Bei seiner Neujahrsansprache verkündet Chinas Präsident Xi Jinping auf Optimismus bei der Wirtschaftslage und einen harten Kurs gegenüber dem Nachbarn Taiwan.
Quelle: AFP
Die Stimmung in der chinesischen Wirtschaft zum Jahresbeginn ist schlecht. Die
Immobilienkrise drückt weiter schwer, die Verbraucher halten sich mit großen Anschaffungen zurück. Im Dezember ist laut offiziellen Zahlen den dritten Monat in Folge die Industrieproduktion in
China zurückgegangen. Vor allem im Privatsektor klagen viele Firmen über mangelnde Unterstützung.
Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass Chinas Staats- und Parteichef in seiner
Neujahrsansprache ungewohnt offen über Probleme spricht: "Einige Firmen haben harte Zeiten hinter sich", sagt
Xi Jinping darin. "Einige Menschen hatten Schwierigkeiten, einen Job zu finden und über die Runden zu kommen."
Da Chinas Gesellschaft zu überaltern drohte, lockerte China vor genau zehn Jahren die Ein-Kind-Politik. Die Statistik zeigt: Der Geburtenschnitt pro Frau ist immer noch gering. 28.12.2023 | 1:33 min
Negative Wirtschaftsmeldungen nicht gerne gesehen
Chinas Jugendarbeitslosigkeit war 2023 auf ein Rekordhoch von 21,3 Prozent geklettert. Seit August hält die Staatsführung alle weiteren Zahlen allerdings unter Verschluss. Negative Wirtschaftsprognosen oder Kritik an der Wirtschaftspolitik auf dem Social-Media-Konto des Ministeriums für Staatssicherheit werden zensiert und gelöscht.
"Falsche Theorien über 'Chinas Abschwung'" würden zirkulieren, heißt es dort. Diese seien ein Angriff auf "Chinas einzigartiges sozialistisches System". Accounts von populären Ökonomen und Autoren wie Wu Xiaobo und Liu Jipeng wurden gesperrt, weil sie kritisch über die aktuelle Wirtschaftspolitik schrieben.
China: Staatlich verordneter Optimismus
Allein Xi darf die Probleme, wenn auch in reichlich Optimismus gewickelt, öffentlich ansprechen. 2024, das Jahr, in dem die Volksrepublik ihr 75. Gründungsjubiläum feiern wird, werde Chinas Modernisierung weiter voranschreiten, verspricht Xi. Es ist staatlich verordneter Optimismus, allem Pessimismus der Ökonomen zum Trotz.
Auch
mit den USA wolle China seine Beziehungen stabilisieren, beteuert Xi am Montag. Er sei gewillt, mit US-Präsident
Joe Biden "zusammenzuarbeiten, um die Beziehungen zwischen China und
USA weiter voranzutreiben, zum Nutzen sowohl Chinas als auch der Vereinigten Staaten und ihrer Völker sowie zur Förderung des Weltfriedens und der Entwicklung".
Zwischen beiden Ländern gibt es eine ganze Reihe Konfliktfelder, vom Handel und der Mikrochip-Produktion über die Menschenrechte bis hin zu Pekings Gebietsansprüchen im Südchinesischen Meer.
Die Abhängigkeit von China ist für Deutschland gefährlicher als die von russischem Gas und Öl. Wie erpressbar ist Deutschland im Falle eines Konfliktes? Und wie konnte es so weit kommen?23.11.2023 | 57:36 min
Druck auf Taiwan: Wiedervereinigung "unvermeidbar"
In einem Punkt bleibt Xi in seiner Neujahrsrede allerdings hart: China werde mit
Taiwan "mit Sicherheit wiedervereinigt werden", heißt es in dem von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua verbreiteten Redemanuskript. Im chinesischen Original spricht Xi davon, dass die Wiedervereinigung "historisch unvermeidbar" sei.
In seiner Rede vor einem Jahr klang Xi noch deutlich milder: "Die Menschen auf beiden Seiten der Taiwanstraße sind Teil der gleichen Familie", formulierte er damals.
Eine Woche vor den Präsidentschaftswahlen in Taiwan erhöht Xi nun den Druck auf die demokratische Inselrepublik. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die es zurückzuholen gelte. Innenpolitisch geschwächt, wird Chinas außenpolitisches Auftreten im Indopazifik immer aggressiver.
In Taiwan gehört die Bedrohung Chinas zum Alltag. Doch wie junge Taiwanesen berichten, werde die Stimmung seit dem Krieg in der Ukraine immer angespannter.
von Miriam Steimer