Bundeswehr-Übung: Wenn Deutschland zum Nato-Drehkreuz wird
Bundeswehr-Übung für Ernstfall:Wenn Hunderte Panzer durch Deutschland rollen
von Jan Schneider und Nils Metzger
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Die Nato bereitet sich auf einen Angriff Russlands vor. Deutschland wäre dann Knotenpunkt für die Verlegung von Soldaten und Gerät. Wie würde so ein Truppentransport ablaufen?
Schützenpanzer des Typs Marder werden auf einen Zug verladen, um nach Litauen transportiert zu werden. (Archivbild)
Quelle: dpa
In einem Konflikt mit Russland wäre Deutschland nicht mehr Frontstaat wie im Kalten Krieg, sondern ein logistischer Knotenpunkt. Die Nato-Verbündeten würden über und durch Deutschland ihre Truppen nach Osten verlegen. Die größten Standorte der US-Streitkräfte in Europa, etwa Ramstein, würden riesige Mengen an Material und Truppen in Bewegung setzen.
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Quadriga-Übung: Bundeswehr bereitet sich auf Ernstfall vor
Auf all das muss sich Deutschland vorbereiten. Zwar sind für strategische Verlegungen auch durch fremde Länder prinzipiell die verschiedenen Nato-Staaten selbst verantwortlich, aber kann Deutschlands Infrastruktur all das nicht aufnehmen, kann ein potenzieller Bündnisfall schnell im Chaos versinken. Bilder von endlosen Konvois, die auf dem Weg an die Ostflanke die Straßen verstopfen - genau das gilt es zu verhindern. Und das übt die Bundeswehr in diesen Tagen im Rahmen ihrer Quadriga-Übung.
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In den vergangenen Tagen konnte man vielerorts in Deutschland militärische Konvois auf Autobahnen und Landstraßen beobachten. Bis zu drei Kilometer Länge dürfen sie haben, berichtet das für die Organisation zuständige Territoriale Führungskommando (TFK) der Bundeswehr. Bei so vielen Fahrzeugen ist es den Experten dort wichtig, weder Staus und Verkehrschaos auszulösen - noch mit Panzern und Haubitzen irgendwo selbst stecken zu bleiben. Grundsätzlich bevorzuge man darum Transporte mit der Bahn, betont ein TFK-Vertreter in einem Pressegespräch:
Einschränkungen für andere Verkehrsteilnehmer versuche man so gering wie möglich zu halten.
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Wie ist der Transport per Bahn geregelt?
Bei der Verlegung per Zug werden Fahrzeuge auf sogenannte Flachwagen geladen. Die Besatzung reist getrennt von ihrem Gerät etwa per Flugzeug zum Einsatzort. Solche Bahntransporte benötigen eine gewisse Vorlaufzeit; meist rund einen Monat, heißt es aus der Truppe. Die Bundeswehr muss sich knappe Kapazitäten mit der Industrie teilen.
Bereits Ende 2018 hat die Bundeswehr einen sogenannten Rahmenfrachtvertrag mit DB Cargo abgeschlossen. Das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn verpflichtet sich darin, 300 Waggons und Lokomotiven für mehr als 1.300 Militärtransporte pro Jahr vorzuhalten. Außerdem verpflichtete sich die Bahn, zwei grenzüberschreitende Transporte pro Tag (und Richtung) für das Militär freizuhalten.
100 Millionen Euro ließ sich die Bundeswehr diese Leistung kosten für zwei Jahre. Der befristete Vertrag wurde seitdem mehrfach verlängert und läuft nun noch bis Ende 2024.
Der aktuelle Vertrag enthält auch eine Klausel über einen sogenannten "Expresszuschlag". Damit sollen im Ernstfall die bisherigen Prioritäten im Bahnverkehr umgekehrt werden können: Militärtransporte hätten dann Vorrang, der zivile Personenverkehr hätte das Nachsehen. Der "Expresszuschlag" tritt in Kraft, wenn die als Nato-Speerspitze bekannte Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) aktiviert wird.
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Auch andere Streitkräfte bauen auf die Bahn
Neben den Kräften der Bundeswehr soll auch die Verlegung verbündeter Streitkräfte über die Bahn laufen. Der Vertrag erwähnt dabei sowohl Transporte für Militäreinheiten aus anderen Nato- und EU-Mitgliedstaaten als auch UN-mandatierte Truppen. Um schnell an die Ostflanke der Nato zu gelangen, wurden dazu zum Beispiel Unternehmen der litauischen und polnischen Staatsbahn als Subunternehmen verpflichtet.
Die US-Streitkräfte haben zudem nach Angaben der deutschen Bundesregierung zusätzlich auch eigene Verträge mit DB Cargo abgeschlossen, um Militärfahrzeuge und anderes Gerät in Deutschland transportieren zu können.
Brauchen wir die Nato noch? Die ZDF-Korrespondenten Florian Neuhann und Elmar Theveßen blicken in der Doku "Wächter des Westens" von beiden Seiten des Atlantiks auf die Rolle und mögliche Zukunft des Bündnisses:
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Was steckt hinter der Idee des "militärischen Schengens"?
Seit Mitte der 90er-Jahre regelt das Schengen-Abkommen die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Bereichen wie der Visumspolitik. Im sogenannten Schengen-Raum können Bürgerinnen und Bürger der teilnehmenden Länder frei reisen, ohne an den Binnengrenzen kontrolliert zu werden.
Für Grenzübertritte von Militärfahrzeugen und Konvois gelten die Schengen-Regeln allerdings nicht. Hier ist aktuell noch einiger bürokratischer Aufwand nötig. In Deutschland muss etwa jede Ankunft von Kriegsgerät mit der Bundespolizei abgestimmt werden. Auch darf die Bundeswehr nicht ohne Genehmigung Truppen etwa durch Polen verlegen. Um diesen Prozess zu beschleunigen, arbeiten die Nato-Staaten Polen, Deutschland und die Niederlande gerade an einem "militärischen Schengen-Raum", in dem Gerät über vorher festgelegte Korridore transportiert werden darf. Das Abkommen soll unter anderem dazu beitragen, einen Hilfskorridor für die Ukraine zu schaffen und die Unterstützung für die Ostflanke der Nato zu sichern.
Unterzeichnung des Abkommens zu einem "militärischen Schengen"
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Das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr begrüßt diese Initiative: Man habe die Genehmigungen für einen Grenzübertritt "schonmal mit 10 Stunden Vorlauf geschafft", würden die Pläne für ein "militärisches Schengen" in der EU umgesetzt, "dann könnte man einfach durchrollen".
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.