Manöver als Symbol: Belarus-Truppen keine Ukraine-Bedrohung
Analyse
Politisch-symbolisches Manöver:Warum belarussische Truppen keine Gefahr sind
von Christian Mölling und András Rácz
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Belarussische Streitkräfte an der ukrainischen Grenze haben Angst geschürt. Die Gefahr eines Angriffs scheint aber gar nicht so hoch zu sein - das Risiko für Belarus wäre groß.
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat mit der Zusammenlegung von Militäreinheiten an der Grenze zur Ukraine für Aufregung gesorgt.
Quelle: dpa
Belarus hat einige Militäreinheiten relativ nahe an die Grenze zur Ukraine verlegt. Während einige befürchten, dass dies auf die Bereitschaft von Minsk hinweist, die Ukraine anzugreifen, deutet das Bild bisher aus einer Reihe von Gründen auf das Gegenteil hin.
Wohl zu wenig belarussische Soldaten und Panzer
Erstens verfügt Belarus nach den derzeit verfügbaren Informationen aus offenen Quellen einfach nicht über genügend Kräfte für einen Angriff. Seit Ende August verlegte Minsk etwa 1.200 bis 1.500 Soldaten in die erweiterte Grenzzone. Das ist für einen Großangriff nicht ausreichend.
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Auch die Ausrüstung spricht dagegen. Belarussische Oppositionsquellen berichten von etwa zwei bis drei Dutzend Panzern und etwa 30 bis 35 gepanzerten Mannschaftstransportern sowie einigen Artilleriegeschützen relativ nahe der Grenze. Dieses gesamte Kontingent wäre nicht in der Lage, in nennenswertem Umfang an die Grenze der Ukraine vorzudringen.
Dies gilt umso mehr, weil die Ukraine die Grenze zu Belarus seit dem Ende der Belagerung von Kiew im Frühjahr 2022 und dem Rückzug der russischen Streitkräfte nach Belarus - von wo aus sie gestartet waren - immer weiter befestigt hat. Seitdem hat die Ukraine diese Grenze massiv verstärkt und Zehntausende von Landminen verlegt, die das ohnehin schon komplizierte, zerklüftete Gelände nahezu unpassierbar machen.
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Fehlende Fähigkeiten an ukrainischer Grenze
Zweitens deutet auch die Zusammensetzung der eingesetzten belarussischen Streitkräfte nicht auf eine bevorstehende militärische Eskalation hin. Einige für einen Angriff unabdingbar notwendige Schlüsselfähigkeiten wurden nicht eingesetzt, zumindest noch nicht.
Offenen Quellen zufolge gibt es keine größeren Logistikdepots, keine Feldlazarette, nicht einmal mobile Gefechtsstände auf höherer Ebene, ganz zu schweigen von fortgeschrittenen elektronischen Kriegsführungs- und Luftabwehrsystemen.
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Darüber hinaus verfügen die meisten der eingesetzten belarussischen gepanzerten Fahrzeuge nicht einmal über den grundlegenden Schutz gegen bestimmte Drohnen: Sie sind weder mit einem Schutzkäfig über dem Panzerturm noch mit einem elektronischen Störsender ausgestattet.
Quelle: DGAP
... leitet das Programm "Europas Zukunft" für die Bertelsmann Stiftung in Berlin. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Es wurde auch keine Mobilisierung angeordnet, obwohl die belarussische Armee immer noch stark auf Wehrpflichtige angewiesen ist. Es liegen auch keine Informationen über eine nennenswerte Mobilisierung von Reservisten vor.
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Belarussische Truppenverlegung für alle sichtbar
Drittens versucht Belarus entgegen der üblichen militärischen Logik nicht, die Verlegung seiner Truppen an die Grenzen zu verbergen oder zu verschleiern. Anstatt zu versuchen, die Ukraine zu überraschen oder in die Irre zu führen, treibt Belarus den Truppenaufmarsch offen voran und veröffentlicht zahlreiche Videos, Nachrichtenberichte und so weiter. Es hat den Anschein, dass Minsk sich nicht auf einen tatsächlichen Angriff vorbereitet.
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Die Ukraine ist sich jedoch sicherlich der unzureichenden Zahl und Stärke der belarussischen Streitkräfte bewusst. Und Belarus weiß dies sicherlich auch.
Bewaffnete Konfrontation wäre für belarussische Armee katastrophal
Man könnte also meinen, dass Minsk mit diesen Schritten versucht, ein Lippenbekenntnis in Richtung Moskau abzulegen, ohne den Ausbruch wirklicher Kämpfe zu riskieren. Eine echte bewaffnete Konfrontation wäre für die unerfahrene und schlecht ausgebildete belarussische Armee, der es an moderner Ausrüstung mangelt, katastrophal.
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Zu riskant vor den belarussischen Präsidentschaftswahlen
Außerdem ist eine aktive Beteiligung am Krieg Russlands gegen die Ukraine in der belarussischen Bevölkerung äußerst unpopulär. Da sich das Lukaschenko-Regime auf die Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2025 vorbereitet, ist es trotz aller systematischen Fälschungen immer noch unwahrscheinlich, dass es wenige Monate vor der Wahl einen derart unpopulären Schritt machen würde.
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Alles in allem ist natürlich langfristig nicht völlig auszuschließen, dass - sobald genügend belarussische und russische Truppen an die ukrainische Grenze verlegt sind - dies für einen Angriff ausreichen würde.
Derzeit ist es jedoch noch nicht so weit, und die derzeitige Truppenkonzentration ist eher ein politisch-mediales Ablenkungsmanöver als eine Vorbereitung auf einen echten Angriff. Sollte sich dies ändern und eine echte Bedrohung entstehen, wird dies rechtzeitig bekannt werden.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.