Von der Leyen: Neue EU-Kommission mit umstrittener Besetzung

    EU-Kommission mit Postfaschist?:Kontroversen um von der Leyens Personalien

    von Katharina Eisenmann, Lara Wiedeking
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    Ursula von der Leyen hat ihre neue EU-Kommission vorgestellt. Wer bekommt welches Ressort und was bedeutet das für die EU-Politik? Eine Personalie ist besonders umstritten.

    President of the European Commission presents her new College of Commissioners
    EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen will heute die Spitzenvertreter und -vertreterinnen des Europaparlaments über die künftige Zusammensetzung der EU-Kommission unterrichten.17.09.2024 | 3:25 min
    Lange wurde der Moment erwartet, an diesem Dienstag war es dann so weit: Ursula von der Leyen hat ihren Vorschlag für die neue EU-Kommission offiziell vorgestellt - eine Woche später als geplant. Während die Namen der Kandidat*innen von den Mitgliedsstaaten vorgeschlagen wurden und bereits bekannt waren, ging es heute vor allem um die Frage der Zuständigkeiten. Und es wurde klar: Die Krisen in Europa diktieren die Ausrichtung der neuen Kommission.

    Fokus auf Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit

    Während das letzte Mandat durch das Top-Thema Klima geprägt gewesen sei, stünden die Zusammensetzung dieser Kommission sowie ihre Leitlinien stärker unter dem Fokus Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit, so die Kommissionspräsidentin. "Das spiegelt stark die Zeit wider, in der wir leben."
    Gleich drei neue Ressorts soll es außerdem geben: Mittelmeer, Wohnen und Verteidigung. Auch dies kann als Ausdruck einer bewussten Priorisierung verstanden werden, doch bezüglich der tatsächlichen Wirksamkeit ist Politologe und Kommissions-Kenner Josef Janning vorsichtig:

    Die Präsidentin kann eine Person für das Ressort Wohnen benennen, aber deshalb bekommt die Kommission nicht mehr Zuständigkeiten.

    Josef Janning, Politologe

    Über die Thematisierung könne sie lediglich versuchen, die Mitgliedsstaaten dazu zu bringen, mehr in diesem Feld zu tun.
    ZDF-Korrespondent Röller berichtet aus Straßburg.
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat im Europaparlament ihr neues Team für die nächsten fünf Jahre vorgestellt. ZDF-Korrespondent Röller berichtet aus Straßburg.17.09.2024 | 1:09 min

    Erster Verteidigungskommissar der EU

    Zum ersten Mal soll es in der neuen Kommission auch einen Verteidigungskommissar geben - den Litauer Andrius Kubilius. "Und der muss eine europäische Rüstungsindustrie aufbauen, das wird eine Riesenaufgabe", betont ZDF-Korrespondent Ulf Röller. Neben der neuen Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas aus Estland, ist es der zweite wichtige außenpolitische Posten, der mit Personen aus den baltischen Staaten besetzt wurde.
    Die Mitglieder der Kommission unterliegen explizit keinen Weisungen der Mitgliedsstaaten, betont Janning. Gerade im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine könne aber angenommen werden, dass politische Akteur*innen aus diesen Staaten mit einer anderen Sensibilität und Dringlichkeit auf den Krieg schauen.
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    Die EU-Kommission gehört zu den wichtigsten Organen der Europäischen Union. Wie sie sich zusammensetzt und welche Aufgaben sie hat, erklärt das Grafikvideo.20.06.2024 | 1:04 min

    Ressorts haben unterschiedlich großen Einfluss

    Nicht alle Ressorts sind mit gleich viel Macht und Einfluss verbunden. Das weiß auch Ursula von der Leyen: "Mindestens 20 Mitgliedsstaaten wollten ein starkes Wirtschaftsportfolio. Es ist unmöglich, 20 Mitgliedsstaaten ein starkes Wirtschaftsportfolio zuzuteilen."
    Der nach dem kurzfristigen Rücktritt von Thierry Breton erst am Montag nominierte französische Kandidat Stéphane Séjourné bekommt das mächtige Ressort Industrie und Binnenmarkt. Séjourné ist außerdem einer von insgesamt sechs geschäftsführenden Vize-Präsident*innen.
    Europa: "Aufbruchssignal und Miteinander"
    Die neue EU-Kommission solle "Europa zusammenführen" und Aufbruch signalisieren, so Manfred Weber, EVP-Fraktionsvorsitzender, aus Straßburg.17.09.2024 | 5:54 min

    Fitto: Die umstrittenste Personalie

    Ein weiterer mächtiger Posten geht nach Italien, an Raffaele Fitto, Postfaschist und Mitglied von Giorgia Melonis Frateli d’Italia. Er ist ein Symbol für den Rechtsruck in der EU und soll künftig unter anderem für Regionalförderung zuständig sein.
    Das Portfolio mache mehr als ein Drittel des EU-Haushalts aus, sagt die Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley. "Natürlich ist die Gefahr da, dass es sehr auf italienische Verhältnisse zugeschnitten wird", so die SPD-Politikerin weiter.

    Italien ist mehr als andere Länder auf die europäischen Gelder angewiesen, und diese Rechtspopulisten sind ja auch dafür bekannt, dass sie gerne alles Geld zu sich selbst holen.

    Katarina Barley, SPD-Europapolitikerin

    Fitto ist außerdem ein weiterer geschäftsführender Vize-Präsident. Die Unzufriedenheit der Parlamentarier*innen ist groß.

    Die EKR-Gruppe war nicht Teil der Mehrheit im Parlament, die von der Leyen gewählt hat und Italien hat sich auch im Rat enthalten. Deshalb verstehen wir nicht, warum Italien jetzt belohnt wird und eine solch einflussreiche Position bekommt.

    Terry Reintke, Co-Vorsitzende der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament

    Und auch das Ziel einer geschlechterparitätischen Kommission konnte die Präsidentin nicht erreichen, auch wenn der Frauenanteil durch Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten von anfangs 22 Prozent noch auf 40 Prozent angehoben worden konnte. Vier der sechs wichtigen Vize-Präsident*innen-Posten hat von der Leyen dafür mit Frauen besetzt - wenigstens ein kleiner Erfolg.
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