Das Bugatti-Märchen: Die US-Wahl im Visier russischer Fakes

    US-Wahl im Visier Russlands:Der Bugatti-Fake und andere russische Märchen

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Ein Netzwerk russischer Fake-News-Seiten verbreitet massenweise Desinformation, um die US-Wahl zu beeinflussen. Eine der Schlüsselfiguren dahinter: Ein Ex-Polizist aus Florida.

    Fake-News, Symbolbild
    Fake-News-Seiten, die US-Nachrichtenportalen nachempfunden sind, fluten das Internet.
    Quelle: afp

    Die vermeintliche News-Webseite "veritecachee.fr" wirkt irgendwie seltsam. Alle Headlines beginnen mit den Worten: "Hier ist ein kurzer Titel für den Artikel". Ein Artikel über die Wetterlage in Frankreich beginnt mit den Worten: "Hier ist ein ausführlicher Artikel über die Stürme und Unwetter, die Frankreich an diesem Wochenende heimgesucht haben." Offenbar wurden sämtliche Inhalte mithilfe von KI-Sprachmodellen wie ChatGPT erstellt, Artikel und Headlines automatisiert - und stümperhaft - auf die Seite kopiert.
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    Politiker aus mehreren EU-Ländern sollen über die prorussische Propagandaplattform "Voice of Europe" Geld erhalten haben. Erstmals meldet sich nun der Eigentümer zu Wort.14.05.2024 | 8:40 min
    So wenig überzeugend die französische Seite an sich wirkt - einer der Fake-News-Artikel, der erst vor wenigen Tagen dort veröffentlicht wurde, hat es in sich: Olena Selenska, die First Lady der Ukraine, soll angeblich in Paris einen Bugatti-Sportwagen gekauft haben, für viereinhalb Millionen Euro - Geld, dass die USA der Ukraine als Militärhilfe gegeben hatten. Zum Beweis wird eine gefälschte Rechnung präsentiert, die aber Schreibfehler enthält und - völlig unüblich - auf Englisch verfasst ist.
    Fake-Rechnung, Bugatti, Selenskyj
    Fake-Rechnung für den Bugatti - der angebliche Beweis, dass Selenskyjs Frau den Sportwagen kaufte.
    Quelle: Fake-News-Seite veritecachee.fr

    Trotzdem sorgte der Artikel für große Empörung. Er wurde von unzähligen Nutzern in Sozialen Netzwerken geteilt und erreichte allein über den Kurznachrichtendienst X zwölf Millionen Menschen, wie eine umfangreiche Recherche der "BBC" zeigt.
    Die Journalisten enthüllten: Die dubiose Webseite ist Teil einer riesigen Fake-News-Kampagne mit einem Netzwerk russischer Webseiten. Die meisten tragen amerikanisch klingenden Namen, geben sich als US-Zeitungsportale aus und verbreiten massenweise Desinformation. Das Ziel: Das Vertrauen der Amerikaner in die demokratischen Institutionen erschüttern und so die bevorstehenden US-Wahlen beeinflussen.
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    Matthias Spielkamp von der NGO AlgorithmWatch äußert sich zu den Risiken, wie KI im Wahlkampf für Manipulationen missbraucht werden kann. 30.05.2024 | 3:36 min

    Angebliche US-Webseiten verbreiten Desinformation

    So behauptete beispielsweise eine Website namens "The Houston Post", das FBI habe Donald Trumps Anwesen in Florida illegal abgehört. Die Story passte perfekt zu Trumps Behauptungen, er werde vom Justizsystem ungerecht behandelt und wurde prompt von vielen seiner Anhänger aufgegriffen. Die Website "London Crier" schrieb, der ukrainische Präsident Selenskyj habe ein Herrenhaus von König Charles zum Schnäppchenpreis gekauft, bei "DC Weekly" hieß es, er habe mit amerikanischen Hilfsgeldern zwei Yachten erworben.
    Bereits 2022 hatte ZDFheute zusammen mit "t-online" eine ähnliche Desinformationskampagne enttarnt. Damals hatten nachgemachte Medienseiten pro-russische Propaganda verbreitet. Doch die aktuelle Kampagne scheint noch mal deutlich größer zu sein. Die "BBC"-Recherche analysierte über ein halbes Jahr lang Hunderte von Artikeln auf Dutzenden von Websites.

    Pro-russische Propaganda
    :Massenweise falsche News-Seiten enttarnt

    Es ist die größte Desinformations-Kampagne bisher: Nachgemachte Medienseiten verbreiten pro-russische Propaganda, hunderte Fake-Accounts teilen sie massenhaft in Sozialen Medien.
    von Oliver Klein
    Eine gefälschte Propaganda-Fake-Seite

    Schlüsselfigur ist ein Ex-US-Polizist

    Medienberichten zufolge ist eine zentrale Figur hinter der Operation ausgerechnet ein ehemaliger US-Marine und Polizist: John Mark Dougan. Er war bereits 2016 ins Visier des FBI geraten, nachdem er auf einer Website interne Informationen, aber auch gefälschte Geschichten über seinen früheren Arbeitgeber veröffentlicht haben soll. Er floh daraufhin nach Moskau.
    Mehr als 150 der Fake-News-Seiten sollen auf sein Konto gehen, berichtete bereits Ende Mai das Investigativ-Portal "NewsGuard". Dougan bestreitet zwar jegliche Beteiligung an den Websites. Aber IP-Adressen und andere digitale Beweise bringen ihn den Recherchen zufolge dennoch mit der Fake-Kampagne in Verbindung.
    The Princess of Disinformation - Teil1 - Wie wird man Alina Lipp?
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    Dougan bestreitet, im Auftrag des Kreml zu handeln

    Dougan schrieb in Russland Bücher, berichtete aus den besetzten Teilen der Ukraine und ist auch schon in staatlichen Medien aufgetreten. Dennoch bestreitet er, vom Kreml bezahlt zu werden. "Ich habe noch nie einen einzigen Cent von der russischen Regierung erhalten", lässt er die "BBC"-Journalisten wissen.
    Es gibt zwar keine stichhaltigen Beweise dafür, dass die Fake-News-Webseiten direkt vom russischen Staat unterstützt werden. Aber nach "BBC"-Recherchen ähneln sowohl der Umfang als auch die Komplexität der Operation früheren Bemühungen des Kremls, Desinformation im Westen zu verbreiten.

    Spur führt auch nach Russland
    :ChatGPT für Fake-News-Kampagnen genutzt

    Staatlich unterstützte Akteure haben laut ChatGPT-Entwicklerfirma OpenAI Künstliche Intelligenz für Desinformations-Kampagnen genutzt. Bei der Aufklärung halfen Geheimdienst-Infos.
    Symbolbild: Figuren neben einem Bildschirm, auf dem ein Logo von OpenAI

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