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Analyse
Machtansprüche nach Wahlen:Wie Konservative nach EU-Spitzenjobs greifen
von Ulf Röller, Brüssel
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Der EU-Gipfel diskutiert über sein Spitzenpersonal, doch noch ist keine Einigung in Sicht. Einen langen Streit will niemand - es braucht eine stabile EU in einer Welt voll Krisen.
Der Poker um die Neubesetzung von EU-Spitzenposten nach der Europawahl geht in die Verlängerung.18.06.2024 | 2:00 min
Die Regierungschefs treffen sich immer im "Europa-Building". Man kennt das Gebäude aus dem Fernsehen: Der lange, rote Teppich führt an den unzähligen Kameras vorbei. Da stand zu Beginn dieses EU-Gipfels Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sprach von einer schnellen Lösung im Personal-Karussell.
Der französische Präsident Emmanuel Macron soll auf eine kurze Sitzung gedrängt haben. Er wollte um 9 Uhr abends das Spiel seiner Nationalmannschaft bei der EM sehen. Aber die Regierungschefs mussten nachsitzen.
Portugals Ex-Premier gilt als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des EU-Ratspräsidenten.18.06.2024 | 2:12 min
Europas Konservative wollen EU-Ratspräsidenten stellen
Was war passiert? Die EVP, die Konservativen Europas, haben die Muskeln spielen lassen. Sie sind der klare Sieger der Europawahl. Sie beanspruchten bisher den Posten der Kommissionspräsidentin. Ursula von der Leyen ist gesetzt. Die Politikerin der CDU soll weitere fünf Jahre die Chefin der mächtigen Behörde bleiben, die EU-Gesetze vorbereitet und vorschlägt.
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wird wohl für eine zweite Amtszeit vorgeschlagen. Um den Posten des Ratspräsidenten werde noch diskutiert, so Isabelle Schaefers in Brüssel.18.06.2024 | 1:40 min
Und die EVP will den Posten der Parlamentspräsidentin. Das soll Roberta Metsola bleiben. So gut, so klar.
Aber das reicht der EVP wohl noch nicht. In der Sitzung beanspruchte sie auch den Posten des EU-Ratspräsidenten. Der ist eigentlich für die Sozialdemokraten vorgesehen. Ihr Mann: der ehemalige portugiesische Regierungschef António Costa. Damit war klar: Abpfiff für einen gemütlichen Fußball-Abend der Regierungschefs. Die Verhandlungen gingen in die Verlängerungen.
Kaja Kallas als EU-Außenministerin?
Die Konservativen denken über eine Teilung der fünfjährigen Amtszeit nach. Eine Hälfte ein EVP-Kandidat, eine Hälfte ein Sozialdemokrat.
Die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union wählen alle fünf Jahre das EU-Parlament. Die Abgeordneten übernehmen dann verschiedene Aufgaben und gestalten so die EU-Politik. 25.04.2024 | 1:02 min
Den Posten des EU-Außenministers sollen die Liberalen bekommen. Gehandelt wird die estnische Regierungschefin Kaja Kallas. Auch das nach dem Gipfel-Abend nicht ganz unumstritten. Kallas gilt einigen als Scharfmacherin im Ukraine-Russland-Konflikt. Aber sie scheint dennoch gesetzt.
Olaf Scholz verhandelt für die Sozialdemokraten
In einer kleinen Verhandlungsrunde suchte der Gipfel nach Lösung. Für die EVP verhandelt der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, für die Sozialdemokraten Bundeskanzler Olaf Scholz. Für die Liberalen Frankreichs Präsident Macron.
Eine Einigung soll es auf dem Gipfel Ende Juni geben. Keiner will endlose Personaldebatten, die die EU lähmen würden. Die Weltlage ist zu gefährlich. Russlands Angriffskrieg verlangt Geschlossenheit. Dazu kommt noch die innenpolitische Lage vor allem in Deutschland und Frankreich.
Frankreichs Präsident Macron liebt große Gesten, Bundeskanzler Scholz bedachte Worte. Krieg, Rechtsruck und Inflation spalten Europa. Können diese Männer die EU retten?07.05.2024 | 15:36 min
Beide Regierungschefs sind nach den Europawahlen angeschlagen. Macron hat Neuwahlen für das Parlament ausgerufen. Er braucht seine ganze Kraft daheim. Das Gleiche gilt für Scholz. Bei der Suche nach einer schnellen Lösung hoffen sie, dass die Achse Paris-Berlin funktioniert.
Wutausbruch von Italiens Giorgia Meloni
Aber nicht alle denken so. Störfeuer kommt von der italienischen Regierungschef Giorgia Meloni. Sie fühlt sich auch als Wahlsieger. Die Stärkung der Rechtsnationalen will sie berücksichtigt sehen. Deshalb ist sie sauer, dass das Bündnis aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen die Posten unter sich aufteilen will.
In der Welt gibt’s nur noch Krisen? Nicht unbedingt. Das beleuchtet der neue ZDF auslandsjournal Podcast von und mit der Internationalen Sonderkorrespondentin Katrin Eigendorf und Publizistin und Journalistin Jagoda Marinić. Zum Beispiel, was uns nach dem Rechtsruck bei der Europawahl Hoffnung geben kann.
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Unterstützung bekommt Meloni vom ungarischen Regierungschef Viktor Orban, der erklärt: In Europa "interessieren sie sich nicht für die Realitäten, sie interessieren sich nicht für die Wahlergebnisse, sie interessieren sich nicht für den Willen des Volkes." Dieser Wutausbruch bleibt wohl folgenlos.
Denn trotz Rechtsruck haben die Rechtsnationalen sowohl im EU-Rat als auch im Europäischen Parlament keine Mehrheiten, um ihren Machtanspruch nach Posten zu verwirklichen.
Neue Zusammensetzung des EU-Parlaments
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Ganz so reibungslos wie erhofft, läuft die Postensuche also nicht. Die Regierungschefs verhandelten beim Abendessen, als das Fußball-Spiel lief. Der rote Teppich blieb leer. Nur ein Fernseher lief mit dem Frankreich-Spiel zur Freude der wartenden Journalisten.
Ulf Röller ist Leiter des ZDF-Studios Brüssel.
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