Klimaprojekte in China - "Gravierende Ungereimtheiten"
Klimaschutzprojekte in China:Behörde erkennt "gravierende Ungereimtheiten"
von Hans Koberstein, Marta Orosz
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Erste Untersuchungsergebnisse zu Klimaschutzprojekten in China erhärten den Betrugsverdacht. ZDF frontal hatte den milliardenschweren Skandal aufgedeckt.
Das UER-Projekt BZIA in der Region Xinjiang, China, eines der nach ZDF-Recherchen vorgetäuschten Klimaschutzprojekte.
Quelle: ZDF
Haben Ölkonzerne einen Teil ihrer gesetzlichen Klimavorgaben in Deutschland nur auf Papier erfüllt? Davon ist das Umweltbundesamt (UBA) mittlerweile offenbar überzeugt. Am Mittwochabend informierte die Behörde Abgeordnete des Bundestages erstmals über interne Untersuchungsergebnisse zu einem milliardenschweren Klimaschutzskandal, den ZDF frontal im Mai aufgedeckt hatte.
Die Mineralölindustrie nutzt sogenannte Upstream Emission Reduction (UER) Projekte in China, um ihre gesetzlich vorgegebenen Klimaziele in Deutschland zu erreichen. ZDF frontal hatte im Mai berichtet, dass mehrere dieser Projekte offenbar nur vorgetäuscht waren. Das Umweltbundesamt hatte daraufhin Strafanzeige erstattet, den verantwortlichen Abteilungsleiter freigestellt und eine Wirtschaftskanzlei beauftragt, die Verdachtsfälle zu untersuchen.
UBA: Bei acht Projekten in China "gravierende Ungereimtheiten"
In einem Brief an die Abgeordneten schreibt UBA-Präsident Dirk Messner, bei acht Klimaschutzprojekten in China gebe es "gravierende rechtliche und technische Ungereimtheiten". Damit habe das UBA die Projektträger - internationale Mineralölkonzerne - konfrontiert. Die hätten daraufhin freiwillig auf die Nutzung der Klimazertifikate für das Jahr 2023 verzichtet. Der Brief liegt ZDF frontal vor.
Mit Klimaschutzprojekten in China können Mineralöl-Konzerne in Deutschland ihre gesetzlich vorgegebenen Klimaziele erreichen. Doch viele davon existieren nur auf dem Papier.28.05.2024 | 10:36 min
In dem Brief heißt es weiter: Nur ein Projektträger "aus dem arabischen Raum" wollte die Zertifikate nutzen. "In diesem Fall hat das UBA die Ausstellung von UER-Zertifikaten dennoch untersagt", schreibt der UBA-Chef in seinem Brief. Nach Informationen von ZDF frontal handelt es sich dabei um das Unternehmen Gulf Organisation for Research and Development (GORD) aus Katar, das Projektträger von gleich mehreren chinesischen UER-Projekten ist. GORD ließ Nachfragen unbeantwortet.
Andere Projektträger wie Shell, TotalEnergies, EDF, BP und Rosneft und Vitol wollten auf ZDF-Nachfrage nicht sagen, ob sie ihre UER-Zertifikate nutzen wollen oder darauf verzichten. Shell erklärte lediglich, man warte die Untersuchungsergebnisse des UBA ab. Rosneft hatte nach ZDF frontal Informationen auf seine UER-Zertifikate verzichtet.
21 Klimaschutzprojekte in China stehen auf Prüfstand der Behörde
UBA-Chef Messner kündigt in seinem Brief an, seine Behörde wolle Kontrollbesuche in China bei 21 UER-Projekten durchführen. Nur bei zwei Projekten sei das bislang geglückt. Bei 16 dieser Projekte hätten die Projektträger keine Autorisierung für Kontrollbesuche erteilt, kritisiert Messner.
Für uns ein starkes Indiz, dass diese Projektträger nicht die Kontrolle über die Projekte haben.
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Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts
Die Behörde nehme diese Weigerung von Mineralölkonzernen zum Anlass, "die Aufhebung unserer Zustimmung zu diesen Projekten zu prüfen."
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"Schaden für Klimaschutz und deutsche Wirtschaft enorm"
Die Opposition reagierte prompt auf den Brief des Behördenchefs. "Der Schaden für den Klimaschutz und die deutsche Wirtschaft ist enorm", erklärte Oliver Grundmann (CDU), Mitglied im Umweltausschuss des Bundestages.
Ich erwarte eine klare und sofortige Zusage, dass der durch Betrug ausgebliebene Klimaschutz nachgeholt wird.
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Oliver Grundmann, CDU
Christian Hirte (CDU), der Berichterstatter im Umweltausschuss, kritisiert "das Versagen des UBA und des Bundesumweltministeriums" bei der Zulassung der chinesischen UER-Projekte. Umweltministerin Steffi Lemke wolle "offenkundig das Thema möglichst schnell beerdigen und etwaige Kritik am eigenen Missmanagement gar nicht erst aufkommen lassen", so der Abgeordnete.
Auch aus den Reihen der SPD fordern Abgeordnete eine vollständige Aufklärung. Gleichzeitig müssten auch die internen Abläufe im UBA und speziell in der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) genau unter die Lupe genommen werden, "damit zukünftig Betrugsversuche bei Klimaschutzprojekten frühzeitig vereitelt werden", sagt der SPD-Politiker Daniel Rinkert, ebenfalls Mitglied im Umweltausschuss.
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