England: Wie die Zivilgesellschaft sich gegen rechts wehrt
Krawalle in Großbritannien:Tausende Briten wehren sich gegen rechts
von Yacin Hehrlein
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Großbritannien atmet durch: Nach tagelangen Krawallen gehen Tausende gegen rechtsextremistische Gewalt auf die Straße. Eine echte Entwarnung dürfte das aber nicht sein.
In Großbritannien sind weitere rechtsextreme Krawalle ausgeblieben. Stattdessen haben Tausende gegen Fremdenhass protestiert. Die Justiz geht hart gegen rechte Randalierer vor.08.08.2024 | 1:16 min
Damit hatten wirklich nur die wenigstens gerechnet. Da hatte sich am Vortag das gesamte Vereinigte Königreich auf mehr rechtsradikale Randale in ganz großem Stil gefasst gemacht - und sich dann einigermaßen selbst überrascht.
Zusammenkünfte gewalttätiger Art an bis zu hundert Orten waren an den einschlägigen Stellen im Netz angekündigt worden. Unter den Zielen waren abermals Unterkünfte für Asylbewerber und auf Immigrationsrecht spezialisierte Anwälte. Die Polizei stufte die Aufrufe überwiegend als glaubwürdig ein.
Grund für das weitgehende Ausbleiben von Krawallen heute könne auch die Abschreckungstaktik der Regierung sein, die „wirklich alle Register“ ziehe, so ZDF-Korrespondentin Petersen.08.08.2024 | 1:38 min
Doch statt einer weiteren Eskalation der Gewalt kam es zu friedlichen Demonstrationen gegen Hass und Rassismus. Schätzungsweise 25.000 Menschen zogen durch die Straßen, unter anderem in London, Birmingham, Newcastle, Bristol und Brighton. Und die Straßen ihrer Städte waren es auch, die sie für sich zurückforderten. Ihr Schlachtruf: "Our streets!" - Die Straße gehört uns!
Ordnungskräfte gehen gezielt gegen Randale vor
Von den Rechten kaum eine Spur. Nur vereinzelt standen eine paar kleine Gruppen jener Randalierer, die zuletzt so viel Verwüstung angerichtet hatten, den Anti-Rassismus-Demonstranten gegenüber. Die Polizei hielt sie auseinander. Überhaupt waren die Ordnungskräfte in großer Stärke und bestens organisiert zur Stelle, wo es notwendig war - genauso wie die Regierung es gefordert hatte.
Nach den Ausschreitungen von Rechtsextremen haben in Großbritannien Tausende gegen Hass und Rassismus demonstriert. Anlass waren Falschmeldungen nach der Tötung von drei Mädchen.08.08.2024 | 1:33 min
Londons oberster Polizist, Scotland Yard-Chef Mark Rowley, fasste die allseits begrüßte Deeskalation mit folgenden Worten zusammen:
Doch es gibt noch einen weiteren Faktor, der möglicherweise dazu beigetragen hat, dass es ruhig blieb. Wie von der neuen Regierung versprochen wurde mit den Randalierern vor Gericht schneller Prozess gemacht. Und das mit aller Härte des Gesetzes.
Nach einer Mahnwache für drei getötete Mädchen im englischen Southport ist es zu Ausschreitungen von Rechtsextremen gekommen. 39 Polizisten wurden laut Rettungsdiensten verletzt.31.07.2024 | 0:21 min
In Liverpool wurden am Mittwoch zwei Männer wegen tätlicher Übergriffe zu 20 beziehungsweise 30 Monaten Haft verurteilt, ein weiterer 58-jähriger Mann muss gar für drei Jahre ins Gefängnis. Er hatte bei den Tumulten vor einer Moschee in Southport die Polizei gewalttätig angegriffen. Nach seiner Verurteilung räumte er ein, er habe mit seinem Verhalten die Stadt Southport, die getöteten Mädchen und seine eigene Familie im Stich gelassen.
Inzwischen sind noch zwei weitere Männer in Liverpool zu jeweils zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Weitere harte Urteile sollen folgen. In der Grafschaft Cumbria wurden zudem drei Männer verhaftet unter dem Verdacht, online zu religiösem Hass und Gewalt aufgerufen zu haben.
Nach dem Messerangriff im nordenglischen Southport wird der Tatverdächtige wegen dreifachen Mordes angeklagt. In der Nacht hat es erneut wegen der Tat gewaltsame Proteste gegeben.01.08.2024 | 0:25 min
Hoffen auf abschreckende Wirkung von Schnellgerichten
Die Regierung und die Polizei hoffen auf die abschreckende Wirkung dieser Maßnahmen. Und darauf, dass sich die Zivilgesellschaft erneut zur Wehr setzen wird, falls es wieder notwendig werden sollte.
Denn dass mit dem gestrigen Tag eine endgültige Wende hin zu einem Ende der Unruhen eingetreten ist, dessen kann sich niemand sicher sein.
Dr. Yacin Hehrlein ist Leiter des ZDF-Auslandsstudios London.
Quelle: ZDF
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