Bangladesch: Zahlreiche Tote und Verletze bei Protesten
Wut auf Job-Quotensystem:Dhaka: Immer mehr Tote bei Studentenprotesten
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Die Proteste in Bangladesch eskalieren. Bei gewaltsamen Zusammenstößen gibt es immer mehr Tote und Verletzte. Grund für die Wut ist ein neues staatliches Quotensystem für Jobs.
Mindestens 25 Menschen sind bei den Zusammenstößen in Bangladesch gestorben.
Quelle: AFP
Die seit Anfang Juli anhaltenden Studentenproteste in Bangladesch gegen ein Quotensystem für Stellen im Öffentlichen Dienst haben weitere Menschenleben gefordert. Laut jüngsten Zahlen wurden am Donnerstag bei erneuten Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Studenten mindestens 25 Menschen getötet, wie aus einer von der AFP zusammengestellten Aufstellung der Opferzahlen aus den Krankenhäusern hervorgeht. Andere Medien berichteten von 19 Toten. Die Gewalt war schon am Montag auf dem Campus der Dhaka University ausgebrochen.
Am Donnerstag versuchten Demonstrierende, den Betrieb in Dhaka komplett lahmzulegen, um damit auf Angriffe von Beamten auf Protestteilnehmende zu reagieren. Im Viertel Uttara jagten Polizisten Hunderte Demonstranten, die eine Straße blockiert hatten. An anderen Orten gab die Polizei Tränengas ab und setzte Schlagstöcke ein, um Demonstranten zu vertreiben, die daraufhin Steine warfen. Laut Polizei wurden Dutzende Menschen verletzt. Demonstranten hätten Polizeifahrzeuge in Dhaka angegriffen, hieß es.
Studenten greifen auch staatlichen TV-Sender an
Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP versuchten Studenten auch, die Zentrale des staatlichen TV-Senders BTV in Brand gesetzt. Die wütende Menge habe am Donnerstag das Empfangsgebäude des Senders in der Hauptstadt Dhaka sowie dutzende davor parkende Autos angezündet, nachdem die Polizei mit Gummigeschossen auf sie gezielt habe, sagte ein Vertreter des Senders, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP.
Dem Sendervertreter zufolge setzten die Studenten zunächst eine Polizeiwache in dem Stadtviertel Rampura in Brand, "nachdem die Polizei auf sie geschossen hatte". Daraufhin hätten die Demonstranten die in die Senderzentrale flüchtenden Polizisten verfolgt. Bei Facebook teilte der Sender mit:
Das Feuer sei "katastrophal" und breite sich "schnell" aus.
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Schulen und Unis auf unbestimmte Zeit geschlossen
Die Regierung in Dhaka hatte Anfang der Woche die Schließung von Schulen und Universitäten auf unbestimmte Zeit angeordnet. Zudem verstärkte sie ihr Vorgehen gegen die seit Wochen anhaltenden Proteste.
Die Studenten in Bangladesch demonstrieren seit Wochen fast täglich gegen ein Quotensystem der Regierung, das vorsieht, dass mehr als die Hälfte der gut bezahlten Stellen im öffentlichen Dienst bestimmten Bevölkerungsgruppen vorbehalten sind. Kritikern zufolge begünstigen die Quoten die Unterstützer der Regierung der 76-jährigen Regierungschefin Shaikh Hasina, die im Januar bei einer praktisch ohne Opposition erfolgten Wahl für eine vierte Amtszeit bestätigt worden war. Die Studenten fordern bei der Vergabe der attraktiven Jobs ein leistungsorientiertes System anstelle der Quoten.
Neue Gewalteskalation trotz Appell der Premierministerin
Die Gewalt eskalierte am Donnerstag trotz eines vorherigen Appells von Premierministerin Hasina erneut. Die Regierungschefin hatte am Mittwoch bei einer Fernsehansprache zur Ruhe aufgerufen. Zudem hatte sie die "Ermordung" von Demonstranten Anfang der Woche verurteilt und die Bestrafung der Verantwortlichen unabhängig ihrer politischen Zugehörigkeit angekündigt.
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Ungeachtet dessen gerieten Polizisten und Demonstranten am Donnerstag erneut aneinander, als die Polizei versuchte, Studenten-Demonstrationen mit Gummigeschossen und Tränengas aufzulösen. Auch in mehreren weiteren Städten kam es im Laufe des Tages zu neuen gewaltsamen Zusammenstößen, als die Bereitschaftspolizei auf Demonstranten losging, die Straßen und Autobahnen blockierten.
Experten: Wachsende Unzufriedenheit mit Premier Hasina
Nach Ansicht von Experten sind die Proteste mittlerweile Ausdruck einer größeren Unzufriedenheit mit Hasinas autokratischer Herrschaft. Laut dem Bangladesch-Experten Mubashar Hasan von der Universität Oslo stellen die Studenten Hasinas Führung in Frage und werfen ihr vor, "sich mit Gewalt an die Macht zu klammern".
Korrektur, 22:09 Uhr: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir das Bild dem Brand beim staatlichen TV-Sender BTV zugeordnet. Tatsächlich zeigt es nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP brennende Autos in der Nähe des Büros der Direktion für Katastrophenmanagement in Dhaka.
Quelle: ZDF
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