Bundestagswahl: Warum Europa jetzt auf Deutschland wartet

    Reaktionen auf Bundestagswahl:Europa wartet auf Deutschland

    von Isabelle Schaefers, Brüssel
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    Europa versucht Stärke zu zeigen - gegenüber den USA, gegenüber Russland. Und es versucht, eine eigene Verteidigungsfähigkeit aufzubauen. Für all das braucht es Deutschland.

    ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers breichtet aus Brüssel
    Neben einer zügigen Regierung hofft Paris darauf, dass die Arbeit bei Sicherheitsfragen mit dem möglichen Kanzler Merz leichter funktioniert, so die ZDF-Auslandskorrespondenten.24.02.2025 | 4:22 min
    In Brüssel haben wohl die meisten sehr genau auf die deutsche Wahl geschaut - und auch etwas ungeduldig darauf gewartet. Denn Deutschland ist nun schon länger als Führungsnation ausgefallen - spätestens seit die Ampel-Koalition zerbrochen ist. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas kommentierte das Ergebnis am Montagmorgen so: "Das deutsche Volk hat seine Entscheidung gefällt. Jetzt muss eine Regierung gebildet werden. So schnell wie möglich."

    Wir müssen voran kommen und Entscheidungen fällen, dafür brauchen wir Deutschland.

    Kaja Kallas, EU-Außenbeauftragte

    Friedrich Merz von der CDU mit einer Reaktion zur Bundestagswahl 2025.
    Die Regierungsbildung werde schwierig, vermutet CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Aber Europa warte nicht auf Deutschland, das Land müsse rasch handlungsfähig werden.23.02.2025 | 0:59 min

    Europa braucht die deutsch-französische Achse

    Entscheidungen - vor allem mit Blick auf Europas Sicherheit, inklusive die der Ukraine. Nach den Ansagen aus den USA der letzten Wochen ist klar, dass Europa sich einen Platz geradezu erkämpfen muss, um bei der Gestaltung der Zukunft der Ukraine mitmachen zu dürfen.
    Deutschland stand immer fest an der Seite der Ukraine. Aber die Hoffnung in großen Teilen der EU ist, dass ein Bundeskanzler Friedrich Merz weniger zögerlich vorangehen würde - etwa mit Blick auf Taurus-Lieferungen oder auch die Entsendung von Truppen zur Friedenssicherung. Allerdings gibt es auch die Sorge, dass eine unionsgeführte Regierung die europäische Finanzierung von Verteidigung schwierig machen könnte.
    Merz hat versprochen, ein besseres Verhältnis mit Frankreich aufzubauen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Olaf Scholz fanden nicht richtig zusammen - und hinterließen so ein Vakuum. Dabei wäre die deutsch-französische Achse besonders wichtig für neue Impulse und angesichts der schwachen und zersplitterten Position der EU in der Welt. Stattdessen war Macron an diesem Montag allein in Washington. Zusammen mit einem deutschen Bundeskanzler hätte eine solche Reise wohl mehr Gewicht.
    COMBO-US-FRANCE-POLITICS-DIPLOMACY-TRUMP-MACRON
    Emmanuel Macron steht eine Reise nach Washington bevor. Am Montag will er den US-Präsidenten davon überzeugen, mit Europa zusammenzuarbeiten und vor Putins Machtanspruch zu warnen.21.02.2025 | 4:09 min

    Migration bleibt Kernthema

    Deutschlands Nachbarstaaten haben besonders gut hingehört, als Friederich Merz seine Pläne für eine verschärfte Asylpolitik vorgestellt hat. Direkte Nachbarn wie Luxemburg kritisieren das Vorhaben, die bereits bestehenden Grenzkontrollen verstetigen zu wollen. Doch die Mehrheit der EU-Staaten ist sogar froh, dass Deutschland sich für weitere Verschärfungen einsetzt. Allerdings werden sie nun genau beobachten, ob Merz' angedachte nationale Alleingänge aus dem Wahlkampf nun einem gemeinsamen europäischen Vorgehen weichen.

    Europaskeptiker weiter im Aufwind

    Beim Thema Asyl und Migration zeigt sich schon lange, dass Europa nicht mehr mit einer Stimme spricht. Daran wird sich wohl auch nichts ändern, denn die europaskeptischen und rechtspopulistischen Kräfte gewinnen weiter hinzu - jetzt auch mit dem starken Ergebnis der AfD in Deutschland. Die größte Rechtsaußen-Fraktion, die "Patrioten für Europa", will im Europaparlament zwar nicht mit der AfD zusammenarbeiten. Aber der stellvertretende Ministerpräsident Italiens, Matteo Salvini, schrieb jetzt auf der Plattform X: "Bravo, Alice Weidel" - seine Partei "Lega" gehört zu den Patrioten.
    Die Stimmen derer, die gegen Europas Einheit arbeiten, werden durch diese Wahl weiter gestärkt. Die akuten Probleme mit den USA und für Europas Sicherheit entwickeln sich gerade täglich weiter. Da ist eine Hoffnung in Brüssel: eine schnelle und stabile Regierungsbildung in Berlin.

    Roth über Trumps Europa-Kurs
    :"Die transatlantischen Beziehungen sind over"

    US-Präsident Donald Trump verschärft den Ton gegenüber der Ukraine und Europa. Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, ist sich sicher: "Das ist der Supergau."
    Flaggen der EU und der USA
    Interview

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    Quelle: dpa

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