China: Parteitreffen entscheidet über Zukunft der Wirtschaft

Chinas Wirtschaft schwächelt: Der Konsum stockt, die Immobilienbranche steckt in der Krise und vor allem junge Chinesinnen und Chinesen finden keine Arbeit.

Das zeigt sich auch in den neusten Zahlen des staatlichen Statistikamts: Im zweiten Quartal dieses Jahres wuchs die Wirtschaft um 4,7 Prozent. Das ist weniger als die meisten Analysten im Vorfeld erwartet hatten. Zudem liegt der Wert unter den Wachstumszahlen der beiden Vorquartale, als die chinesische Wirtschaft noch um 5,3 und 5,2 Prozent gewachsen war.

Die Meldung kommt an dem Tag, an dem sich die Führung der Kommunistischen Partei Chinas zum sogenannten "Dritten Plenum" trifft, bei dem die Weichen für eine neue Wirtschaftspolitik gestellt werden könnten. Doch wer große Änderungen am bisherigen Kurs von Staatspräsident Xi Jinping erwartet, dürfte enttäuscht werden.

Das sogenannte "Dritte Plenum" ist eine Sitzung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei in Peking. Es soll um "Fragen in Bezug auf eine Vertiefung der Reform und auf Fortschritte der chinesischen Modernisierung" gehen. In der Vergangenheit wurden bei diesem Treffen richtungsweisende wirtschaftliche Entscheidungen getroffen. Zum Beispiel im Jahr 1978, als weitreichende Reformen eingeleitet wurden, die als Beginn der Reform- und Öffnungspolitik Chinas gelten.

In der Regel findet der Termin alle fünf Jahre statt. Im vergangenen Herbst wäre es wieder so weit gewesen. Doch diesmal ließ sich die Parteiführung mehr Zeit und tagt erst jetzt - neun Monate später als erwartet.

Eine offizielle Erklärung der Kommunistischen Partei in China für die Verzögerung gibt es nicht. Die Sinologin und Politikwissenschaftlerin Kristin Shi-Kupfer erklärt sie im Gespräch mit ZDFheute so: "Offensichtlich gab es unterschiedliche Meinungen, was die Prioritäten der chinesischen Wirtschaftspolitik angeht." Denn die Sitzung diene vor allem auch dazu, Geschlossenheit oder Einheit innerhalb der politischen Eliten zu demonstrieren.

Die Hoffnung war groß, dass Chinas Wirtschaft sich nach dem Ende der strikten Null-Covid-Politik schnell erholen würde. Die hat sich nicht erfüllt. Vor allem der Staatssektor ist überschuldet, einige Lokalregierungen können Sozialleistungen nicht mehr auszahlen, junge Menschen finden keine Arbeit und der Immobiliensektor steckt in der Krise. "Die Privatwirtschaft und die Bevölkerung sind zutiefst verunsichert", sagt Shi-Kupfer, Professorin an der Universität Trier.

Und auch chinesische Ökonomen äußerten sich kritisch. Einige forderten mehr Geld für die sozialen Sicherungssysteme und eine Wende hin zu einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik.

"Das würde bedeuten, den Konsum zu fördern und der Bevölkerung die Grundlagen zu geben, den Binnenmarkt zu beleben", sagt Shi-Kupfer. Dazu gehöre auch, in die sozialen Sicherungssysteme zu investieren, chinesischen Privatunternehmern mehr Rechtssicherheit und Gleichbehandlung sowie weniger politische Einmischung zuzusichern.

Unter Xi Jinping hat die Kommunistische Partei die Privatwirtschaft verstärkt reguliert und Staatsunternehmen Priorität eingeräumt. "Man ist überzeugt, dass die Partei die Wirtschaft kontrollieren und ihren Fokus auf Produktion und Technologie legen sollte", sagt Max Zenglein vom Mecator Institute für China-Studien.

Auch wenn die Notwendigkeit für wirtschaftliche Reformen besteht, sind diese nicht zu erwarten. "Es wäre schon eine Überraschung, wenn nicht im Wesentlichen die bisherige Linie von Xi Jinping fortgeschrieben wird", sagt Shi-Kupfer. Sie geht davon aus, dass der Fokus der Kommunistischen Partei weiterhin auf staatlichen Investitionen in Technologie und Innovation liegen wird.

Eine Brücke hin zu Reformen, von denen die Bevölkerung unmittelbar profitiert, könnte die Stärkung des Privatsektors sein. "Wenn sich chinesische Privatunternehmen wieder mehr ermutigt fühlen würden, auch in Sektoren zu investieren, die sehr stark reguliert worden sind, und damit auch wieder neue Arbeitsplätze zu schaffen, dann hätte man möglicherweise auch ein klares Signal an die Bevölkerung", sagt Shi-Kupfer.

Laut Ökonom Max Zenglein wird das "Dritte Plenum" vor allem in seiner Rhetorik versuchen, die Bevölkerung optimistischer zu stimmen. In ihren Formulierungen werde die Parteiführung versuchen die Menschen davon zu überzeugen, "dass China bereits auf dem richtigen Weg ist."

Die Parteispitze tagt bis Donnerstag. Einige Tage später werden die offiziellen Beschlüsse bekannt gegeben werden. Welchen Einfluss diese dann tatsächlich haben, wird sich erst zeigen, wenn auch konkrete politische Maßnahmen beschlossen werden.