechen von Freiheit, Wohlstand und Sicherheit. Was ist daraus geworden, was hat sich in 20 Jahren EU verändert?25.04.2024 | 44:15 min
Wie kann sich Europa abschotten, ohne seine Werte zu verraten?
Im September 2023 kamen wieder Hunderte Migranten auf der kleinen Mittelmeerinsel Lampedusa an, trotz Abkommen. Die tunesische Migrationsabwehr hat Lücken. Tunesien ist in einer schwierigen Wirtschaftslage, das Land ächzt unter dem Zulauf der Migranten an der Küste. In der Bevölkerung steigen Ablehnung und Rassismus.
Italien sucht nach weiteren Lösungen. Der Druck auf Lampedusa ist zu groß. Italien schickt deshalb Migranten, die es auf dem Mittelmeer aufgreift, ab diesem Herbst nach Albanien. Das haben Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und ihr albanischer Amtskollege Edi Rama letzten Sommer vereinbart - im Alleingang. Dafür werden im Norden des Landes neue Flüchtlingslager gebaut. Italien zahlt dafür. Etwa 36.000 Flüchtlinge, die nach Italien wollen, landen so künftig in Albanien, also außerhalb der Europäischen Union.
"Das machen wir nicht, um gelobt zu werden", sagt Albaniens Regierungschef Edi Rama, "sondern weil wir in Europa nicht mehr so gesehen werden wollen wie früher, ein zwielichtiges Land mit viel Kriminalität und Korruption."
Albanien, das sind unberührte Küsten, hunderttausende Bunker, wilde Berge und einer der letzten Wildflüsse Europas. Ein Land im Aufbruch - wunderschön, aber mit Schattenseiten.09.05.2024 | 13:35 min
2023: 3.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken
In den neuen Lagern werden schnelle Asylverfahren durchgeführt, nach italienischem Recht. Wer Asyl bekommt, kommt nach Italien, wer keines bekommt, wird von Albanien direkt ins Herkunftsland abgeschoben. Das soll abschrecken, aber auch dafür sorgen, dass sich keiner auf die gefährliche Überfahrt nach Europa macht, dass weniger Menschen sterben. Allein im letzten Jahr sind 3.000 Menschen im Mittelemeer ertrunken. Ist der Deal zwischen Italien und dem EU-Beitrittsland Albanien ein Modell für ganz Europa?
Erstmal will Albanien nur Italien helfen. Die anderen EU-Staaten schauen aber sehr genau hin. Migrationsexperten wie Gerald Knaus haben Zweifel, dass dieser Deal übertragbar ist.
Seit Jahren scheitert die europäische Migrationspolitik. Mit dem neuen Migrationspakt zeigt Europa Einigkeit, setzt auf Abschottung und Abschreckung, will dabei den Rechtsstaat aber nicht verraten. Daran wird sich Europa messen lassen müssen.
Jahrelang stritt die EU: Nun hat sie einen Kompromiss gefunden, der die Migration begrenzen soll - ohne dabei die europäischen Menschenrechte mit den Füßen zu treten.