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SPD-Politiker sieht Risiken:Mützenich warnt vor US-Raketen in Deutschland
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Die USA wollen Raketen in Deutschland stationieren, die bis nach Russland reichen. SPD-Fraktionschef Mützenich sieht mögliche Risiken - und verweist auf Altkanzler Helmut Schmidt.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Bedenken gegen die geplante Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland.
Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Rolf Mützenich, Fraktionschef der SPD, hat Bedenken gegen die geplante Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland. "Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine verbessern, aber wir dürfen die Risiken dieser Stationierung nicht ausblenden", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Berlin und Washington vereinbaren erstmals seit dem Kalten Krieg u.a. Langstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. Es gehe darum, "Abschreckung sicherzustellen", so Scholz.11.07.2024 | 2:37 min
Mützenich kritisiert unfaire Verteilung
Die Nato verfüge auch ohne die neuen Systeme über "eine umfassende, abgestufte Abschreckungsfähigkeit", argumentierte der Fraktionschef der Kanzlerpartei. "Mir erschließt sich auch nicht, warum allein Deutschland derartige Systeme stationieren soll. Unter Lastenteilung habe ich bisher etwas anderes verstanden."
Er würde sich wünschen, "dass die Bundesregierung ihre Entscheidung einbettet in Angebote zur Rüstungskontrolle". Helmut Schmidt habe das in der Nachrüstungsdebatte auch so gehalten.
Um diese Waffensysteme der USA geht es:
Beim BGM-109 Tomahawk handelt es sich um einen Marschflugkörper. Auch wenn diese Flugkörper Raketen ähnlich sehen, sind sie doch etwas anderes. Während ballistische Raketen von ihrem Antrieb auf eine bogenförmige, ballistische, Flugbahn gebracht werden und dann auf ihr programmiertes Ziel "stürzen", haben Marschflugkörper einen permanenten Antrieb, oft kleine Tragflächen und fliegen in niedriger Höhe ihrem Ziel entgegen. Die Tomahwks sind rund 880 Kilometer pro Stunde schnell und haben eine Reichweite von mehr als 1.650 Kilometern. Es gab bis zum INF-Abrüstungsvertrag eine Tomahawk-Version, die Nuklearsprengköpfe tragen konnte. Dieser Typ wurde aber bis 1991 völlig abgerüstet. Die aktuellen Tomahawk-Marschflugkörper können während des Fluges auf neue Ziele umprogrammiert werden und verschiedene konventionelle Gefechtsköpfe tragen.
Die Standard Missile 6 (SM-6) ist eine Flugabwehr-Rakete zur Bekämpfung von Kampfflugzeugen, Marschflugkörpern oder ballistischen Raketen (innerhalb der Erdatmosphäre). Die SM-6 ist mehr als 4.000 Kilometer pro Stunde schnell und hat eine Reichweite von mehr als 370 Kilometern. Es gibt Versionen die von Land, aus der Luft oder von Schiffen eingesetzt werden können. Obwohl die SM-6 originär eine Flugabwehr-Rakete ist, gibt es eine modifizierte Version für den Einsatz gegen Ziele am Boden. Diese Version ist nach Angaben von Experten für die Stationierung in Deutschland vorgesehen.
Die US-Hyperschallwaffen sind noch nicht serienreif – die Entwicklung scheint aber weit fortgeschritten. Darauf weisen erfolgreiche Test über dem Pazifik im März 2024 hin. Dabei wurde eine AGM-183 Air-launched Rapid Response Weapon (ARRW) von einem Langstrecken-Bomber des Typs B-52 auf Starthöhe gebracht, und erreichte nach der Trennung vom Trägerflugzeug mehr als fünffache Schallgeschwindigkeit. In Rahmen eines weiteren Hyperschall-Projekts entwickelt die US Army die "Dark Eagle Long Range Hypersonic Weapon (LRHW)", ein landgestütztes System, dessen Flugkörper mehr als 6.000 Kilometer pro Stunde schnell sein sollen und deren Reichweite mit mindestens 2.750 Kilometern angegeben wird. Tim Thies vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg vermutet, dass die USA bei der angekündigten Stationierung mit "Dark Eagle" planen.
Quellen: ZDF, AFP, Reuters, globalsecurity.org
Quellen: ZDF, AFP, Reuters, globalsecurity.org
Russland reagiert mit deutlichen Worten auf die geplante Stationierung von US-Waffen in Deutschland ab 2026. Diana Zimmermann und Armin Coerper berichten.11.07.2024 | 2:31 min
Eskalation? Kanzler Scholz weist Bedenken zurück
Am Rande des Nato-Gipfels hatten das Weiße Haus und die Bundesregierung kürzlich bekanntgegeben, dass die USA von 2026 an in Deutschland wieder Waffensysteme stationieren wollen, die weit bis nach Russland reichen. Darunter sollen Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern sein, die technisch gesehen auch nuklear bestückt sein können, sowie Luftabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Hyperschallwaffen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wies später Befürchtungen zurück, die geplante Stationierung könnte zu einer Eskalation mit Russland führen. Die Waffen dienten der Abschreckung und sollten Angriffe aus einem "sicheren Hinterland" von vornherein verhindern.
Standorte der Nato-Atomwaffen in Europa
ZDFheute Infografik
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Mützenich will Abzug von US-Atomwaffen
Mützenich bekräftigte, dass er perspektivisch weiterhin einen Abzug der verbliebenen US-Atomsprengköpfe aus Deutschland anstrebt. "Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass gerade diese Form der atomaren Abschreckung sicherheitspolitisch keinen Sinn macht", sagte er den Funke-Zeitungen. Die Vorstellung, dass Sprengköpfe mit Flugzeugen zu einem gegnerischen Ziel gebracht werden, scheine ihm etwas aus der Zeit gefallen.
"Mir ist klar, dass der Abzug der amerikanischen Atomsprengköpfe in der Nato gegenwärtig nicht mehrheitsfähig ist", räumte Mützenich ein, der jahrzehntelang für Abrüstung eingetreten ist.
Die sogenannte nukleare Teilhabe der Nato sieht vor, dass in Europa stationierte Atomwaffen der USA im Ernstfall auch von Flugzeugen der Partnerstaaten abgeworfen werden. Die Bundeswehr hält dafür Kampfflugzeuge vor. In Büchel in der Eifel sollen - offiziell nie bestätigt - etwa 20 thermonukleare B61-Gravitationsbomben der US-Streitkräfte lagern.
Quelle: ZDF
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Quelle: dpa
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